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Nebengebäude vom Gästehaus des DDR-Ministerrates wird Urlauberdomizil

Investoren haben das frühere Personalhaus in Gohrisch für rund drei Millionen Euro saniert - und einige DDR-Relikte erhalten. Ein erster Blick in die elf Apartments.

Von Katarina Gust
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Freuen sich auf die Eröffnung: die Bauherren Frank Becker (v.l.), Burkhard Schmeinck und Marius Becker im "Domizil am Gohrisch".
Freuen sich auf die Eröffnung: die Bauherren Frank Becker (v.l.), Burkhard Schmeinck und Marius Becker im "Domizil am Gohrisch". © Karl-Ludwig Oberthür

Es ist ein Relikt aus einer anderen Zeit. Einer, in der Persönlichkeiten wie der bekannte Komponist Dmitri Schostakowitsch oder Nordkoreas früherer Staatschef Kim Il Sung in Gohrisch nächtigten. Im einstigen Gästehaus des DDR-Ministerrates stiegen viele Prominente ab - auf ausdrückliche Einladung der DDR-Regierung.

Nicht wenig Personal kümmerte sich um die hochrangigen Gäste. Zimmermädchen, Köche, Empfangspersonal, Hausmeister. Sie selbst waren zwar nicht im "Haus der Intelligenz" untergebracht, wie das Gästehaus offiziell genannt wurde, aber nur einen Steinwurf davon entfernt: In einem schlichten dreigeschossigen Altneubau am Ortsausgang von Gohrisch. Kleine Wohnungen und Zimmer verteilten sich über die Etagen des Wohnblocks. Ein Zweckbau mit typischer DDR-Architektur.

Gewohnt hat in dem Komplex zuletzt lange niemand. Das soll sich nun ändern. Ende März wird unter dem Dach eine neue Urlauberadresse eröffnen - das "Domizil am Gohrisch". Ein Apartmentkomplex mit insgesamt elf Ferienwohnungen, jeweils für bis zu acht Personen.

Unternehmerfamilie mit Tourismus im Blut

Ein Projekt, das Frank Becker initiiert hat. Der Bauunternehmer, der selbst aus Gohrisch stammt, kann sich noch gut daran erinnern, wie es war, als Nordkoreas Diktator im Sommer 1984 in seinem Heimatort zu Gast war. Zu dem Haus hat er nicht nur deshalb ein besonderes Verhältnis. Vor einigen Jahren hatte er sich im Auftrag der Vorbesitzer schon einmal mit dem Objekt beschäftigt, um eine Kostenschätzung für eine mögliche Sanierung abzugeben. Daraus geworden ist nichts. Zumindest nicht mit den damaligen Eigentümern.

Becker selbst hat diese nun realisiert - gemeinsam mit Steuerberater Burkhard Schmeinck. Beide kennen sich bereits seit den 1990er-Jahren. Anfangs nur auf beruflicher Ebene, heute sind beide gut befreundet. "Wir haben lange überlegt, ob wir nicht einmal ein gemeinsames Projekt anpacken wollen", sagt Frank Becker. Irgendwann seien sie auf das Personalgebäude zu sprechen gekommen. Becker nahm Kontakt zu den Besitzern auf. 2021 war der Verkauf schließlich unter Dach und Fach. "Anfangs wollten wir das Haus zu Eigentumswohnungen ausbauen", erzählt Becker. Eine touristische Nutzung fanden die Investoren aber auch interessant.

Früher ein Zweckbau mit typischer DDR-Architektur, heute ein modernes Haus mit großen Apartments, das direkt am Malerweg liegt: Das "Domizil am Gohrisch" wird am 22. März eröffnet.
Früher ein Zweckbau mit typischer DDR-Architektur, heute ein modernes Haus mit großen Apartments, das direkt am Malerweg liegt: Das "Domizil am Gohrisch" wird am 22. März eröffnet. © Karl-Ludwig Oberthür

Denn nicht nur die Baubranche liegt bei Frank Becker in der Familie, sondern auch der Tourismus. Seine Frau Regina ist Geschäftsführerin vom Caravan Camping "Sächsische Schweiz" in Gohrisch. Ein Campingplatz, der ganzjährig geöffnet hat. "Sie weiß, was sich Touristen wünschen", sagt Frank Becker.

Baustart im Herbst 2022, Eröffnung Ende März

Kurzerhand warfen er und Burkhard Schmeinck das Konzept noch einmal um und nahmen Beckers Sohn Marius mit ins Boot, der das Apartmenthaus künftig als Geschäftsführer leiten wird. Im Herbst 2022 fiel der Startschuss für die Sanierung des Hauses, das Anfang der 1950er-Jahre gebaut wurde. "Wir mussten es komplett entkernen, nur die haupttragenden Wände sind geblieben", erklärt Unternehmer Frank Becker, der mit seiner Firma die Bauleistungen abdeckte. Der Grundzustand sei gut gewesen. "Weil kein Holz verbaut wurde, sondern viel Beton. Das war ein Vorteil", erklärt er.

Aus den einst drei Obergeschossen sind heute vier geworden. Der Dachboden wurde zu einer richtigen Etage ausgebaut, mit großen Gauben, die viel Licht in die Zimmer bringen. Insgesamt elf voll ausgestattete Apartments erstrecken sind vom Erdgeschoss bis unters Dach - mit Platz für bis zu 56 Personen. Sie alle haben eine Besonderheit: die Größe. Die kleinste Ferienwohnung misst 55 Quadratmeter, die größte 111 Quadratmeter. Platz, den man in anderen Ferienunterkünften in der Sächsischen Schweiz nur selten findet.

Größe der Apartments als Alleinstellungsmerkmal

Jedes Apartment hat einen Balkon und mindestens ein separates Schlafzimmer, das größte sogar vier getrennte Schlafzimmer - zusätzlich zum Wohn- und Essbereich. Die größeren Ferienwohnungen haben zudem zwei Bäder. Der viel Platz und die Raumaufteilung seien Alleinstellungsmerkmale, die einmalig in der Sächsischen Schweiz seien, sagt Marius Becker. Zudem seien alle Wohneinheiten barrierefrei erreichbar - Dank neu eingebautem Fahrstuhl und ebenerdigem Zugang.

Zu DDR-Zeiten wurde hier das Personal des einstigen Gästehauses des DDR-Ministerrates einquartiert. Heute ist es ein Urlauberdomizil mit insgesamt elf Ferienwohnungen.
Zu DDR-Zeiten wurde hier das Personal des einstigen Gästehauses des DDR-Ministerrates einquartiert. Heute ist es ein Urlauberdomizil mit insgesamt elf Ferienwohnungen. © Domizil am Gohrisch/Sven Legler
Gemeinsam kochen, gemeinsam essen, gemeinsam Urlaub machen. Die Apartments im "Domizil am Gohrisch" sind bis zu 111 Quadratmeter groß und haben Platz für bis zu acht Personen.
Gemeinsam kochen, gemeinsam essen, gemeinsam Urlaub machen. Die Apartments im "Domizil am Gohrisch" sind bis zu 111 Quadratmeter groß und haben Platz für bis zu acht Personen. © Domizil am Gohrisch/Sven Legler
Die größeren Apartments haben zwei Badezimmer und ....
Die größeren Apartments haben zwei Badezimmer und .... © Domizil am Gohrisch/Sven Legler
.... bis zu vier getrennte Schlafzimmer - zusätzlich zum Wohn- und Essbereich.
.... bis zu vier getrennte Schlafzimmer - zusätzlich zum Wohn- und Essbereich. © Domizil am Gohrisch/Sven Legler
Blick auf die Küchenzeile in einer der Ferienwohnungen, die alle barrierefrei sind.
Blick auf die Küchenzeile in einer der Ferienwohnungen, die alle barrierefrei sind. © Domizil am Gohrisch/Sven Legler

"Wir wollen damit vor allem Familien ansprechen, die in einer größeren Runde gemeinsam Urlaub machen wollen", sagt Marius Becker. Ein Mehrgenerationenobjekt, das alle Altersgruppen anspricht. Großeltern, die mit ihren Kindern und Enkeln verreisen oder auch befreundete Familien oder Paare, die in einem Objekt unterkommen wollen. Das alles sei hier kein Problem.

"Uns ist es wichtig, dass sich die Gäste bei uns wohlfühlen. Das fängt beim großzügigen Platz an", sagt der künftige Geschäftsführer. Ums Wohlfühlen geht es auch im Keller. Hier ist ein Spabereich mit Sauna und Ruheraum entstanden. In einem Raum nebenan bietet eine Kosmetikerin bei Bedarf Kosmetikbehandlungen und Massagen an - auch für Nicht-Hausgäste.

Blick in die Natur: Im künftigen Spabereich im Keller gibt es eine Sauna, diesen lichtdurchfluteten Ruheraum und auf Wunsch Kosmetikbehandlungen.
Blick in die Natur: Im künftigen Spabereich im Keller gibt es eine Sauna, diesen lichtdurchfluteten Ruheraum und auf Wunsch Kosmetikbehandlungen. © Karl-Ludwig Oberthür

"Der Keller hatte ursprünglich eine Deckenhöhe von gerade einmal zwei Metern", sagt Frank Becker. Um das Untergeschoss als Wellnessbereich so nutzen zu können, wurden kurzerhand nach unten gebaggert - um eine heute gängige Deckenhöhe zu erreichen. "Das war ein Kraftakt", meint Becker. Der Ruheraum hat ein besonderes Highlight bekommen: bodentiefe Fenster, die sich im Halbkreis in Richtung grüne Landschaft anordnen - inklusive Blick zum Lilienstein und dem Malerweg, der direkt am Haus entlangläuft.

Terrazzo-Platten und Geländer erinnern an DDR

Insgesamt rund drei Millionen Euro wurden in die Sanierung investiert. Bis auf die Kubatur erinnert heute kaum mehr etwas an die interessante DDR-Geschichte, die in dem Komplex steckt. Und doch hat Frank Becker ein paar Relikte ganz bewusst beibehalten. Zum Beispiel den Fußboden im Treppenhaus, der aus den typisch weiß-schwarz-gesprenkelten Terrazzo-Platten besteht. Auch das Geländer wurde im Original wieder eingebaut. "Das verleiht dem Haus Authentizität", sagt Frank Becker.

Obwohl das "Domizil am Gohrisch" erst am 22. März offiziell eröffnet, seien die großen Wohnungen schon jetzt gut gebucht. Pro Apartment ist eine Mindestaufenthaltsdauer von fünf Nächten vorgegeben. Außerhalb der Ferien seien auch Übernachtungen ab zwei Nächten möglich. "Der Aufwand für die Grundreinigung trägt sich sonst nicht", erklärt Marius Becker. Im Juni kostet ein Apartment mit einem Schlafzimmer für zwei Personen beispielsweise 578 Euro für fünf Nächte - ohne Verpflegung. Das sind runtergerechnet etwa 115 Euro pro Nacht. Das größte Apartment für bis zu acht Personen kostet im gleichen Zeitraum 1.112 Euro - also 222 Euro pro Nacht und knapp 30 Euro pro Person und Nacht.

Zum Vergleich: Im Landgasthof "Quartier 5" in Gohrisch kostet ein Doppelzimmer für zwei Personen im gleichen Zeitraum 663,40 Euro - also rund 133 Euro pro Nacht. Die Ferienwohnungen in der Pension "Waldidylle" in Gohrisch gleich nebenan bewegen sich preislich ab 110 Euro pro Nacht für zwei Personen - in der Nebensaison.