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Protest gegen Blitzer vor der Haustür

Eier und Flaschen seien gegen sein Haus wegen des Gerätes geworfen worden, sagt ein Obermuschützer. Dem Landratsamt ist davon nichts bekannt.

Von Jürgen Müller
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Ein Blitzer steht direkt vor der Haustür von Helmut Richter aus Obermuschütz. Er fürchtet erneut Ärger mit geblitzten Autofahrern.
Ein Blitzer steht direkt vor der Haustür von Helmut Richter aus Obermuschütz. Er fürchtet erneut Ärger mit geblitzten Autofahrern. © Claudia Hübschmann

Diera-Zehren. Schlechte Zeiten für Raser. In einer geradezu beispiellosen Aktion rüstet der Landkreis Meißen Geschwindigkeitsmessanlagen auf. Ein Großteil der "Starenkästen", die oft noch aus den 1990er Jahren stammten, ist inzwischen durch moderne Anlagen ersetzt worden. Hinzukommt, dass die mobilen Blitzgeräte im vergangenen Jahr kaum noch genutzt werden konnten. Die Herstellerfirma Leivtec aus Wetzlar hatte die Geräte vom Markt genommen, weil sie ungenaue und falsche Ergebnisse lieferten.

So nahm der Landkreis Meißen im vergangenen Jahr nur knapp 490.000 Euro aus Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Geschwindigkeitsübertretungen ein. Ein Jahr zuvor waren es noch 1,2 Millionen Euro gewesen. Das könnte nun wieder erreicht werden, nicht nur durch die neue Technik, sondern auch durch stark erhöhte Bußgelder.

Im Gegensatz zu manchem Autofahrer werden von den Anwohnern der betroffenen Straßen Radaranlagen nicht nur begrüßt, sondern oft auch ausdrücklich gewünscht. Doch nicht überall ist das so. Helmut Richter, der in Obermuschütz direkt an der B 6 wohnt, ist genervt von dem Blitzer. Und vor allem von den Reaktionen von frustrierten Autofahrern, die dort geblitzt wurden. "Es kommt immer wieder vor, dass Eier, Flaschen oder andere Gegenstände gegen unsere Hauswand geworfen werden, obwohl wir mit dem Blitzer gar nichts zu tun haben", sagt der 83-Jährige, der hier mit seiner Frau in seinem Geburtshaus wohnt. Einmal sei sogar nachts ein Reifen vor seinem Haus angezündet worden.

Auf Ruhe gehofft

"Ich habe ja generell nichts gegen Blitzer, aber die müssen doch nicht direkt vor der Haustür eines Privathauses aufgestellt werden", sagt der Rentner. Das Gerät könne gut und gern eine paar Meter weiter installiert werden, beispielsweise dort, wo sich jetzt ein Werbeaufsteller befindet. Da würde es niemanden stören.

Und war froh, dass der alte Blitzer endlich abgebaut wurde. "Wir hatten gehofft, das wir jetzt endlich Ruhe haben werden", sagt er. Doch die Freude währte nur kurz. Ein Bautrupp tauchte auf und bereitete den Einbau eines neuen Gerätes vor. Was Helmut Richter besonders ärgert: Ein Mitarbeiter des Landratsamtes habe bei ihm geklingelt und gefragt, ob er mit dem Bau der Blitzers an dieser Stelle vor seiner Haustür einverstanden sei. "Meine Frau und ich haben das mehrfach deutlich verneint. Aber das interessiert niemanden. Der Blitzer wurde doch wieder an der gleichen Stelle aufgebaut. Warum fragt man uns dann überhaupt?", so der Obermuschützer.

Bereits während die alte Anlage abgebaut wurde, habe sich Herr Richter erkundigt, ob es erforderlich sei, eine neue zu errichten, so das Landratsamt Meißen. Dies sei zuletzt durch das Kreisordnungsamt in dem Vor-Ort-Termin mit dem Anlagenhersteller am 10. November vorigen Jahres am Messstandort bestätigt worden. "Herr Richter äußerte zur Maßnahme keine Bedenken seinerseits und begrüßte die Wiedererrichtung mit neuer Technik", so Landkreis-Sprecherin Anja Schmidgen-Pietsch.

Nichts bekannt von Beschädigungen

Am 10. Februar sei seitens des Kreisordnungsamtes persönlich Kontakt zu Herrn Richter aufgenommen worden, um unter anderem zum Vorhaben zu informieren. Dabei sei das Anliegen der Geschwindigkeitsüberwachung in Fortführung der bisherigen stationären Kontrollen an diesem Standort besprochen worden. "Zwar äußerte sich Herr Richter in diesem hinsichtlich frustrierter Autofahrer, welche des Öfteren aus Wut Gegenstände wie Eier und Flaschen gegen sein Haus geworfen und dieses auch beschmiert hätten, allerdings liegen im Kreisordnungsamt keine belastbaren Erkenntnisse vor. So wurden gegenüber dem Amt in der zurückliegenden Zeit des Anlagenbetriebes seit 2002 keine Sachverhalte kommuniziert oder dargelegt, wie sie nunmehr beschrieben werden", so die Pressesprecherin.

Hierauf sei gegenüber Herrn Richter eingegangen und vermittelt worden, dass seitens des Kreisordnungsamtes die Maßnahme, die im Zuge der technischen Neuausrichtung und der neuen Überwachung beider Fahrtrichtungen notwendig sei, realisiert werde. Die Einwendung von Herrn Richter, die Anlage etwa 80 bis 100 Meter weiter entfernt – in Höhe eines Werbeaufstellers – aufzubauen, habe nach Abschluss der Projektierung nicht mehr berücksichtigt werden können, so das Amt.

Der bestehende Stromanschlusskasten sei genutzt worden, um eine kurze Anbindung der Anlage an die Stromversorgung herzustellen. Im Zusammenhang mit der beidseitigen Geschwindigkeitskontrolle und der hierfür erforderlichen optimalen Ausrichtung der Messsysteme, sei die geringfügige Verlagerung der Anlage im öffentlichen Verkehrsraum und straßenbegleitenden Bankettbereich der Bundesstraße 6 auf den jetzigen Standort notwendig gewesen, heißt es weiter.

Helmut Richter befürchtet, dass nun wieder randaliert wird und sein Haus an Wert verliert. "Wer kauft denn ein Haus, wenn direkt ein Blitzer vor der Tür steht?", fragt er.