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Alte Meißner Gewichtheberhalle: Was wird damit?

Seit 2019 wird die ehemalige Gewichtheberhalle als Lager für städtische Baumaßnahmen genutzt. Die Jugend hat Interesse an der Immobilie.

Von Andre Schramm
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Die alte Gewichtheberhalle wird bis heute als Lagerstätte für städtische Bauvorhaben genutzt.
Die alte Gewichtheberhalle wird bis heute als Lagerstätte für städtische Bauvorhaben genutzt. © Claudia Hübschmann

Meißen. Sporthallenzeiten sind in Meißen, wie in vielen anderen Städten, sehr begehrt. So sehr, dass nicht immer alle berücksichtigt werden können. Da passiert es auch schon mal, dass man sich beim MSV 08 eben auf dem Rasenplatz für Hallenturniere vorbereiten muss. Dazu wird einfach das Hallenformat auf der Kunstwiese abgesteckt und anschließend darauf gehofft, dass das Wetter einigermaßen mitspielt. Dabei gibt es gleich nebenan eine überdachte Sportstätte, die ehemalige Gewichtheberhalle.

War da nicht was? Ja, im Jahr 2019. Nach dem Auszug der Gewichtheber ein Jahr zuvor hatte man sich beim MSV 08 große Hoffnungen gemacht, einen Teil der Anlage nutzen zu können. Offenbar hatte es dazu auch schon konkrete Zusagen gegeben. Aus dem Winterquartier für die Fußballer wurde nichts. Die Stadt meldete Eigenbedarf an als Lagerstätte für den Bauhof. Zuvor war das Dach dessen Fahrzeughalle eingestürzt. Außerdem, so hieß es damals, bestünde hoher Sanierungsaufwand. Auch die Sanitäranlagen waren runter. Hinzu kamen hohe Betriebskosten. Aus Sicht der Stadt war die Halle schon damals abrissreif, zumindest mittelfristig.

Der Wille hat gefehlt

"Wir haben einen Haken dran gemacht und sind deswegen auch nicht nachtragend", sagt Johannes Diemert vom Meißner Sport-Verein 08. Man habe seitdem keinen Versuch mehr in diese Richtung unternommen. Außerdem, so der Vereinspräsident weiter, seien nun über drei Jahre ins Land gezogen, der Zustand der Halle sicher nicht besser geworden. Der Sportverein war nicht der einzige Interessent für die Halle. Auch beim DRK gab es Überlegungen, den Standort für den Katastrophenschutz-Einsatzzug zu nutzen. "Investitionsaufwand zu hoch. Falsches Konzept fürs Sportareal", befand die Stadt. Die Initiative „Bürger für Meißen-Meißen kann mehr“ forderte daraufhin öffentlichkeitswirksam "Sporthalle für Kinder statt Lagerhalle für Baustoffe". Deren Mitglied Dr. Walter Hannot spricht vom "System Meißen". "Man ist in dieser Stadt sehr gut darin, Dinge weit nach hinten zu schieben bis Zusammenhänge, Verantwortlichkeiten und Lösungswege in Vergessenheit geraten. Am Ende wird dann eine Entscheidung als alternativlos verkauft. In diesem Fall ist es der Abriss", sagt der ehemalige Stadtrat. Konkret für die Gewichtheberhalle hätte es seiner Ansicht bessere Nutzungsmöglichkeiten gegeben. Gefehlt habe schlichtweg der Wille.

Was anfänglich nur auf Zeit gedacht war, hat sich seitdem als Dauerlösung entpuppt. Wie das Rathaus im Jahr 2022 auf SZ-Nachfrage mitteilte, werde die Halle im Zuge der Arbeiten an anderen städtischen Gebäuden momentan noch immer als Lagerfläche genutzt. Richtige Auskunftsfreude kommt bei dem Thema nicht auf. Wie die SZ an anderer Stelle erfuhr, soll die ehemalige Sportstätte auch bei der Theatersanierung eine Rolle spielen. Zuvor war Interieur der Questenbergschule hier untergebracht. Von neuen Nutzungsanfragen ist der Stadt jedenfalls nichts bekannt. Also Lagerhalle bis zum bitteren Ende?

"Vonseiten der Meißner Jugend gibt es jedoch weiterhin ein gewisses Interesse, den Standort an sich für Sport- bzw. Treffmöglichkeiten zu nutzen. Dort wollen wir auch zukünftig im Gespräch bleiben und den grundsätzlichen Charakter des Areals Heiliger Grund als Sport- und Freizeitfläche weiter stärken", teilte Stadtsprecherin Katharina Reso mit.

Baulicher Zustand ist mangelhaft

Die Meißner Jugend hat die Location schon länger auf dem Schirm. "Die Gewichtheberhalle als Jugendclub – das wäre natürliche der absolute Traum", schwärmt Streetworker Sebastian Schmidt. Zusammen mit dem "JuClu16", dem Meißner Jugendverein, gibt schon einige Ideen, wie die Wellblechhalle vernünftig genutzt werden könnte. "Als Skaterhalle und für jugendkulturelle Angebote zum Beispiel", sagt Schmidt. Dass die bauliche Substanz nicht mehr die beste ist, sei überhaupt nicht schlimm. Gebrauchte Anlagen hätten für die Jugend ohnehin ihren Charme. Niemand in dem Alter wolle sich in einer Hochglanzimmobilie treffen, so Schmidt. Er ist sich sicher, dass vieles über Eigeninitiative zu bewerkstelligen sei. Selbst um die Aufsicht würde man sich kümmern. Die Jugendumfrage im letzten Jahr hatte der Stadt Meißen u. a. ein Defizit an Treffs für den Meißner Nachwuchs bescheinigt. Fraglich bleibt, wie es gegenwärtig tatsächlich um den baulichen Zustand bestellt ist? "Mangelhaft", heißt es dazu aus dem Rathaus. Nach SZ-Informationen soll es auch schon reingeregnet haben.

"Schon als wir 2018 ausgezogen sind, hätte man für eine weitere Nutzung ordentlich Geld in die Hand nehmen müssen. Diese Wellblechhallen sind zwar unverwüstlich, aber man muss trotzdem regelmäßig was machen", weiß der ehemalige Gewichtheber Frank Mavius. Er hatte beim Bau der Sportstätte sogar noch selbst Hand angelegt. "Das war 1972 bei einem Trainingslager für die DDR-Spartakiade. Wir haben Gräben geschaufelt für die Leitungen und Rohre", erinnert er sich. Ein Jahr später wurde der Wellblechdom eröffnet. 1974 stemmte sich Frank Mavius dann beim Pokal der Blauen Schwerter in der gleichen Gewichtsklasse wie Olympiasieger Mohammad Nassiri auf Platz drei. Die iranische Botschaft verteilte danach riesige Blumensträuße. Mavius gab seinen Strauß der Frau und hinterließ damit wohl mächtig Eindruck. "Ich bin mit ihr heute immer noch zusammen", schmunzelt er.

Eine Gewichtheberhalle stand in Meißen ursprünglich überhaupt nicht zur Debatte. Willi Stoph, der damalige Vorsitzende des Ministerrates der DDR, traf bei einem Besuch der Porzellanmanufaktur eher zufällig auf die Meißner Gewichtheber, die sich unter sehr bescheidenen Verhältnissen auf die Olympischen Sommerspiele von 1968 in Mexiko vorbereiteten. Als er die Trainingsbedingungen sah, versprach er sich zu kümmern.