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Neles Jahr

Bilder des Jahres 2018: Seit ihrer Geburt ist das Heidenauer Mädchen schwerbehindert. 2018 ging es zur vierten Delfintherapie. Aber es gab nicht nur frohe Tage.

Von Heike Sabel
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Der Therapeut darf das, die Zunge rausstrecken. Dass Nele ihn dabei anschaut, ist auch ein Erfolg. Zum vierten Mal war sie dieses Jahr zur Delfintherapie.
Der Therapeut darf das, die Zunge rausstrecken. Dass Nele ihn dabei anschaut, ist auch ein Erfolg. Zum vierten Mal war sie dieses Jahr zur Delfintherapie. © privat

Für die Hoffmanns haben die Tage auch nur 24 Stunden. Aber sie verlaufen oft anders als in anderen Familien. Die Geburt ihrer Zwillinge Nele und Ben vor neun Jahren hat ihr Leben verändert – vor allem bereichert und verschönert. Es aber auch ein bisschen anders als das anderer gemacht, denn Nele ist schwerbehindert. Die Familie erinnert sich an besondere Tage im zu ende gehenden Jahr.

Die schönsten Tage verbrachten die Hoffmanns in ihrem ersten gemeinsamen Herbstferien in Österreich. Es war eine tolle Zeit, sagen sie. „Es passte einfach alles, alles waren fit, hatten ganz viel Zeit füreinander, das Wetter spielte mit und die Umgebung ließ unsere Herzen höher schlagen“, sagt Yvonne Hoffmann. „Zeit gemeinsam und in der Natur zu verbringen ist für uns etwas tolles, auch wenn wir die Berge nicht mehr alle per Fuß erklimmen gönnen, haben wir tolle Wanderungen gemeinsam machen können.“

Der herzzerreißendste Tag war Neles erster Ausflug ohne Eltern und Ben. Im Mai stand eine Woche Landheim-Aufenthalt auf dem Programm. Schon der Gedanke brachte die Eltern in Aufregung. Aber Nele hat ganz tolle Lehrer und Erzieher, sagen die Eltern. „Wir haben vollstes Vertrauen.“ Trotzdem: Dieser Schritt, Nele für eine ganze Woche abzugeben, war einschneidend. Der Tag der Abfahrt war herzzerreißend. „Nele war mega aufgeregt und wir traurig“, sagen die Eltern. Sie freuten sich über jede kleine Nachricht. Nele ging es gut und sie war zufrieden. Ben genoss die Zeit mit seinen Eltern und spontanen Aktivitäten, die mit Nele nicht immer so machbar sind.

Der sportlichste Tag fiel ausgerechnet auf Ostern. Die verschiedenen Therapien zeigten Erfolg, wenn auch ein bisschen anders als sich die Hoffmanns gedacht hatten. Nele robbte jetzt fleißig durch die Wohnung und erkundet diese fleißig. Ostern hat sie alle Osternester geleert und das ganze Heu in der Stube verteilt. Geschimpft haben Hoffmanns trotzdem nicht. „Warum? Für Nele ist es eine neue Erfahrung gewesen, sie erkundet fleißig ihre Umwelt und das ist ein riesiger Schritt, über den wir alle uns gemeinsam freuen.“

Eine besondere Zeit war auch der Herbsturlaub der Familie in Österreich. Doch das Jahr hatte für die Hoffmanns nicht nur Urlaubs- und Erfolgstage.
Eine besondere Zeit war auch der Herbsturlaub der Familie in Österreich. Doch das Jahr hatte für die Hoffmanns nicht nur Urlaubs- und Erfolgstage. © privat

Der kräftezehrendste Tag überfiel die Hoffmanns gleich mehrfach zu Anfang des Jahres. Nele kämpfte mit etlichen Infekten: Schnupfen, Magen-Darm. So häuften sich die schlaflosen Nächte, die wiederum Neles epileptische Anfälle häufiger werden ließen. „Ein Zustand, der uns an unsere Grenzen brachte“, sagen Uwe und Yvonne Hoffmann. Eine Akupunkturbehandlung brachte rasche Besserung und ließ die ganze Familie wieder besser schlafen.

Der dunkelste Tag war ein Tag im November: Das Ergebnis von Neles Gentest zog „uns den Boden unter den Füßen weg“, sagen die Hoffmanns. Auf drängen von Neles Arzt sanden sie im September einige Röhrchen Blut für einen speziellen Gentest ein. Dann, fast zehn Jahre, nachdem sie von der Zwillingsschwangerschaft erfahren hatten, erhielten sie das Ergebnis: Nele hat ein FoxG1-Syndrom. Das wurde 2008 erstmals erkannt, mittlerweile gibt es weltweit knapp 360 diagnostizierte Fälle. „Ja, wir haben ein besonders besonderes Kind.“ Das Fox G1 ist eine Gen-Mutation, die spontan auftritt und mit Neles Frühgeburt nichts zu tun hat. Es erklärt aber, warum Nele immer „nur“ kleine Fortschritte macht und nicht den ganze großen Schritt. „Wir wissen aber auch, dass wir mit all unseren Therapien den richtigen Weg eingeschlagen haben und diesen auch weiter gehen werden“, sagen die Hoffmann. „Und das Gute an dieser Diagnose: Es wird geforscht und die Forschungen zeigen an Mäusen gut Ergebnisse.“

Der erfolgreichste Tag begann mit Sonnenschein und blauem Himmel auf Curaçao. Zum vierten Mal flog die Familie zur Delfintherapie für Nele über den großen Teich. Neles Therapie startete sehr durchwachsen. „Mit Meckern, Jammern, aber auch herzlichem Lachen verbrachten wir die ersten Tage“, erzählt Mutter Yvonne. Nele wurde von Tag zu Tag ruhiger, von meckern war bald nichts mehr zu hören, das Lachen wurde mehr, mehr und mehr – bis zu dem Tag, als Nele ihren Therapeuten bei der Ansprache ansah. „Das war ein Schritt in Richtung Blickkontakt, der Nele ganz schwerfällt“, sagt Yvonne Hoffmann. Ein kleiner Moment, ein großer Erfolg. Nun planen Hoffmanns für Sommer 2020 eine weitere Delfintherapie.