SZ + Weißwasser
Merken

Neue Struktur für Faltenbogen-Entwicklung

Ein Zweckverband soll die Fördervereine entlasten. Wie das geht, erklärten Geopark-Experten aus Europa.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Manfred Kupetz (vorne, 4. v.r.) begleitete die Vertreter der vier transnationalen Unesco-Geoparks persönlich beim Besuchsprogramm und führte sie auch durch den Muskauer Park und das Kavaliershaus.
Manfred Kupetz (vorne, 4. v.r.) begleitete die Vertreter der vier transnationalen Unesco-Geoparks persönlich beim Besuchsprogramm und führte sie auch durch den Muskauer Park und das Kavaliershaus. © Archivfoto: Joachim Rehle

Von Sabine Larbig

Bad Muskau. Begeistert sind die Männer und Frauen aus Österreich, Irland, Ungarn, Slowenien und England vom Muskauer Park, seinem Unesco-Welterbe-Titel und vor allem davon, dass der Park im Herzen eines anderen Unesco-Titelträgers liegt: dem Geopark Muskauer Faltenbogen. Wie die Besucher auch erfuhren, soll im Kavaliershaus des Landschaftsparkes ein Bildungs- und Besucherzentrum des transnationalen deutsch-polnischen Geoparks entstehen.

Diese und andere beeindruckende Informationen erhielten die Vertreter weiterer dreier weltweit einzigartiger transnationaler Unesco-Geoparks – Marble Arch Caves ( Irland und Nordirland), Novohrad – Nógrád (Ungarn und Slowakei), Karavanke – Karawanken (Slowenien und Österreich) – die vom 16. bis 19. Oktober erstmals zu einem Vernetzungstreffen und Erfahrungsaustausch im Muskauer Faltenbogen weilten. 

Dabei absolvierten sie nicht nur ein Besichtigungsprogramm in den Parkbereichen Brandenburg, Sachsen und Polen, sondern tauschten sich auch über Erfahrungen, Strukturen, Schwerpunkte, Aktivitäten, Herausforderungen und einen neuen deutsch-belgischen Anwärter aus.

Die billigste Investition

„Das Vernetzungstreffen der transnationalen Unesco-Geoparks ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie grenzüberschreitende Kooperation konkret mit Leben erfüllt und für ähnliche Herausforderungen gemeinsam nach Lösungen gesucht werden kann“, so Brandenburgs Minister für Justiz, Europa, Verbraucherschutz, Steffen Ludwig, beim Empfang in der Chocolaterie Felicitas in Hornow. „Ich freue mich sehr, dass wir das Treffen als Europaministerium in Kooperation mit dem Förderverein Geopark Muskauer Faltenbogen e. V. ermöglichen konnten.“ Glücklich ist auch Dr. Manfred Kupetz. „Erfahrungsaustausch ist die billigste Investition“, so der Vorsitzende des Fördervereins Muskauer Faltenbogen.

1,2 Mio Euro werden bereitgestellt

Der Verein hat – in Abstimmung und Kooperation mit einem polnischen Förderverein sowie Partnern und Geldgebern in Sachsen und Brandenburg – den Hut für die strukturellen, personellen, finanziellen, kulturellen und touristischen Entwicklungen im deutschen Geopark-Areal auf. Dafür werden, laut Minister Ludwig, dem Geopark von Herbst 2019 bis Ende 2021 insgesamt 1,2 Millionen Euro im Rahmen des Sofortprogramms für den Strukturwandel in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen bereitgestellt.

Die Gelder aus dem Bundeshaushalt für Kultur und Medien sollen jedoch gezielt und regional übergreifend für die strukturelle Neuaufstellung des Geoparks sein. Ab Mitte 2020 soll die neue Struktur arbeitsfähig sein. Denn nur wenn dies gelingt, bleiben Unesco-Geopark-Titel, fachlich-personelle und finanzielle Förderung langfristig erhalten. Dies wird seit 2015 gefordert und auch bei der Überprüfung zur Titelverteidigung im Juni 2019 wiesen die Prüfer erneut eindringlich auf die Forderung des Zusammenschlusses und die Vorlage entsprechender Unterlagen bis Jahresende hin.

Was sich einfach anhört, ist durch Bundes- und Ländergrenzen und kulturell-juristische Unterschiede schwierig. Nun aber stehen die Weichen in Richtung Zukunft. Gegründet werden soll ein europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) Muskauer Faltenbogen, um die grenzüberschreitende transnationale und interregionale Zusammenarbeit der Länder, regionalen und lokalen Behörden zu erleichtern. Der EVTZ ermöglicht gemeinsame Projekte und Finanzierungen, auch den Austausch von Fachkenntnissen und eine bessere Koordinierung der Raumplanung. „All das ist bislang nicht machbar. Außerdem können künftig viel mehr Partner wie polnischer Staatsforst oder kleine Gemeinden, als stimmberechtigte Mitglieder in die Entwicklung im Geopark einbezogen werden“, so Kupetz. „Für uns als Förderverein wird zudem die Verwaltung eines Unesco-Geoparks langsam zu groß.“

Die EVTZ-Struktur sei die praktikabelste Lösung, sagt Kupetz. „Das haben wir lange, ausgiebig und juristisch prüfen lassen.“ Wie so etwas in der Praxis funktioniert, erfuhren Kupetz und Mitstreiter beim Treffen der Geopark-Macher durch die Kollegen aus dem Karawanken-Gebirgszug, die das System erfolgreich praktizieren. Noch fehlen dem künftigen Zweckverband im Muskauer Faltenbogen zwar Personal, Direktor, Finanzen. „Doch das regelt sich alles. Wichtig ist, dass bis Jahresende mit dünner Tinte eine vertragliche Regelung besteht. Sie ist die Basis für die Verpflichtungserfüllung gegenüber der Unesco und die Stabilität unserer eigenen Arbeit“, begründet Manfred Kupetz.

Dass sich die Faltenbogenlandschaft weiterentwickeln und mehr als 35.000 gezählte Besucher pro Jahr – ohne Waldeisenbahn oder Muskauer Park – anziehen wird, davon ist Kupetz überzeugt. „Schon jetzt gibt es beim Wandern oder Radfahren auf gut ausgebautem Wegenetz hervorragende Einblicke in den Formenreichtum einer eiszeitlichen Landschaft.“ Zehn Geopark-Touren zwischen Sachsen, Brandenburg und Polen stehen zur Auswahl. Verbindungen wie Brücken; Informationszentren in Nochten und Jerischke; Aussichtstürme an Felixsee und Grube Babina; aber auch Findlingspark Nochten, Waldeisenbahn Muskau, Eiszeitdorf Krauschwitz und vieles mehr lassen den Faltenbogen erleben.

Doch es gibt noch viele Visionen. Eine Erdschuppe im Kromlauer Park, sozusagen Geologie zum Anfassen, ein Dünen-Radweg bei Tuplice und ein Informationszentrum in Łęknica (Polen) und ein Informationspunkt im Bahnhof Weißwasser beispielsweise. „Der Fördermittelantrag für Weißwasser ist abgelehnt. Aber ich gehe davon aus, dass die Sache nicht tot ist, nur in der Warteschleife“, meint Kupetz. Er ist Gelassenheit, Ausdauer und Beharrlichkeit durch viele Projekte gewohnt. Daher freut ihn der Geo-Park-Büro-Umzug in die Alte Ziegelei Klein Kölzig Mitte 2020 besonders.