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Car-Sharing in Sachsens Kleinstädten: Wenn Menschen sich Autos teilen

Das Car-Sharing-Angebot von TeilAuto gibt es schon in Kleinstädten wie Freiberg und Meißen. Warum eigentlich noch nicht in Döbeln?

Von Jens Hoyer
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Tobias Sachse nutzt für den Weg zur Arbeit den Zug und das Fahrrad. Ein Auto besitzt er nicht. Sachse würde gern Car-Sharing über den Anbieter TeilAuto in Döbeln etablieren und sucht Mitstreiter.
Tobias Sachse nutzt für den Weg zur Arbeit den Zug und das Fahrrad. Ein Auto besitzt er nicht. Sachse würde gern Car-Sharing über den Anbieter TeilAuto in Döbeln etablieren und sucht Mitstreiter. © Daniel Schäfer

Döbeln. Der Maler Thomas Gatzemeier kommt öfter in seine alte Heimatstadt Döbeln. Von Karlsruhe ist er vor drei Jahren nach Leipzig gezogen. Quasi ein Katzensprung bis Döbeln. Die Verbindung ist gut. Gatzemeier nimmt die Bahn.

Aber um vom Hauptbahnhof aus in die Umgebung ausschwärmen zu können, etwa um Forellen bei Fisch Schnek im Töpelwinkel zu kaufen, fehlt ihm etwas: ein Auto. Denn die Busverbindungen sind schlecht bis nicht vorhanden.

Maler leiht Autos aus

Selbst besitzt der Maler gar kein Auto mehr. „Meinen Stellplatz in Leipzig habe ich vermietet“, meint er. Gatzemeier leiht sich seine Autos aus. Je nach Bedarf von ganz klein bis zum Transporter, in dem er auch mal größere Bilder transportieren kann.

Unter anderem nutzt Gatzemeier das Carsharing-Angebot von TeilAuto. Etwas, das er in Döbeln vermisst. Und was es in anderen Kleinstädten wie Freiberg und Meißen schon gibt.

In Sachen Car-Sharing ist Freiberg in Sachsen ein Vorreiter. 2005 hatte es mit Unterstützung eines Autohauses schon angefangen, erzählt Erik Ferchau, der von Anfang an dabei ist. Erstes Auto war ein VW Golf, der mit Speiseöl betrieben wurde.

„Wir wollten damals alternative Brennstoffe bewerben“, so Ferchau. 2011 habe TeilAuto das Projekt übernommen. Laut dem Car-Sharing-Anbieter gibt es in Freiberg heute sechs Fahrzeuge, die von 270 registrieren Kunden genutzt werden.

In Meißen seien es bisher drei Autos und 70 Nutzer. In diesem Jahr waren auch Annaberg-Buchholz und Markranstädt als weitere Kleinstädte aufgenommen worden.

Eigeninitiative gefragt

Die Besonderheit an diesem Car-Sharing-Modell: Ohne Eigeninitiative geht es nicht. Zuerst muss sich eine Gruppe von Interessierten finden, um das Projekt zum Laufen zu bringen. „Car-Sharing in kleinen Städten ist kein Selbstläufer. Es braucht viel Unterstützung, Geduld und einen langen Atem, wenn man ein Angebot dauerhaft etablieren will“, sagte Franziska Wilhelm, Pressesprecherin von TeilAuto.

In Meißen bietet TeilAuto seit September 2021 Car-Sharing an. Ein Standort ist am Kleinmarkt in der Meißner Innenstadt. Die Vorbereitungen haben zwei Jahre gedauert.
In Meißen bietet TeilAuto seit September 2021 Car-Sharing an. Ein Standort ist am Kleinmarkt in der Meißner Innenstadt. Die Vorbereitungen haben zwei Jahre gedauert. © Claudia Hübschmann

Auch in Freiberg läuft es so. „Es gibt ein Team von Freiwilligen, die ihre Zeit opfern“, sagte Erik Ferchau. Die Autos seien zu warten und zu pflegen. Dafür gibt es für die Freiwilligen ein paar Vorteile, so Ferchau.

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„Ich nutze TeilAuto auch für Dienstfahrten. Es gibt bei uns sogar einen Siebensitzer. Ab eine Stunde kann man ein Auto buchen. Die Fahrt zum Einkaufen bekommt man dann unter zehn Euro.“

Auf der Homepage von Teilauto gibt es einen Kostenrechner. Die Kurzfahrt bis zehn Kilometer kostet demnach im Rahmentarif mit einem Kompaktauto bei zwei Stunden 8,30 Euro.

Eine Tour über 200 Kilometer bei zehn Stunden Ausleihzeit würde demnach mit 87,90 Euro zu Buche schlagen. Der monatliche Grundpreis beträgt im Rahmentarif 9 Euro.

Buchung über Handy-App

Gebucht wird das Auto über eine Handy-App, erklärt Ferchau. „Damit kann man das Auto auch öffnen.“ In Freiberg werde das Angebot von TeilAuto auch von der Stadtverwaltung genutzt.

Die Stadt stelle auch Stellplätze zur Verfügung, andere befinden sich auf privaten Flächen, so Ferchau. Am Freiberger Hauptbahnhof stehen zwei Fahrzeuge,

Der Verein „Verkehrswende in kleinen Städten“ will über die ersten Anlaufschwierigkeiten beim Car-Sharing hinweghelfen. „Wir beraten und unterstützen, wenn sich Leute in einem Ort dafür finden“, sagte Antje Böttcher.

„Wir bieten digitale Infoveranstaltungen an und kommen auch vor Ort, geben Tipps und Hinweise. Ich bin diejenige, die sich um die Kümmerer kümmert.“ Antje Böttcher redet die Anlaufschwierigkeiten nicht klein.

„Man muss Car-Sharing schon sehr wollen und dafür aktiv werden. Man muss Leute finden und Netzwerke knüpfen. Das kann mancher nicht nebenbei.“ Auch Interessierten aus Döbeln hatten schon Kontakt zum Verein gesucht.

Tobias Sachse gehört zu denen, die Car-Sharing mit TeilAuto in Döbeln gerne sehen würden. Der 37-Jährige besitzt kein Auto. Zur Arbeit nach Grimma kommt er mit dem Zug und dem Fahrrad.

Große Touren unternimmt er mit der Bahn. Wenn er mit dem Auto ins Erzgebirge will, muss er per Schiene bis Chemnitz fahren, um sich dort ein Auto auszuleihen. Mit dem Projekt TeilAuto in Döbeln ist Sachse noch nicht weitergekommen.

Mehr Interesse erwünscht

„Man müsste mehr Interessenten finden. Vielleicht gibt es auch Unternehmen, die sich beteiligen. Aber ich habe da noch nicht viel unternommen.“

Der Kontakt zur Stadtverwaltung Döbeln sei ernüchternd gewesen. Auf eine Mail sei nicht geantwortet worden. Eine Mitarbeiterin habe in einem Gespräch wenig Interesse gezeigt. „Weil Döbeln doch so klein ist und die meisten ein Auto haben.“

Mitmachen und Reise gewinnen

  • Worum geht es? Der Mobilitätskompass ist eine Umfrage zu Mobilitätsangeboten und -wünschen in der Region. Die Umfrage wurde mit wissenschaftlicher Unterstützung der Evangelischen Hochschule Dresden entwickelt. Jeder kann sich beteiligen.
  • Wie kann ich teilnehmen? Den Fragebogen finden Sie im Internet unter www.sächsische.de/mobilitaetskompass . Die anonyme Umfrage läuft bis Ende September. Die Ergebnisse werden wissenschaftlich ausgewertet und im November präsentiert.
  • Warum mitmachen? Mit Ihren Antworten helfen Sie, dass ihre Meinung gehört wird. Darüber hinaus haben Sie die Chance, an einer Verlosung teilzunehmen und attraktive Preise zu gewinnen, u. a. eine Wanderreise für zwei Personen an die Amalfi-Küste.