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Neue Fans für den Gospelgesang

Der Bischofswerdaer Kantor Samuel Holzhey geht mit einer Messe nicht alltägliche Wege. Seine Mitsänger sind begeistert.

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© Rocci Klein

Von Constanze Knappe

1, 2, 3; 3, 2, 3… Samuel Holzhey zählt die Takte. Das sei ein Musikertrick, sagt der Kantor der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Bischofswerda. Gezählt werde zum Beispiel in solchen Pausen, wie sie der Komponist Ralf Grössler in seine Gospelmesse „Missa parvulorum Dei“ für Solo, Chor und Orchester eingebaut hat. Die Sänger könnten ja die Takte mitzählen oder aber auf seine Vorgabe warten, sagt Samuel Holzhey. Mit der Messe wagt er etwas Neues. Nicht, dass es Gospel noch nie in Bischofswerda gegeben hätte, aber von Laien gesungen, das sei doch etwas anderes.

Konzentrierte Arbeit bei der ersten Gospel-Probe. Kantor Samuel Holzhey versteht es, die interessierten Sängerinnen und Sänger an das Projekt heranzuführen. Im Juni soll die Gospelmesse „Missa parvulorum Dei“ von Komponist Ralf Grössler in Bischofswerda u
Konzentrierte Arbeit bei der ersten Gospel-Probe. Kantor Samuel Holzhey versteht es, die interessierten Sängerinnen und Sänger an das Projekt heranzuführen. Im Juni soll die Gospelmesse „Missa parvulorum Dei“ von Komponist Ralf Grössler in Bischofswerda u © Rocci Klein
Noten in bunt und überdimensional gab es zum Üben im Saal des Kirchgemeindehauses Bischofswerda.
Noten in bunt und überdimensional gab es zum Üben im Saal des Kirchgemeindehauses Bischofswerda. © Rocci Klein

Ursprünglich die Musik der schwarzen Sklaven in Amerika, gelte der Gospel heute im Vergleich zur klassischen Kirchenmusik als modern. Und er sei seit Langem in der Gesellschaft angekommen, so der Kantor. Ralf Grössler verbindet beide Richtungen der Kirchenmusik. Seine Messe wählte Samuel Holzhey aus, weil sie auch ohne jegliche Gospel-Erfahrungen gut zu bewältigen sei. Das zeigt die erste Probe am Sonnabend. Im Saal des Kirchgemeindehauses fanden sich dazu 48 Interessenten ein. Abgesehen von den vier älteren Tenören und den drei Jungs in den besten Teenie-Jahren sind es Frauen jeden Alters. Ohne große Vorrede beginnt die Probe. Mit einem Gesangstext in Englisch. Wie Christiane Hörnig (62) haben einige Bedenken. Die verfliegen aber schnell, weil sich etliche Passagen öfter wiederholen. Die Geißmannsdorferin, die früher mal in einem Chor sang, erlebte Gospelkonzerte in Bischofswerda. Davon fasziniert, kam sie mit ihren Töchtern (34 und 37) zur Probe. Dass die Noten – eine Leihgabe der evangelischen Kirchgemeinde Peter und Paul in Sebnitz – zunächst nicht für alle reichen, tut der Freude am Singen keinen Abbruch. Samuel Holzhey begleitet am Klavier die einzelnen Stimmlagen. Mal jede für sich, mal zwei in Kombination, dann alle zusammen. Schwierigkeiten, wie etwa der Unterschied zwischen punktierten und einfachen Vierteln, werden immer wieder geübt. „Sie schlagen sich gut“, lobt der Kantor.

Tiefer Bass, hoher Sopran

Die Messe sei gut machbar – bis auf zwei Ausnahmen. Einmal sei der Bass sehr tief und ein anderes Mal der Sopran sehr hoch angelegt, erklärt Samuel Holzhey. „Wenn wir das nicht hinkriegen, verraten wir es keinem“, fügt er hinzu. Dem Gelächter folgt angestrengte Arbeit. Der Kantor kitzelt den Ehrgeiz der Sänger heraus. Über eine Stunde sind sie konzentriert bei der Sache. Wie Marlies Hanke aus Ringenhain. Die 58-Jährige sang früher mal im Chor. Die Gospelprobe sei ein Anstoß, sich wieder der Musikleidenschaft zu widmen. Von der Atmosphäre während der Probe ist sie begeistert. Ebenso wie Lena Kokorz (14) und deren Mutti aus Bischofswerda. Beim Weihnachtsgottesdienst entdeckten die Zwei den Flyer. Dass man auch ohne Notenkenntnis mitmachen kann, ließ Mutter und Tochter zur Probe kommen. Das hat sich gelohnt, ist den beiden schon zur Pause klar. Felix Herrmann (16) singt im Kirchenchor mit. Gospel sei mal etwas ganz anderes, sagt er. Das findet auch Michael Klippel (15), der ansonsten Gitarre spielt. Spaß am Singen und die neue musikalische Herausforderung ist für sie der Grund mitzumachen. Mit Raphael Kluge (17) singen sie den Bass. Die drei Jungs aus Bischofswerda hätten gerne noch mehr männliche musikalische Unterstützung. Aber auch weitere Damen mit Freude am Singen seien gern gesehen, fügt der Kantor hinzu. Mitmachen kann jeder, der Lust dazu hat. Sieben Proben sind über die nächsten Monate angesetzt.

Aufgeführt werden soll die Gospelmesse am 13. Juni in der Christuskirche Bischofswerda und am 14. Juni in Cunewalde. Die Kantorin der mit 2 600 Sitzplätzen größten Dorfkirche Deutschlands sitzt am Sonnabend gleichfalls in der Probe wie auch zwei junge studierte Frauen aus Palästina, die seit zwei Monaten im Asylbewerberheim Bischofswerda leben, und weitere Sänger aus Schmölln, Schwepnitz oder Kubschütz. „Ich finde das Vorhaben richtig gut und würde mir noch einige Teilnehmer aus Cunewalde wünschen“, sagt Laura Pfeffer-Sirrenberg. Die zwei Kantoren kennen sich aus Studienzeiten, weshalb die Aufführung in Cunewalde schnell beschlossene Sache war. Mitwirken werden außerdem eine Sopransolistin, ein Orchester mit dem eher selten verwendeten Instrument Vibraphon sowie Kantorin Andrea Lorz aus Göda mit dem Gaußiger Schulchor und einem Frauenchor. Diese beiden Chöre proben vorerst separat, ehe man sich gegen Ende zum gemeinsamen Singen trifft.

Voll im Limit

Nach der Kaffeepause folgt am Sonnabend nochmals eine Stunde konzentrierter Arbeit. Für keinen der Beteiligten ist es verlorene Zeit. Dafür sorgt Kantor Samuel Holzhey mit unterhaltsamen Einlagen. „Das schwerste Stück ist schon geschafft“, resümiert er vollauf zufrieden den Nachmittag. Man sei voll im Limit, lobt er.