Kreis Görlitz: Wie Familien an Baugrundstücke kommen

Kodersdorf wird als Wohnstandort immer beliebter. Das mag mit der Entwicklung der Gemeinde zum Wirtschaftsstandort zu tun haben. Oder auch mit der verkehrsgünstigen Lage an der B115 und A4. Fest steht, dass seit Jahren immer wieder nach Bauland in der Kommune gefragt und deshalb jetzt der Eigenheimstandort an der Torgaer Straße entwickelt wird.
Wie sich abzeichnet, übersteigt die Nachfrage das Angebot bei Weitem. Acht Bauplätze sind in dem rund 3,2 Hektar großen Areal vorgesehen. Doch nicht nur Eigenheime sollen hier entstehen, sondern auch die neue Kita von Kodersdorf. Außerdem will die Diakonie St. Martin eine Anlage für altersgerechtes begleitetes Wohnen errichten. Seitdem bekannt ist, dass die Gemeinde den Standort mit allem Nachdruck entwickelt und - nachdem die Archäologen das Gelände im alten Jahr erkundet haben - auch die Erschließung schon begonnen hat, haben 13 Interessenten in der Verwaltung angefragt. Davon gibt es sieben positive Rückmeldungen - also ernsthafte Bauabsichten. Mit weiteren wird in den nächsten Wochen gerechnet.
Das bedeutet, dass es wahrscheinlich mehr Bewerber als Bauplätze geben wird. Schon jetzt gibt es deshalb Überlegungen, wie die Verteilung möglichst gerecht geregelt werden kann. Eine Variante wäre die Vergabe mithilfe eines Punktesystems. Auch Niesky hatte dies bereits praktiziert und im vergangenen Jahr fünf Parzellen am Sachsenweg nach diesem Prozedere verkauft.
Familien könnten bei Vergabe profitieren
Laut Barbara Giesel, Fachbereichsleiterin Technische Dienste, hat die Stadt dabei den Fokus auf junge Familien gelegt. "Wir hatten bestimmte Themen, die mit Punkten unterschiedlich gewichtet wurden." Dazu habe unter anderem der Familienstand gezählt, das Alter der Kinder, auch Personen mit Behinderung. Ebenso sei das ehrenamtliche Engagement bewertet worden - etwa die Mitgliedschaft in Vereinen oder eine Übungsleitertätigkeit. Nicht zu vergessen die Mitwirkung in der Freiwilligen Feuerwehr. "Die Kandidaten mussten den zeitlichen Aufwand dafür nachweisen." Aus allem ergab sich eine Gesamtpunktzahl. Die Interessenten mit der höchsten Bewertung standen schließlich in der Liste potenzieller Käufer ganz oben.
Niesky ist nicht die einzige Kommune, die ihre Baugrundstücke mithilfe eines Punktesystems vergeben hat. Wie das geschehen kann, ist jeder Gemeinde selbst überlassen. So können Einheimische höhere Bewertungen bekommen oder aber Zuzügler - je nachdem, auf was der Fokus der Gemeinde liegt. In Sachsen ist diese Vergabepraxis inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr. So wurden allein in Leipzig im vergangenen Jahr 50 Grundstücke über ein Punktesystem vergeben. In Mittweida hatten sich für sechs Flächen elf Bewerber gefunden. Dort musste bei Punktgleichheit zwischen mehreren Interessenten sogar das Los entscheiden.
Neben dem Auswahlverfahren könnte in Kodersdorf jedoch auch das Bieterverfahren zum Zuge kommen. Dabei hätten jene Bauherren letztlich die Nase vorn, die den höchsten Grundstückspreis bezahlen können. In Niesky kam diese Variante nicht infrage, in Kodersdorf ist sie laut Bürgermeister René Schöne ebenfalls unwahrscheinlich. Entschieden ist jedoch noch nichts. Bis zu ihrer nächsten Sitzung im März sollen sich die Gemeinderäte über das Prozedere Gedanken machen - auch darüber, welche Punkte möglicherweise hoch oder niedrig bewertet werden. "Die Erschließung des Gebietes wird voraussichtlich bis Mitte 2022 beendet sein", so Schöne. Bis dahin solle feststehen, wer dann auf den acht Parzellen sein Eigenheim bauen darf.
Wichtig wird sein, zu welchem Preis die Grundstücke veräußert werden. Auch das muss sich im Laufe der nächsten Wochen zeigen. Fest steht: Unter dem Verkehrswert abgeben wird die Gemeinde das Gelände nicht. Der Quadratmeterpreis setzt sich vielmehr aus allen Aufwendungen zusammen, die Kodersdorf leisten musste, um das Gebiet verkaufsfähig zu machen. Dazu zählen unter anderem die Planung, die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und die Berücksichtigung der eingegangenen Hinweise. Aber auch die Arbeit der Archäologen, verschiedene Gutachten und die Erschließung des Areals fallen anteilig in die Preisberechnung mit hinein.
Baugrundstücke sind in Kodersdorf rar
Die Flächen an der Torgaer Straße als Bauland zu entwickeln, hat eine lange Vorgeschichte. Schon vor drei Jahren hatte Bürgermeister René Schöne in der SZ über die Schwierigkeiten berichtet, geeignete Flächen in der Gemeinde zu finden. Diese gebe es, von wenigen Bebauungslücken abgesehen, nämlich kaum. Eine Prüfung hatte ergeben, dass auf 42 Grundstücken der Bau von Eigenheimen zwar möglich sei, diese - bis auf zwei - aus den unterschiedlichsten Gründen aber ausscheiden. Hauptsächlich stehen Eigentumsprobleme dagegen. Außerdem gibt es in der Gemeinde entlang des Weißen Schöps zahlreiche überschwemmungsgefährdete Flächen. Auch Standorte, die in Naturschutzgebieten liegen, können nicht bebaut werden. Schließlich ist an manchen Stellen im Ort auch die Lage an Autobahn und Bundesstraße wegen der Lärm- und Feinstaubbelastung problematisch.