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Personal-Engpass: Wie Bäckermeister Michael Tschirch das Problem löst

Michael Tschirch hatte sechs Filialen in Görlitz und Umgebung. Eine konnte er nicht halten, aber alle anderen fünf kehren nun wieder zu normalen Öffnungszeiten zurück.

Von Steffen Gerhardt
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Manuela Grohmann ist Verkäuferin in der Bäckerei Tschirch in der Kunnerwitzer Straße. Sie kann jetzt auch wieder nachmittags ihre Kunden mit Backwaren bedienen.
Manuela Grohmann ist Verkäuferin in der Bäckerei Tschirch in der Kunnerwitzer Straße. Sie kann jetzt auch wieder nachmittags ihre Kunden mit Backwaren bedienen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Michael Tschirch kann wieder lächeln. Der personelle Engpass in drei seiner fünf Filialen ist überwunden. "Ab diesem Donnerstag sind alle Fachgeschäfte nachmittags wieder offen", sagt der Bäckermeister.

Seit Oktober waren die Geschäfte in Görlitz, Kunnerwitzer Straße, und der Jesus Bäcker sowie in Rothenburg ab 13 Uhr geschlossen. Weniger Kunden bedeuten auch weniger Umsatz. Ab Donnerstag sind die beiden Filialen in Görlitz wieder bis 17.30 Uhr und die in Rothenburg bis 17 Uhr geöffnet.

Verena Förster ist Verkäuferin in der Rothenburger Filiale der Bäckerei Tschirch. Sie freut sich darauf, auch nachmittags wieder für die Kundschaft offen zu haben.
Verena Förster ist Verkäuferin in der Rothenburger Filiale der Bäckerei Tschirch. Sie freut sich darauf, auch nachmittags wieder für die Kundschaft offen zu haben. © André Schulze

Einschränkungen länger als geplant

"Dass wir diese Einschränkung bis ins neue Jahr machen mussten, war so nicht geplant. Eigentlich wollten wir zur Weihnachtszeit wieder zu unseren üblichen Zeiten öffnen", berichtet Michael Tschirch. Aber gutes Personal ist rar, das musste der Bäckermeister in den vergangenen Wochen selbst erfahren. Und auch jetzt sagt er: "Wir arbeiten mit einer schmalen Personaldecke." Stundenkräfte im Verkauf würden die weiterhin angespannte Situation entlasten. Doch noch sucht der Bäckerei-Inhaber nach ihnen.

Dass Tschirch zu den bisherigen Öffnungszeiten zurückkehren konnte, war nur möglich, in dem er sich von einer Filiale trennte. Seit diesem Jahr ist er nicht mehr im Edeka-Markt in Kodersdorf vertreten. Die Familienbäckerei Geißler aus Ostritz hat die Fläche übernommen. Für ihn ist das kein leichter Entschluss gewesen, sagt er, schließlich brachte Kodersdorf ein Sechstel seines Umsatzes.

Zwei der bisher dort tätigen Frauen sorgen jetzt in den anderen Filialen für Verstärkung. Dazu kommt die Neueinstellung einer Verkäuferin aus Bernstadt. Damit können die drei Geschäfte jetzt auch wieder nachmittags öffnen. Die Filiale im Penny Bahnhofstraße in Görlitz und das Geschäft in der Bäckerei Ober Neundorf waren von den Kürzungen nicht betroffen.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (links) schaute sich bei Michael Tschirch in dessen Jesus-Bäckerei in Görlitz um. Anlass war der Aktionstag "Licht aus" im September 2022.
Ministerpräsident Michael Kretschmer (links) schaute sich bei Michael Tschirch in dessen Jesus-Bäckerei in Görlitz um. Anlass war der Aktionstag "Licht aus" im September 2022. © Martin Schneider

Auch sonntags frische Semmeln

Mit einer Verkäuferin allein sind die Filialen in der Stadt Görlitz nicht mehr zu betreiben. Denn neben dem Verkauf der Backwaren muss auch das Imbissgeschäft abgesichert werden. Dabei hat Michael Tschirch eine größere Nachfrage an belegten Brötchen festgestellt. Und die werden frisch geschmiert und belegt. Das bindet auch Zeit. Hinzu kommt, dass die Bäckerei Tschirch eine der wenigen ist, die auch am Sonntagmorgen frische Backwaren, vor allem Semmeln, anbietet. "Das wollen wir auch beibehalten, zumindest im Penny am Bahnhof und beim Jesus Bäcker", versichert Michael Tschirch.

Entgegen dem Trend vieler Bäckereien, durch mehr Geschäfte die betriebliche Zukunft zu sichern, setzt der Ober Neundorfer Bäckermeister auf eine überschaubare Größe und widersetzt sich dem Trend der "Filialisten" im Backhandwerk. Auch dass immer mehr Bäckereien schließen, ist für Michael Tschirch keine gesunde Entwicklung. In Sachsen ist laut den Handwerkskammern die Zahl der Bäckereien in den vergangenen zehn Jahren von 1.141 auf 871 zurückgegangen. Im Kammerbezirk Dresden wurden es in den letzten drei Jahren 26 weniger.

Eine wichtige Komponente, um Bestand zu haben, ist die Lehrausbildung. Zwei Mädchen und einen jungen Mann bildet Tschirch zum Bäcker aus. Sie sind jetzt im zweiten und dritten Lehrjahr. Im vergangenen Jahr sollte ein weiterer Lehrling das Team verstärken, aber die einzige Bewerbung hielt nicht, was sie versprach.

Der Jesus Bäcker in Görlitz hatte seit Oktober nachmittags nicht mehr geöffnet. Das ändert sich ab Donnerstag wieder. Im Foto Verkäuferin Cordula Feist, die auch am Sonntagmorgen frische Semmeln anbietet.
Der Jesus Bäcker in Görlitz hatte seit Oktober nachmittags nicht mehr geöffnet. Das ändert sich ab Donnerstag wieder. Im Foto Verkäuferin Cordula Feist, die auch am Sonntagmorgen frische Semmeln anbietet. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Sohn führt Bäckerei fort

"Wir geben jedem Ausgebildeten die Chance, bei uns Geselle zu werden, aber nicht jeder nimmt das Angebot an", ist Tschirch seine Erfahrung. Die beiden jungen Leute im dritten Ausbildungsjahr wollen dabei bleiben. Das würde der Backstube personelle Sicherheit für die nächsten Jahre bringen. Insgesamt zählt die Bäckerei 40 Beschäftigte. Den Vater freut auch, dass sein Sohn in Bautzen das Backhandwerk erlernt. Perspektivisch soll er die Familienbäckerei in vierter Generation als Bäckermeister fortführen. So ist der Plan von Michael Tschirch, der in diesem Jahr 60 Jahre alt wird.