In Niesky wird bald abgerissen

Das Stadtbild von Niesky wird bald anders aussehen. Denn in der Ödernitzer Straße steht ein Abriss an. Die Wohnungsbaugenossenschaft (Wobag) plant dort Veränderungen in einem ihrer Wohnblocks. Mit Auswirkungen, die das gesamte Karree betreffen.
Lange kursierte es in Niesky als Gerücht, nun steht es fest: Die Wobag verabschiedet sich in der Ödernitzer Straße von den Hauseingängen 14 und 14a. "Das fällt uns nicht leicht, aber wir müssen wirtschaftlich arbeiten und sehen in diesem Fall keine andere Möglichkeit", erklärt André Müller. Als Begründung hat der Vorstand Folgendes parat: "Das Gebäude steht ungünstig. Die Bedürfnisse der Mieter haben sich über die Jahre geändert. Heute will jeder mindestens einen Parkplatz haben. Den können wir in der vorliegenden Struktur nicht garantieren." Deshalb habe man sich dazu entschlossen, hier eine Fläche zu schaffen, auf der Stellplätze angeordnet werden sollen. Voraussichtlich 25 bis 30 Stück.
Handeln nötig bei Leerstand von über 50 Prozent
Hinzu kommt, dass der Bedarf an Obergeschoss-Wohnungen in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen ist. "Keiner will mehr oben wohnen. Wir müssten Häuser haben, die nur noch parterre vermietet werden. Das geht natürlich nicht. Deshalb werden wir die beiden Eingänge in der Ödernitzer Straße leerziehen", so Müller. Schon jetzt sei in diesem Bereich nur noch weniger als die Hälfte des verfügbaren Wohnraums belegt. "Wenn der Leerstand in einem Objekt über 50 Prozent beträgt, dann ist das auf Dauer nicht mehr tragbar, dann muss man handeln", erläutert der Wobag-Chef. Trotz großer Bemühungen habe die Genossenschaft keine Neumieter finden können, die bereit gewesen wären, die freien Drei- und Vierraum-Wohnungen in den oberen Etagen zu beziehen.
Der Beschluss zum Abriss der beiden Hauseingänge mit insgesamt 20 Wohnungen ist deshalb unwiderruflich. Die verbliebenen Mietparteien wurden schon vor Längerem über die Pläne informiert. Gemeinsam wird seitdem nach Lösungen gesucht, andere Wohnungen in Niesky zu finden. "Das ist natürlich sehr individuell und auch nicht immer sofort umsetzbar", erläutert André Müller. Denn viele betroffenen Mieter seien bereits 30 Jahre hier, im fortgeschrittenen Alter falle da ein Umzug nicht leicht. "Manche wollen sich bei dieser Gelegenheit aber generell verändern, streben betreutes Wohnen oder einen Platz im Pflegeheim an." Zum 31. Dezember 2021 sollen die beiden Aufgänge freigezogen sein. Der Abriss des leeren Teilgebäudes ist dann für 2022 geplant.
Wobag bezahlt Rückbau aus eigener Tasche
Fördermittel sind für den Rückbau nicht zu erwarten, stellt der Chef des Großvermieters klar. So werde man die voraussichtlichen Kosten von rund einer halben Million Euro aus Eigenmitteln stemmen. Obwohl das ein gravierender Einschnitt sei, freue er sich auch ein bisschen auf die Aktion. Denn das werde spannend. "Ich komme ja vom Bau. Und es wird bestimmt interessant zu beobachten sein, wie der große Kran vom Hof aus die riesigen Betonplatten abträgt", so Müller. Rund zwei Wochen werde der Abriss voraussichtlich dauern, die Sperrung der Ödernitzer Straße sei aber nicht vorgesehen.
Aktuell wird am notwendigen Genehmigungsverfahren gearbeitet, Experten machen sich Gedanken über den Rückbau des Fernwärmenetzes. Auch die Stadt Niesky ist in den Prozess mit einbezogen, wird möglicherweise Auflagen erteilen, kann den Abriss aber nicht verhindern.
Mehrere Abrissvarianten standen zur Auswahl
Für den standen am Anfang der Überlegungen drei Möglichkeiten zur Wahl. "Der Komplettabriss des gesamten Wohnblocks mit seinen fünf Eingängen wäre sicherlich die billigste Variante gewesen. Das hätte uns etwa 250.000 Euro gekostet. Aber damit wären uns 50 Wohnungen verlorengegangen - zu viele, denn Wohnen in Niesky ist derzeit richtig angesagt", erklärt der Wobag-Vorstand. Das sogenannte Abzonen wäre ebenfalls in Betracht gekommen. Damit ist das Herunternehmen von zwei Etagen gemeint. "Das wäre für uns ziemlich teuer gewesen, hätte uns aber keinen zusätzlichen Parkraum gebracht."
So werden 2022 also zwei komplette Hauseingänge verschwinden. Die dann notwendigen Verschönerungs- und Umbauarbeiten sind für 2023 und 2024 angedacht. Die Überlegungen, was genau gemacht wird, laufen. Auf der Freifläche entstehen neben den bis zu 30 Parkplätzen auch Flächen für Hilfsdienste, die aktuell nur sehr schwer zu ihren Klienten kommen. "Damit werden wir das Parkproblem im Wohnkomplex Ringstraße insgesamt entschärfen", ist André Müller überzeugt.