Die Schrauber und Bastler von Neumohlis

Käbschütztal. Er muss sich erstmal die ölverschmierten, schwieligen Hände abwischen. Es fällt sofort auf. Er ist einer, der richtig zupacken kann. "Ja, bei uns wird noch richtig geschraubt, wir reparieren noch alles. Bloße Teilewechsler sind wir nicht", sagt der 61-Jährige und lacht. Am 27. April feiert er ein Jubiläum. Eines, von dem manche nicht zu träumen wagten. "Als ich vor genau 25 Jahren meinen kleinen Mopedladen hier in Neumohlis aufmachte, haben mich viele aus der Branche ausgelacht. Heute lacht keiner mehr. Viele Firmen, die damals lachten, gibt es inzwischen nicht mehr", sagt er stolz.
"Bernds Mopedladen" gibt es immer noch. Und es wird ihn weiter geben. Seine Tochter Kristin Weise hat vor einiger Zeit die Geschäfte übernommen. Papa ist jetzt bei der 41-jährigen gelernten Automobilverkäuferin angestellt, genauso wie Jens Zolnier. Die drei sind ein eingespieltes Team. Die beiden Männer arbeiten in der Werkstatt, die Chefin kümmert sich ums Büro .

"Es gab schon mal ein paar bescheidene Jahre, vor allem zur Finanzkrise. Aber jetzt stehen wir ganz gut da, haben uns gut entwickelt, sind zufrieden", sagt Kristin Weise, die seit 2002 dabei ist. Sechs Jahre zuvor hatte sich ihr Vater in Neumohlis selbstständig gemacht. Er lernte sein Handwerk von der Pike auf in einer Werkstatt für Moskwitsch und Lada in Meißen, arbeitete danach bis zur Wende unter anderem in der Werkstatt der Tonwerke in Löthain, ging dann für einige Jahre auf den Bau.
Keinen Bock auf Elektroroller
Viel gebaut hat er auch in Neumohlis. So entstand eine neue Werkstatt, in der alten richtete er den Laden ein. Er lebt vor allem von Mundpropaganda. Die Firma findet nur, wer sich auskennt. "Wir haben uns mit der Zeit einen stabilen Kundenstamm aufgebaut. Die Leute schätzen es, dass wir hier noch richtig reparieren, statt alte Teile wegzuschmeißen und neue einzubauen. Das nenne ich Nachhaltigkeit", sagt er.
Beim Thema Elektromobilität kann er dagegen keine Nachhaltigkeit erkennen. "Es ist doch nicht nachhaltig, wenn wertvolle Rohstoffe abgebaut und damit die Umwelt zerstört wird. Es ist nicht geklärt, was mit den alten Akkus wird und wo der ganze Strom herkommen soll", sagt er.
Er hat keinen Bock auf Elektroroller, erinnert an ein Rennen mit derartigen Fahrzeugen. "Das musste abgebrochen werden, weil gar nicht genug Strom da war zum Nachladen", sagt er und lacht. Wenn Produkte mit Steuergeldern derart hoch subventioniert werden müssten, damit sie überhaupt jemand kauft, dann taugten sie nichts, ist er überzeugt. Er und auch seine Tochter sind von altem Schrot und Korn. "Wir haben, wie man so schön sagt, Benzin im Blut", sagt Kristin Weiße. Das beweist sie auch, wenn sie Rennen mit dem Gespann fährt.
Bernd Wieczoreck kam über seinen Vater zum Rennsport. Motorrad fährt er heute immer noch, aber keine Rennen mehr. Vorbei sind auch die Oldtimerrennen. 13 Jahre lang war der Neumohliser treibende Kraft und Organisator des Classic-Cups des Allgemeinen Deutschen Motorsportverbandes (ADMV). "Es gab für diese Rennen, die Gleichmäßigkeitsfahrten waren, in der Bevölkerung nicht nur Zuspruch, sondern viele Beschwerden wegen des Lärms", sagt er.
Die letzten drei Veranstaltungen fanden in Meißen statt. Doch auch hier gab es Probleme. "Schweren Herzens haben wir uns dann zurückgezogen. Das ist schade, weil wir ein gutes Team waren. Auf meine Mitstreiter konnte ich mich verlassen. Aber zehn Leute reichten dann auch nicht mehr, um diese dreitägige Veranstaltung auf die Beine zu stellen", sagt der Neumohliser. Schließlich hatte es auch noch andere Gründe. "Es blieb viel Arbeit liegen. Das können wir uns in einer so kleinen Firma auf Dauer nicht leisten", so die Chefin.
Junge Leute und ein neuer Trend
In Neumohlis wird nicht nur repariert, sondern auch verkauft, vor allem gebrauchte Motorräder. Dabei zeige sich ein Trend. Viele vor allem junge Leute sind ganz heiß auf Simson und MZ, also die alten DDR-Zweiräder. "Das ist doch schön, wenn die Jugend diese Traditionen fortführt", sagt er.
Eine andere Tradition sterbe hingegen eher aus, die Tradition des Reparierens. "Wir schrauben hier noch richtig, nehmen Motoren auseinander und bauen sie neu auf. Repariert wird alles, was einen Motor hat, auch Rasenmäher. Aber in zehn Jahren ist vielleicht niemand mehr da, der weiß, wie das geht", befürchtet er.
Langsam wird Bernd Wieczoreck kribblig, rutscht auf dem Stuhl hin und her. Die Arbeit ruft. Der Mitarbeiter schaut herein, hat ein Problem mit den Blinkern eines Mopeds. "Die Originale passen nicht, der hat wohl was anderes eingebaut", sagt er. Bernd Wieczoreck nimmt das Teil in die Hand, schaut fachmännisch drauf: "Das kriegen wir schon hin." Was eben ein richtiger Schrauber und Bastler ist.