ECHT.SCHÖN.HIER
Merken

Mittendrin im Geschehen

Unter der Brühlschen Terrasse spielt ein begehbares 3D-Hörspieltheater.

Von Una Giesecke
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Per Kopfhörer in die Vergangenheit zurückversetzt, erkunden Gäste die unterirdischen Festungsräume.
Per Kopfhörer in die Vergangenheit zurückversetzt, erkunden Gäste die unterirdischen Festungsräume. © Foto: Una Giesecke

„Ach, wie hübsch unser Dresden doch ist“, plaudert eine Dame ins rechte Ohr. Man dreht sich um, doch statt sie zu sehen, kommt die Stimme nun von links. Per hochmodernem 3D-Audiosystem in die Vergangenheit zurückversetzt, erkunden kopfhörerbestückte Gäste die unterirdischen Festungsräume unterhalb der Brühlschen Terrasse. Mehr als neun Millionen Euro und knapp drei Jahre Bauzeit hat der Freistaat in diese Inszenierung investiert. Das Ergebnis sei deutschlandweit einmalig, schwärmt Christian Striefler, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen (SBG).

Der erste bauliche Eingriff seit 1577, um Strom und modernste Datentechnik, Toiletten und Barrierefreiheit hineinzubringen, ist erfolgreich gelungen. Sehen und hören lassen kann sich die Multimediashow auf jeden Fall, ob sie persönliche Rückfragen komplett verzichtbar macht, darf jeder selbst für sich entscheiden. Das Eintauchen in Cyberwelten ist zwar nichts Neues, sondern seit den Achtzigern bekannt. Aber seit rund zehn Jahren gibt es laut Kurator Dirk Welich das Konzept der entdeckenden Teilhabe an historischen Orten.

Und dieser hier ist echt. Die Festung wird zur Naturtheaterkulisse für eine einstündige Szenendramaturgie. Man spaziert von einer Station zur anderen, hört in der ehemaligen Wachstube dem Männergerangel am Würfeltisch zu oder lässt sich vor der Haftzelle vom prominenten Gefangenen Lips Tulian um Fluchtbeihilfe anflehen. Dass der Galgen dieses Räubers nicht auf dem Marktplatz, sondern vor Dresdens Toren, auf dem heutigen Alaunplatz, stand – geschenkt, es ging den Machern ja nicht um Buchstabentreue, sondern um Emotionen. Und die fühlt man mit, etwa wenn man jenen jungen Rekruten belauscht, der vor Angst und Erschöpfung schlottert, oder wenn man sich unversehens in Hofklatsch verwickelt sieht. Man schaut Friedrich Böttger ungläubig beim Entwickeln seltsamer Formeln zu, oder man findet sich im Albtraum des Kurfürsten Moritz wieder, dessen Geist übrigens durch die gesamte Vorstellung spukt.

Geeignet ist der Besuch für Kinder aufgrund mancher dramatischer Effekte offiziell erst ab zwölf Jahren. Das emotionale, kurzweilige Format kommt bei Jugendlichen und Erwachsenen so gut an, dass es erweitert wird. Im Herbst 2020 – dem 350. Geburtsjahr Augusts des Starken – eröffnet in der Bogengalerie L im Zwinger die Ausstellung, die zum Teil bereits jetzt in der Filmkuppel im Innenhof mit VR-Brille zu erleben ist. Natürlich wird dies mit dem berühmten Kurfürsten und König gefeiert, der den Zwinger 1709 in Auftrag gab. In der Festung hingegen hören die Gäste per Audioguide das Hörspiel samt Geräuschen und Musik, sie betrachten von Hochleistungsbeamern projizierte Bilder und Filme an Decken, Wänden und auf den Fußböden. Fast steigen einem auch die vorgestellten Gerüche in die Nase…

Weitere Infos

Zugang von der Brühlschen Terrasse

Aufzug am Kanonenhof

Öffnungszeiten: Montag – Sonntag 10 – 18 Uhr

Eintritt: 10 Euro / ermäßigt 7,50 Euro

www.Festung-Xperience.de

Dieser Beitrag erschien in der Tour de Saxe Juni 2020.