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Nachwuchs steht schon an der Spritze

Viele Feuerwehren haben Personalprobleme. In Althirschstein ist das nicht so. Das hat vor allem zwei Gründe.

Von Jürgen Müller
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Jugendwart André Lange und die Mitglieder der Jugendfeuerwehr Hirschstein Tom Joswig, Florian Fehrmann, Matti Cramer (v.l.n.r.) üben schon fleißig für den späteren Einsatz in der „großen“ Wehr.
Jugendwart André Lange und die Mitglieder der Jugendfeuerwehr Hirschstein Tom Joswig, Florian Fehrmann, Matti Cramer (v.l.n.r.) üben schon fleißig für den späteren Einsatz in der „großen“ Wehr. © Sebastian Schultz

Hirschstein. Oft brennt es zum Glück nicht im Hirschsteiner Ortsteil Althirschstein. Wenn doch, dann kann man sich auf die Ortsfeuerwehr verlassen. Während vor allem auf dem Land kleine Wehren über akuten Personalmangel und Überalterung klagen, ist das hier anders. 35 aktive Mitglieder hat die Althirschsteiner Feuerwehr, die eine von drei Ortsfeuerwehren der Gemeinde ist.

Laut vorgeschriebener Einsatzstärke werden 24 Feuerwehrleute benötigt. „Nicht nur hier, sondern auch in den beiden anderen Ortsfeuerwehren wird die Einsatzstärke erreicht“, ist Bürgermeister Conrad Seifert (CDU) sichtlich stolz. Er verhehlt nicht, dass es die Früchte seiner Vorgängerin Christine Gallschütz (CDU) erntet. Die hatte damals die ursprünglich elf Ortswehren zu dreien zusammengefasst.

Durch die Zusammenlegung war genügend Personal für die verbliebenen Wehren vorhanden. Viel spricht dafür, dass es auch künftig so bleibt. Der Grund dafür ist, dass es in der Gemeinde eine sehr aktive und gut besetzte Jugendfeuerwehr gibt. 25 Mitglieder im Alter von acht bis 18 Jahren, davon vier Mädchen, zählt diese Wehr. Der Nachwuchs steht schon an der Spritze.

Der Bürgermeister freut sich über die aktive Jugendfeuerwehr. „Das ist nur möglich, wenn man einen so engagierten Jugendwart hat“, sagt er. Andre Lange heißt dieser, ist seit 2002 Mitglied der Feuerwehr und seit 2006 Jugendwart.

Der 35-Jährige, der im Ringwalzwerk Gröditz arbeitet, war einst aus einer „Bierlaune“ heraus und weil seine Kumpels alle bei der Feuerwehr waren, in die Wehr eingetreten. An die Anfänge erinnert er sich noch sehr gut. Die kleine Ortswehr, der er damals angehörte, hatte als schnellstes Fahrzeug einen Multicar.

Heute sind die Autos schneller, wenn auch nicht unbedingt sehr viel neuer. Im Althirschsteiner Gerätehaus steht ein Löschfahrzeug, dass die Gemeinde gebraucht gekauft hatte. Es ist 28 Jahre alt.

Das zweite Feuerwehrauto, ein Iveco, ist Baujahr 2007, derzeit aber in der Werkstatt. Zuvor hatte die Ortswehr einen Barkas. Und die Heydaer Kollegen fuhren sogar noch lange mit einem Robur aus den 1960er Jahren zu den Einsätzen.

Mittel- oder eher langfristig werde man sich um neue Fahrzeuge bemühen können. Derzeit gäbe es in der Gemeinde andere Prioritäten, sagt der Bürgermeister. Zum Glück hält sich die Zahl der Einsätze in Grenzen. Im vergangenen Jahr musste die Ortsfeuerwehr Althirschstein zu zwölf Einsätzen ausrücken.

Brände waren nicht dabei, überwiegend handelte es sich um technische Hilfeleistungen nach Verkehrsunfällen und die Rettung von Personen. Als Sturmtief „Friederike“ im Januar vorigen Jahres übers Land fegte, war die Wehr ebenso im Einsatz wie bei zwei Starkregeereignissen im Juni. Im Jahr zuvor hatte es mit 22 fast die doppelte Zahl an Einsätzen gegeben.

Auch Mitglieder der Jugendfeuerwehr könnten schon zu Einsätzen mit ausrücken, wenn sie das 16. Lebensjahr erreicht und eine bestimmte Zahl an Ausbildungsstunden absolviert haben. Andre Lange ist es aber lieber, wenn sie ihn bei der Ausbildung in der Jugendfeuerwehr unterstützten.

Denn 24 Mädchen und Jungen, die sich zweimal im Monat treffen, auszubilden, das kann er allein nicht schaffen. Er ist stolz auf die Erfolge bei Wettbewerben. So nimmt die Jugendfeuerwehr regelmäßig an Löschangriffen teil, errang vor zwei Jahren den Kreismeistertitel. Aktuell sind sie Sachsenmeister im Dreikampf, der 400- und 60-Meter-Läufe sowie Hochstrecksprünge - alles in voller Montur - umfasst.

Die Arbeit der Jugendfeuerwehr wurde jetzt auf besondere Weise gewürdigt. Sie erhielt von der Energieversorgung Sachsen Ost (Enso) einen Scheck über 500 Euro. Das Geld stammt aus der Weihnachtsaktion des Energieversorgers, welche dieser seit vielen Jahren durchführt.

Insgesamt werden so 10 000 Euro verteilt. „Wir sprechen Großkunden an und fragen sie, wer dafür infrage käme“, sagt Torsten Mättig, Kundenbetreuer bei der Enso. Ein solcher Großkunde ist das Milchcenter Prausitz. Von dort kam der Vorschlag, das Geld der Jugendfeuerwehr zu geben. „Wir verdienen unser Geld hauptsächlich in der Region und wollen auf diese Weise einen Teil davon zurückgeben“, sagt der Kundenbetreuer.

Das Geld ist nicht zweckgebunden, es muss also nicht in Ausrüstung gesteckt werden, sondern ist dafür gedacht, dass die jungen Leute etwas gemeinsam unternehmen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Die Jugendfeuerwehr weiß schon, was sie damit macht. Die jungen Leute wollen einen Ausflug ins Jump-Haus nach Leipzig machen.

Um die Zukunft der Feuerwehren ist dem Bürgermeister nicht bange. Schon in der Grundschule Prausitz gibt es entsprechende Angebote „Ehe die Kinder alle zum Fußball abwandern“, sagt Seifert und lacht.

Schließlich ist die Feuerwehr mehr als nur Helfer. „In vielen Orten ist sie der einzige funktionierende Verein, der die Dorfgemeinschaft zusammenhält“, so Conrad Seifert. Und auch aus den Reihen der Feuerwehrleute selbst wird Nachwuchs herangezogen.

So hat Andre Lange zwei Kinder, ein zweijähriges Mädchen und einen sechs Jahre alten Jungen. Letzter hat sich schon mal im Feuerwehrgerätehaus umgeschaut. Da geht noch was.