Hüft-Patienten können jetzt wieder ins Görlitzer Octamed

Wenn sich am Dienstag der Wartebereich in der Außenstelle des Rothenburger MVZ im Octamed füllt, dann geht für Patienten mit Hüft-, Knie- und anderen orthopädischen Leiden eine mehrmonatige Durststrecke zu Ende. Denn Fachärzte in diesem Bereich sind in der Neißestadt rar. In der Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen finden sich nur Dr. Sebastian Zenker in der Reichenbacher Straße und Dr. Radoslaw Nowakowski am Wilhelmsplatz. Beide Praxen sind offenbar derart überlastet, dass eine telefonische Kontaktaufnahme einem Glücksspiel gleicht. Der SZ war es jedenfalls am Montag nicht möglich, in den Praxen zu erfahren, wie sich ihre Lage durch die Wiedereröffnung im Octamed entspannen wird.
Genau vier Monate hat es gedauert, dass sich die beengten Verhältnisse im Octamed in großzügige Behandlungsräume verwandelt haben. André Maywald, Vorstand der Betreibergesellschaft Medizinische Kooperation Görlitz eG, sieht in der "Wiederaufnahme der orthopädischen Behandlungen eine enorme Bereicherung" für das Octamed. Ob dies für die Facharzt-Kollegen in Görlitz zugleich eine Entlastung sei, könne er nicht sagen. Fest stehe aber: Der Bedarf an orthopädischen Sprechstunden sei riesig. In dem 2012 eröffneten Fachärztehaus an der Carolusstraße könnten sich Patienten disziplinübergreifend behandeln lassen - nun auch wieder durch die Fachärzte des Rothenburger Orthopädiezentrums, das im Octamed seit Frühjahr 2019 eine Außenstelle seines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) betreibt. Dafür hat die Betreibergesellschaft eine sechsstellige Summe investiert.
Die seit Anfang Oktober laufende Erweiterung war laut Katrin Porsch dringend erforderlich. Durch die im Landkreis Görlitz existierende Versorgungsstruktur und die in der Orthopädie überschaubare Anzahl an Fachärzten habe es im Octamed zuletzt einen "immer größeren Patientenzustrom"gegeben, sagt sie. Katrin Porsch ist Betriebsdirektorin Krankenhaus der Diakoniestiftung in Sachsen, zu der das Orthopädiezentrum in Rothenburg gehört. Laut Ivette Tanz, die beide MVZ-Standorte leitet, wurden von drei Ärzten allein im dritten Quartal 2021 rund 1.500 Patienten behandelt.
Doppelt so viel Fläche für Orthopädie im Octamed
Die Nutzfläche hat sich von einst 102 auf nun 190 Quadratmeter nahezu verdoppelt. "Wir haben in Kooperation mit dem Vermieter eine sehr ansprechende Lösung gefunden", erzählt Katrin Porsch. Der komplette Sprechstundenbetrieb wurde umgebaut, aus einem Behandlungsraum seien zwei geworden. Hinzu komme jetzt auch noch ein Labor, in dem Blutentnahmen und Infusionen besser abgewickelt werden könnten. Und: Im Wartebereich brauchen Patienten keine Langeweile mehr zu schieben, bis der Aufruf zum Arztbesuch kommt. Denn: "Wir haben dort sehr schöne Ölbilder und Aquarelle mit Blumenmotiven der Oberlausitzer Künstlerin Susanne Täuber platziert", so Ivette Tanz. Außerdem gebe es nun eine Spielecke für Kinder und ein Zimmer mit Wickelkommode, das Muttis mit Kinderwagen problemlos aufnehmen kann, aber auch als Wartebereich für Rollstuhlfahrer geeignet ist.

Das Wichtigste jedoch: Mit der Wiedereröffnung wird die Behandlungspalette noch breiter. Bisher standen hauptsächlich Knie-, Hüft- und Schulterprobleme bei Erwachsenen auf dem Programm. Nun kommt die Kinderorthopädie hinzu. Für dieses Spektrum schickt das Martin-Ulbrich-Haus mehrere renommierte Fachärzte nach Görlitz: Dr. Marcin Karolek, Dr. Andreas Glaubitz, Dr. Jaroslaw Zalewski und Dr. Ingo Braun. Mit Dr. Mohamed Tohamy bietet ein erst im vergangenen Jahr verpflichteter Wirbelsäulenspezialist zusätzlich seine Dienste an. Abgerundet wird das Behandlungsspektrum von der Rheumatologin Birgit Eichhorst. Medizinischer Leiter ist Dr. Mathias Hellmut.
Für den Patientenstamm endet mit der Wiedereröffnung die zwischenzeitlich notwendige Fahrt nach Rothenburg. Neue Patienten sind nach der Praxiserweiterung aber ebenso willkommen. Ivette Tanz stellt jedoch klar, dass momentan eine Wartezeit von zwei bis drei Monaten zu erwarten ist.
An weitere MVZ-Außenstellen denkt das Orthopädiezentrum vorerst nicht. "Natürlich sind wir immer aufmerksam, um unseren Aktionsradius zu erweitern", erklärt Katrin Porsch. Aktuelle Entwicklungen gebe es aber nicht, berichtet die Krankenhauschefin der Diakoniestiftung in Sachsen. So dürften die Patienten im Octamed zum großen Teil auch weiterhin aus Görlitz, dem Umland und bis aus Zittau kommen, während am Stammsitz in Rothenburg überwiegend Patienten aus dem Nieskyer Raum, bis Weißwasser, Hoyerswerda und Bautzen behandelt werden.