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Fast ein Totalausfall: Enorme Frostschäden bei den Winzern im Elbland

Der diesjährige Jahrgang des sächsischen Weins fällt weitgehend aus. Die Winzergenossenschaft Meißen schätzt die Einbußen auf 90 Prozent.

Von Ulf Mallek
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Das Gras ist noch schön grün, der empfindliche Wein aber braun: Der Weinberg von Schloss Wackerbarth in Weinböhla auf der Köhlerstraße muss massive Schäden hinnehmen.
Das Gras ist noch schön grün, der empfindliche Wein aber braun: Der Weinberg von Schloss Wackerbarth in Weinböhla auf der Köhlerstraße muss massive Schäden hinnehmen. © Arvid Müller

Nach den drei April-Frostnächten wird die Weinernte im sächsischen Elbland zum größten Teil ausfallen. Das sagte der Vorsitzende des Weinbauverbandes Sachsen Felix Hößelbarth am Mittwoch Sächsische.de. "Die Schäden sind massiv", sagte er. "Die meisten Weinstöcke werden überleben, in diesem Jahr aber keinen Ertrag bringen." Die Frostschäden fallen dabei wegen unterschiedlicher Kaltluftströme differenziert aus. So melden die Gebiete am Goldenen Wagen in Radebeul einen Totalausfall, an der Friedensburg aber nur 40 Prozent. Noch größer sind die Verluste in weniger geschützten Arealen, so bei Schloss Proschwitz oder Wackerbarth. Insgesamt werden mindestens 75 bis 80 Prozent der Ernte zerstört worden sein. "Der 24er-Jahrgang wird ein sehr kleiner werden", so Hößelbarth.

Der größte Weinerzeuger in Sachsen, die Winzergenossenschaft Meißen, schätzt die Verluste sogar auf über 90 Prozent. Geschäftsführer Lutz Krüger: "Das hatten wir noch nie." Die Winzergenossenschaft erntet auf ihren 120 Hektar jährlich im Durchschnitt 800 bis 900 Tonnen Wein. Der bisherige Negativrekord war 1987 mit 44 Tonnen, dann gab es 1997 schon mal nur 300 Tonnen sowie im Jahr 2009 nur 340 Tonnen. Gut möglich, dass der alte Negativrekord gebrochen wird. Frostschutzmaßnahmen wie Wärmefeuer und Wasserberieslung (das gefrorene Wasser soll die Pflanzen schützen) haben nichts gebracht. Frostversicherungen - wie die großen Weingüter - haben die einzelnen Weinbauern der Genossenschaft nicht. "Dieses Jahr können wir abschreiben", sagte Krüger. Man müsse jetzt von den Reserven leben.

Aus dem Meißner Weingut von Ricco Hänisch kommt die Meldung: Alle Frostschutzmaßnahmen mit Wärmefeuer und -kerzen waren umsonst. Teilweise fiel die Temperatur auf minus sechs Grad. Da war nichts mehr zu machen.

Auf den über 70 Hektar des Meißner Weingutes Schloss Proschwitz Prinz zur Lippe sind alle jungen Triebe zerstört. "Der Ausfall ist 99 bis 100 Prozent", sagte Weingutleiter Björn Probst. "Das ist emotional für uns schwer zu verkraften." Probst hofft dennoch, dass sich wieder Triebe bilden und eventuell doch noch einen kleinen Ertrag in diesem Jahr bringen werden. Vielleicht 25 Prozent?

Der Coswiger Winzer Matthias Schuh ist am Mittwochvormittag erst einmal mit einem alten Traktor aus dem Jahr 1952 in den Weinberg gefahren. Um sich abzulenken. "Es hat geholfen", sagte er. Auf seinen 5,5 Hektar Anbaufläche sind alle jungen Triebe zerstört, außer auf einer einzigen Fläche, die mit Feuern erwärmt worden ist. Dort beträgt der Ausfall nur 50 Prozent. "Wir haben so etwas noch nie erlebt", sagte Schuh, der 2012 als bester Jungwinzer Europas ausgezeichnet wurde. Schuh rechnet in diesem Jahr noch mit einem Restertrag von etwa zehn Prozent. Er habe aus dem Nachbar-Weinanbaugebiet Saale-Unstrut erfahren, dass dort die Schäden ähnlich hoch sind. "Es kommen wieder bessere Jahre", sagte Schuh. Eine Frostschutzversicherung - wie die großen Betriebe - hat sein kleineres Weingut nicht.

Der Meißner Landrat Ralf Hänsel sagte: "Wenn sich die Verluste in der derzeit benannten Höhe bestätigen ist das natürlich katastrophal." Was der Einbruch für die Anbaugebiete bedeutet, werde sich aber in 2025 zeigen. Neben den Weinbauern treffen diese Frostnächte auch die Obstbauern in unserer Region sehr hart. "Noch hoffe ich, dass die Bewertung in einigen Tagen doch etwas positiver und optimistischer ausfällt. Für die betroffenen Betriebe wünsche ich mir eine schnelle und unkomplizierte Schadensregulierung."

Weinbauchef Felix Hößelbarth empfiehlt, jetzt erst einmal abzuwarten, wie sich die Stöcke erholen. Die erfrorenen Blätter trocknen zusammen und fallen von allein ab. Dann werden die Prüfer der Versicherung kommen und die Schäden protokollieren. Später müssen die Stöcke in Form gebracht und gepflegt werden, damit sie vor allem im nächsten Jahr wieder Ertrag bringen.