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Nehmer genießt die Natur

Draußen fühlt sich der erste Bob-Olympiasieger der DDR am wohlsten. Auch an seinem 75.

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Von Frank Kastner

Seine letzte Trophäe holte er kurz vor dem Jahreswechsel – bei der Jagd im Wald. Von eisigen Temperaturen lässt sich der dreimalige Bob-Olympiasieger Meinhard Nehmer sowieso nicht aufhalten. „Minus 28 Grad Celsius in Lake Placid waren früher keine Seltenheit“, meint der gelernte Landwirt, Wettertechniker und Korvettenkapitän der Volksmarine.

Nehmer heute.
Nehmer heute. © dpa

In Varnkevitz, fünf Kilometer von Kap Arkona entfernt, kümmert sich Nehmer intensiv um seine Hobbys. Fischen, Jagen und mit seiner Frau Renate die herrliche Natur genießen, erklärt der an diesem Mittwoch 75 Jahre alt werdende Nehmer. „So bleibe ich fit“, sagt er, nachdem er gerade aus dem Wald vom Holzmachen kam. Angesprochen auf seinen 75. Geburtstag, sagt er fast entschuldigend: „Der Tag liegt mitten in der Woche, die Kinder haben keine Ferien, da gibt es nur eine kleine Feier.“

Das Ehepaar Nehmer genießt den gemeinsamen Lebensabend auf Rügen. Immerhin fuhr Nehmer früher 40 000 Kilometer im Jahr mit dem Auto quer durch Europa zu den Bobbahnen. Heute fährt er lieber ein paar Hundert Meter mit dem Boot auf die Ostsee und fängt Fische. Mal bevorzugt er auch das Dickicht und geht mit seiner Flinte auf Jagd.

Einer der ersten Gratulanten wird wie immer sein langjähriger Freund und Anschieber Raimund Bethge sein. Der ehemalige Cheftrainer der Deutschen ist inzwischen selbst pensioniert. Nehmer war für Bethge immer eine wichtige Bezugsperson. „Seine Persönlichkeit, seine ruhige Art und seine Ausstrahlung machen ihn so wertvoll“, sagt Bethge, der als Anschieber mit Nehmer 1977 Weltmeister wurde. Nehmer war es auch, der Bethge nach seinem schweren Unfall auf der Bobbahn in Cesana Ende 2005 täglich anrief und ihm Kraft für die Genesung gab.

Seine erste sportliche Sternstunde hatte der Pilot Nehmer 1976 in Innsbruck – der WM-Bahn von 2016. Erst hatte er als Fahnenträger „eine unglaubliche Gänsehaut“, dann sorgte er für den ersten Olympiasieg eines DDR-Bobs. Stunden später setzte er im Viererbob noch einen drauf. Bob-Geschichte schrieb Nehmer 1980 in Lake Placid: Auf der berüchtigten Bahn am Mount van Hoevenberg durchbrach er als bisher einziger Pilot die Minuten-Grenze und holte sein drittes Olympia-Gold. „Dafür werde ich in den USA noch heute als Hero verehrt. Die Amis stehen eben auf Action, da muss es schon mal richtig rauchen in der Rinne“, erinnert sich Nehmer. (dpa)