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Extremes Durchhaltevermögen mit 64 Jahren

Der Nieskyer Rolf-Ortwin Ernst überzeugt nach wie vor mit extremen Ausdauerleistungen, jetzt auch bei einer WM.

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Sieht so ein 64-Jähriger aus? Zugegeben, das ist noch vor dem Start der Back-yard-Ultra-WM in Kandel. Aber Ralf-Ortwin Ernst ist einfach fit und bringt mit seinen Ausdauerleistungen auch viele Laufsportler zum Staunen.
Sieht so ein 64-Jähriger aus? Zugegeben, das ist noch vor dem Start der Back-yard-Ultra-WM in Kandel. Aber Ralf-Ortwin Ernst ist einfach fit und bringt mit seinen Ausdauerleistungen auch viele Laufsportler zum Staunen. © privat

Von Frank Tillig

Niesky. Wer wie Ralf-Ortwin Ernst (LSV Niesky) eine enorme physische und psychische Leistungsfähigkeit besitzt, kann sich auch noch als über 60-jähriger Senior für ein Männer-National-Team qualifizieren. Der 64-jährige Bauingenieur vertrat Deutschland in Kandel (Rheinland/Pfalz) bei der Team-WM im Backyard Ultra, wofür sich pro Team 15 „Marathonis“ qualifizieren konnten.

Backyard Ultra ist eine extreme Form des Langstreckenlaufes, wo nicht der „Schnellste“ gewinnt, sondern der Läufer, der am längsten durchhält. Ralf-Ortwin Ernst erklärt: „Zu jeder vollen Stunde wird eine neue Runde von exakt 6.706m gestartet. Nach jeder Runde hat man kurz Zeit für Erholung, Verpflegung, WC oder Massage. Pünktlich nach Ablauf der Stunde muss man auf die Sekunde in der Startbox stehen, sonst ist man raus. Das geht solange, bis nur noch ein Läufer übrig bleibt, der aber noch eine volle Runde mehr absolvieren muss“.

Vorweg und unterwegs wissen die Aktiven also nicht, wie viele Runden gelaufen werden. Schnelle Läufer können ihre Stärken nicht ausspielen, weil nach jeder Runde alles neu beginnt. Das Rennen ist praktisch unendlich und fordert neben läuferischem Vermögen vor allem mentale Stärken. Gesucht wird der „Last Man Standing“ – der am längsten Durchaltende.

Sensationelle Platzierung im Zittauer Gebirge

In Oderwitz bei Zittau hatte sich Ralf-Ortwin Ernst für die Team-WM 2022 und die Deutsche Einzelmeisterschaft 2023 qualifiziert. Er schaffte dort unglaubliche 30 Runden (oder 30 Stunden), lief also 201,18 Kilometer mit jeweils nur wenigen Minuten Pausen zwischendurch. Hinter dem lettischen Top-Favoriten Ritvars Kalnins (42 Runden/281,65km/Jahrgang 1974) und dem Augsburger Marco Möhler (41 Runden/274,95 km/Jahrgang 1987) belegte er im Zittauer Gebirge den sensationellen dritten Platz in der Gesamtwertung.

Bei der Team-WM wollte der Nieskyer diese Leistung überbieten. Aber es kam anders. „Ich hatte mich zu sehr unter Druck gesetzt, wollte alles richtig machen für das Team. Ich kam nicht richtig in meinen Rhythmus. Obwohl ich mich noch gut fühlte, war nach 25 Runden Schluss. Ich hatte mentale Probleme, der Körper hätte noch gekonnt, aber der Kopf nicht mehr“, sagte der übermüdete Nieskyer.

Dennoch: Mit seinen 167,64 Kilometer war Ralf-Ortwin Ernst unter den 15 Deutschen der Elfte. Und das als „Ältester“ des Teams und der WM. Das deutsche Team platzierte sich mit Platz 14 und 484 Runden im Mittelfeld. Team-Weltmeister wurde die USA (860), vor Belgien (788) und Australien (744).

Keine Einzelsieger in Kandel

Es gab in Kandel zwar einen neuen Weltrekord, aber keinen Einzelsieger, weil zwei Belgier nach 102 Runden „aufgaben“. Nach 102 Stunden ohne Schlaf und fast ununterbrochenem Laufen legte jeder der beiden neuen Weltrekordler unglaubliche 684,012 Kilometer zurück.

Der Nieskyer bereitet sich jetzt auf die Deutschen Einzelmeisterschaften 2023 in Braunschweig vor, wo er endlich auch in seiner Altersklasse M60 gewertet wird.