Schöner Wohnen im alten Gutshaus

Wer hat sich nicht schon alles die Zähne ausgebissen, an dem Herrenhaus im Neustädter Ortsteil Oberottendorf. Die Lage am ausgedehnten Park ist bestens. Das kann man vom Zustand des Hauses nicht sagen. Das Dach ist zwar saniert. Doch ansonsten braucht es wohl ein großes Maß an Vorstellungskraft, bis in das alte Gemäuer irgendwann einmal wieder Leben einziehen kann. Aber es gibt sie.
Die Stadt Neustadt hat das Anwesen jetzt an die Architektengemeinschaft MM+H GmbH um Jörg Möser in Pirna verkauft. Die Investoren wollen, nachdem noch bestehende Formalitäten abgeschlossen sind, das ehemalige Gutshaus zu einem Wohnhaus umbauen. Ein Wohnprojekt an prominenter Stelle mit Blick zum weitläufigen Park. Das allerdings wird noch eine Weile dauern. Möglicher Baustart könnte demnach im Sommer sein. Doch nach jahrelangem Bangen um die Immobilie gibt es nun Hoffnung für den ehemaligen Adelssitz.
Schon in der ehemaligen Gemeinde Hohwald galt das Herrenhaus als unbestrittener Schandfleck. Im Frühsommer im Jahr 2000 diskutierte der damalige Gemeinderat von Hohwald sogar darüber, das Anwesen bei einer Auktion versteigern zu lassen. In letzter Minute entschied man dann jedoch, das Haus in Gemeindebesitz zu belassen und selbst nach einem Käufer zu suchen. Schon damals schien das Gebäude nicht mehr zu retten. Später, nach dem Zusammenschluss von Hohwald und Neustadt, versuchte die Stadtverwaltung Neustadt das gesamte Areal mit Herrenhaus und Nebengebäuden an Interessenten zu bringen. Immerhin war es trotz seines Zustandes noch ein repräsentatives Gebäude.
Angelegt wurden Herrenhaus und Park im 18. Jahrhundert. Es war über die Sommermonate ein Erholungsort für Adlige. Das Gutshaus selbst wurde vermutlich um 1780 errichtet, zur Zeit des Rokoko.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte ein sozialistischer Betrieb das Anwesen samt Park für ein Erholungsheim kaufen. Der damalige Rat der Gemeinde lehnte das ab. Bis zur Wende wurde das Haus als Lager und für Wohnzwecke genutzt. 1992 zog der letzte Mieter aus.
Vom Haus ist nur noch eine Hülle übrig
Der lange Leerstand sowie die fehlende Instandhaltung hatten starke Spuren an der originalen Bausubstanz hinterlassen. Besonders auf der Seite Richtung Park kam es aufgrund des undichten Daches zu Wasserschäden, feuchten Decken und Wänden bis ins Erdgeschoss. Die Holzbalkendecken waren bis ins Erdgeschoss eingebrochen. Zuletzt stürzte ein maroder Schornstein ein und hatte ein großes Loch ins Dach gerissen. Zeit zum Handeln.

Die Stadt Neustadt versuchte, über Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden Studenten zu gewinnen, die sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit um das Denkmal kümmern. Denn für das Haus gab es keinerlei technische Unterlagen. Die Studentenarbeit hätte die Stadt dann als Basis für ein Sanierungs- und Nutzungskonzept verwenden können. Es gab auch bereits einen Vor-Ort-Termin. Als Neustadts Bürgermeister Peter Mühle (NfN) jedoch die Tür aufschloss, platzte der Traum einer Studentenarbeit zugleich. Das Haus konnte keiner mehr betreten. Innen war nichts mehr da, alles eingebrochen, alles kaputt.
Dabei gab es schon immer Ideen, wie man das Haus hätte nutzen oder auch retten können. Ähnlich dem Gesindehaus in Polenz hätte sich ein Verein darum kümmern können oder zahlungswillige Investoren hätten ein Landhotel mit Restaurant errichten können. Bis hin zu einer Sozialeinrichtung. Nichts dergleichen konnte umgesetzt werden.
Um das Haus zu retten, ließ die Stadt Neustadt dann im Jahr 2018 das Dach sanieren. Dabei wurde wohl auch das ganze Ausmaß der Zerstörung offenkundig. Das Haus wurde gar als einsturzgefährdet eingestuft. Ein Blick ins Innere? Unmöglich. Die Gesamtkosten für die Dachsanierung und die Sicherungsmaßnahmen am Nebengebäude beliefen sich letztlich auf rund 300.000 Euro, kofinanziert durch den Bund und das Land. 70.000 Euro trug die Stadt Neustadt selbst.
Investoren bleiben die einzigen Interessenten
Mit dem Beschluss, das Herrenhaus zu verkaufen, fließen dann auch die 70.000 Euro wieder in die Stadtkasse zurück. Das Verkehrswertgutachten für das Haus erbrachte einen Erlös in Höhe von 36.000 Euro. Dazu kommt eine weitere Teilfläche, die die Stadt Neustadt im Jahr 2016 zwangsersteigert hatte. Diese Fläche wird für 40.650 Euro verkauft. Zur Sicherung einer weiteren Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit zum Park Oberottendorf verbleibt ein etwa fünf Meter breiter Streifen entlang der nordöstlichen Grenze in kommunaler Hand. Geregelt ist auch, dass die Wege im Eigentum der Stadt und damit öffentlich begehbar bleiben. Die Investorengemeinschaft hatte schon im August 2018 ihr Kaufinteresse an dem Herrenhaus angezeigt. Im Juli letzten Jahres wurde dann der Kaufantrag gestellt. Mit der Zustimmung des Stadtrates ist der Verkauf nun perfekt.

"Wir werden jetzt Varianten erarbeiten, wie das Wohnprojekt umgesetzt werden kann. Da geht es unter anderem um die Größe der Wohnungen oder ob das Dachgeschoss mit ausgebaut wird und ähnliche Fragen", sagt Architekt Jörg Möser. Er war mit seiner Investorengemeinschaft im Übrigen auch der bislang einzige Interessent. Weitere Anfragen oder Angebote haben der Stadt Neustadt nicht vorgelegen.