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Mode für Menschen, die Tabus verachten

Dr. Uta-Christiane Bergemann ist Lehrbeauftrage an der Mode- und Designakademie in Düsseldorf. Sächsische.de hat mir ihr über Yakuza-Kleidung und deren Botschaft gesprochen.

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Ein Model von Yakuza-Premium präsentiert ein Sweatshirt aus der aktuellen Herbst-Winter-Kollektion 2018. Die Aufnahme entstand Anfang April in Los Angeles.
Ein Model von Yakuza-Premium präsentiert ein Sweatshirt aus der aktuellen Herbst-Winter-Kollektion 2018. Die Aufnahme entstand Anfang April in Los Angeles. © Foto: Jonas Mohr/Yakuza Premium Collection

Frau Dr. Bergemann, ist Ihnen Yakuza-Mode in den Straßen von Düsseldorf schon einmal aufgefallen?

Ehrlich gesagt: Nein. Das Label war mir bislang unbekannt. Ich habe mir nun jedoch die Internetauftritte von Yakuza und Yakuza-Premium angeschaut.

Und was ist Ihre Schlussfolgerung daraus?

Beide Labels bedienen definitiv eine Szenekundschaft, die auf martialische Zeichen wert legen.

Zum Beispiel?

Totenköpfe und Schlangen weisen auf Morbidität und Tod hin, sie wirken brutal. Zudem ist die Verbundenheit mit der Tattoo-Szene offensichtlich.

Inwiefern?

Die Zeichen aus der Retro- und Fantasy-Ornamentik sind in der Tattoo-Szene allgegenwärtig. Die Printdesigns auf der Kleidung referieren ganz eindeutig auf Tattoos. Sowohl für die Macher als auch für die Käufer der Yakuza-Mode stehen diese Designs im Vordergrund, denn die Schnitte gehen nicht über Basics hinaus. Insofern wenden sich die Labels vor allem an Kunden, die auch Tattoos mögen.

Lässt sich die Yakuza-Kundschaft gesellschaftspolitisch zuordnen?

Inwiefern zu den Käufern politisch extreme Personen gehören, kann ich nicht sagen. Doch sind es definitiv Gruppen, die extreme Äußerungen lieben, die schockieren wollen und Tabus verachten.

Interview: Ulrich Wolf

Wie andere Textillabel mit Rechtsextremismus umgehen

Es gibt zahlreiche Modemarken, die sich unter Neonazis und sonstigen Rechtsextremisten großer Beliebtheit erfreuen. Einige dieser Labels werden lediglich instrumentalisiert und stehen nicht selbst für solche Geisteshaltungen. Einige aber durchaus, darunter die aus Ostdeutschland.

Die britische Marke Lonsdale wird seit den 1980er-Jahren auch von Rechtsradikalen geschätzt. Trägt man unter der offenen Jacke ein Lonsdale-Shirt, sind oft nur die Binnen-Buchstaben NSDA zu sehen. Das ist eine Andeutung an die NSDAP. Das Label hat sich davon mehrfach distanziert, beliefert keine einschlägigen Läden mehr und pflegt den Werbeslogan „Lonsdale is for all colours“ (Lonsdale ist bunt).

Von Fred Perry aus England schätzen Neonazis vor allem die Polo-Hemden mit einem Lorbeerkranz-Emblem auf der Brust. Besonders beliebt sind schwarze Polos mit rot-weißen Kragenstreifen: Schwarz-Weiß-Rot sind unter anderem die Farben der deutschen Reichskriegsflagge. Auch Fred Perry distanziert sich deutlich vom Missbrauch durch Neonazis und unterstützt diverse Antirassimus-Projekte.

Consdaple spielt, anders als Lonsdale, ganz bewusst auf die NSDAP an. Der Labelname ist komplett um diese Buchstabenkombination herum entwickelt worden. Zusammen mit dem Adler im Logo, der an den Reichsadler erinnert, macht das die Absicht und die Zielgruppe von Consdaple eindeutig erkennbar. Der führende Internetvertrieb zur Marke heißt "Ostfront-Versand" und hat seinen Sitz im thüringischen Gehren.

Im brandenburgischen Mittenwalde ist Thor Steinar beheimatet. Dieses Label „verwöhnt“ seine Kundschaft mit dem nordisch-mythologischen Namen und völkischer Symbolik sowie der Wolfsangel im Logo. Das ist ein Szene-Symbol für Widerstand. Brandenburgs Verfassungsschutz bestätigt: Das Label selbst gehört zur rechtsextremen Bewegung. Paradox: Seit 2009 gehört die hinter Thor Steinar steckende Vertriebs- und Herstellerfirma einem arabischen Investor aus Dubai.

Die Betreiber von Ansgar Aryan in der Oberpfalz machen schon im Namen klar, wofür sie stehen: für das „Ariertum“. Eindeutig ist der Bezug zu nordisch-„arischer“ Mystik, die Macher spielen mit Worten wie „Widerstand“ und „Staatsfeind“. Berührungsängste mit dem Nationalsozialismus kennt man nicht. Auf einer Shirt-Reihe werden „Helden der Wehrmacht“ wie General Manteuffel "geehrt". 

Ein besonderes Angebot macht das Unternehmen druck18.de des Thüringer Neonazis Tommy Frenck: Man kann dort fertig designte Shirts und andere Produkte mit eindeutig rechtsextremen Botschaften erwerben oder sich nach eigenen Wünschen drucken lassen. Dass druck18 mit der Symbolzahl 18 spielt, ist wohl kein Zufall: Die Zahl steht für den 1. und 8. Buchstaben im Alphabet, also für AH, die Initiale von Adolf Hitler.

Greifvogel Wear aus Lindenau in der Oberlausitz hat ebenfalls einen eindeutig rechtsextremen Hintergrund. Ihr Motto heißt „Kampf war schon immer der Vater aller Dinge“, auf den Shirts stehen Slogans wie „Blut und Eisen“. (sz/or)

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