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Freitaler Stadtrat entscheidet über die Zentrumspläne

Wieder einmal geht es um die Baupläne am Sächsischen Wolf. Kommt das Einkaufszentrum oder scheitert es, wie einige Kritiker immer noch hoffen?

Von Annett Heyse
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Auf diesem ehemaligen Industriegelände soll das Freitaler Stadtzentrum entstehen.
Auf diesem ehemaligen Industriegelände soll das Freitaler Stadtzentrum entstehen. © Egbert Kamprath

Wenn sich Freitals Stadträte am Donnerstagabend (27. September) zur Sitzung treffen, steht eine Entscheidung auf der Tagesordnung, die wegweisend für das Zentrum der Stadt sein dürfte. Es geht darum, ob endlich ein Bebauungsplan für das Areal "Sächsischer Wolf" beschlossen wird.

Seit nunmehr vier Jahren wird daran intensiv geplant, dreimal gab es eine öffentliche Auslegung der Papiere, bei der Fachbehörden und Anwohner ihre Stellungnahmen abgeben konnten. Gerungen wurde um die Hochwasser-Problematik, Gebäudehöhen und Kubaturen, um Zufahrten, Radwege und zu guter Letzt um eine Fußgängerbrücke über die Weißeritz.

Nun liegt ein weiterer Entwurf vor. Beim Investor - der Schoofs Immobilien GmbH Frankfurt - hofft man, es möge der letzte vor dem Satzungsbeschluss sein. Bei den Kritikern hofft man ebenfalls - darauf, dass die Pläne scheitern. "Das ist nicht das Stadtzentrum, welches wir uns vor zehn Jahren einmal vorgestellt haben", sagt beispielsweise Lothar Brandau (FDP).

Bewerbungsmappe und viele Träume

Damals ging die Stadtverwaltung mit einer Idee an die Öffentlichkeit: Freital soll auf einem ehemals industriell genutzten Gelände ein richtiges Stadtzentrum bekommen.

In einer Art Bewerbungsmappe, erstellt für Investoren, ist auf Seite acht zu lesen: "Für die Entwicklung des neuen Stadtzentrums ist eine breite Palette von Nutzungen angestrebt..., wie Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Einzelhandelsbetriebe, Gastronomie, Hotels sowie Anlagen für gesundheitliche, kulturelle und soziale Zwecke... Da sich das Quartier innerhalb eines zentralen Versorgungsbereichs befindet, ist großflächiger Einzelhandel nicht ausgeschlossen, ein Vollsortimenter sogar erwünscht."

Und weiter wirbt die Stadt: "Städtebaulich wird ... die Schaffung eines öffentlichen, grün gestalteten Innenbereichs (z.B. mit Gastronomienutzung) als Übergang zum Landschaftsraum Weißeritz gefordert. Der ruhende Verkehr ist vorzugsweise in Tiefgaragen oder einem Parkhaus unterzubringen."

Soweit zum Traum von 2014. Was 2023 den Stadträten nun als Entwurf vorliegt, ist von den damaligen Vorstellungen weit entfernt. Herausgekommen sind zwei große Gebäudekomplexe, einer davon entlang der Dresdner Straße/Poisentalstraße. Das zweite, etwas kleinere Gebäude entsteht im rückwärtigen Bereich nahe der Weißeritz.

Auch werden Fahrzeuge nicht in Tiefgaragen oder Parkhäuser verbannt, sondern mitten im Zentrum entsteht ein großer Parkplatz. Demzufolge müssen Fußgängerbereiche schrumpfen, der einst geplante Radweg fällt ganz weg. Von einem begrünten Innenbereich kann auch keine Rede mehr sein. Als Mieter gesetzt sind bereits Edeka, Aldi und die Drogeriekette dm. Zudem entstehen einige kleine Läden - Anzahl noch unklar. Mehr als fünf zusätzliche Geschäfte werden es wohl keinesfalls, hat der Investor zuletzt durchblicken lassen.

Der Freitaler Stadtrat ist geteilter Meinung

Die Räte sind geteilter Meinung zum Stadtzentrum. "Man kann nicht alles realisieren, was gewünscht wird. Was nützt zum Beispiel ein Kino, wenn kaum einer hingeht?", sagt beispielsweise Alexander Frenzel (Bürger für Freital). Und was den Radweg durchs Stadtzentrum betreffe, solle dieser zwar nicht kommen, Radfahren dürfe man dort aber trotzdem. Frenzel: "Ich denke, ich werde den Plänen zustimmen."

Die Kritiker dagegen hoffen, das Projekt noch zu kippen. "Das ist kein Stadtzentrum, das ist ein Supermarkt mit Parkplatz", moniert FDP-Mann Peter Weinholtz.

Zumindest an den sozialen Aspekt wurde gedacht. So soll im hinteren Gebäude ein Kindergarten entstehen. Vorgesehen ist, die Einrichtung in den oberen Geschossen unterzubringen, mit Spielfläche auf der Dachterrasse. Das wiederum sorgt im Landratsamt für Bedenken, welche die Behörde auch in einer Stellungnahme äußerte.

Kindergarten soll ins neue Stadtzentrum kommen

Denn es gibt beim Stadtzentrum ein grundsätzliches Problem. Das gesamte Gebiet war in der Vergangenheit immer wieder von Hochwasser betroffen. Läden, Keller, Büros, Wohnungen, Restaurants - all das könnte bei einem Hochwasser, wie es alle 100 Jahre einmal vorkommt, betroffen sein. Auch ein Kindergarten im Obergeschoss.

"Die Lage im festgesetzten Überschwemmungsgebiet ist angesichts möglicher kurzer Vorwarnzeiten bei Hochwasserereignissen der Vereinigten Weißeritz dabei zu beachten. Es sollte in Erwägung gezogen werden, die Zulässigkeit gerade von sensiblen und vulnerablen Nutzungen - hier Kindertagesstätte - an diesem Standort, bewusst und begründet auszuschließen", schreibt die Behörde.

Darauf heißt es bei der Stadt: "Es erfolgt keine Planänderung. Die sensible Nutzung ist generell zulässig um den am Standort erwünschten, durchmischten Charakter zu erreichen."

Seit vier Jahren wird am Stadtzentrum geplant

Unterm Strich bleibt festzuhalten: Seit 2019, als zunächst der Investor HD das Vorhaben übernahm und später an Schoofs verkaufte, ist es ein zähes Ringen mit Wünschen, Vorstellungen, Vorschriften, Hindernissen und dem letztendlich Machbaren.

Wobei Letzteres aus Sicht des Investors vor allem wirtschaftlich funktionieren muss. Denn Schoofs hat für das Projekt viel Geld bezahlt. Die Stadt hatte das Grundstück einst für 1,2 Millionen Euro an HD verkauft. HD wiederum hat im Mai 2022 Grundstück und Planungen samt Gutachten an Schoofs weitergereicht - angeblich für knapp zehn Millionen Euro, wird in der Branche hinter vorgehaltener Hand gemunkelt.

Die Stadträte müssen nun entscheiden, ob die Firmenleitung von Schoofs ihre Vorstellungen von einem Freitaler Stadtzentrum umsetzen darf. Falls die Lokalpolitiker dem Bebauungsplan nicht zustimmen, ist unklar, wann es wirklich einen ersten Spatenstich geben wird.

Die Sitzung des Stadtrates findet am 28. September im Potschappler Rathaus statt und beginnt 18.15 Uhr.