Bautzen
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Ostdeutsche fordern Lohnangleichung

Die Initiative „Wann wenn nicht jetzt“ machte am Sonnabend in Bautzen Station. Ein Thema stand dabei besonders im Fokus.

Von Carmen Schumann
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So wie mit Erika Bulang führte Philipp Rubach von der Initiative Aufbruch Ost am Sonnabend auf dem Kornmarkt viele Gespräche mit Bautzenern.
So wie mit Erika Bulang führte Philipp Rubach von der Initiative Aufbruch Ost am Sonnabend auf dem Kornmarkt viele Gespräche mit Bautzenern. © Carmen Schumann

Bautzen. Die jungen Leute von der Initiative „Aufbruch Ost“ rannten bei den Bautzenern offene Türen ein. Denn viele Menschen aus der mittleren Generation wollen gehört werden, mit ihren Erfahrungen, die sie in zwei Gesellschaftssystemen gemacht haben. „Als unparteiische Initiative wollen wir den Leuten die Möglichkeit geben, ihre Geschichte aufzuarbeiten“, sagt Philipp Rubach, der Pressesprecher der Gruppe, der rund 50 Personen angehören.

Am Sonnabend führten er und seine Mitstreiter viele Gespräche auf dem Kornmarkt. Sie betreuten einen Stand des Projektes „Wann wenn nicht jetzt“, das durch die ostdeutschen Bundesländer tourt, um auf den Marktplätzen mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Viele Bautzener schütteten den jungen Leuten, die sich in Gesprächen mit ihren Eltern und Großeltern in das Thema eingearbeitet hatten, ihr Herz aus. So auch Erika Bulang. Beruflich habe es sich für sie nach der Wende zum Besseren verändert, sagt die Selbstständige. Trotzdem ist sie der Meinung, dass es nun endlich an der Zeit ist, die Einkommen und die Renten im Osten anzupassen. Denn gerade Menschen aus ihrer Generation der Mittfünfziger hätten nach der Wende Lohneinbußen oft klaglos hingenommen, was sich nun in mageren Rentenerwartungen niederschlage. Deshalb sei es kein Wunder, wenn sich hierzulande viele benachteiligt fühlten. Das wiederum sei für die Betroffenen ein Grund, die AfD zu wählen. Der Osten werde falsch wahrgenommen. Es sei einfach falsch, alle Bautzener, Sachsen und Menschen aus dem Osten pauschal in die braune Ecke zu stellen.

Viele Zuhörer

So sei der Grundtenor der vielen Gespräche gewesen, die Philipp Rubach und seine Kollegen mit den Bautzenern führten. Sehr laut sei der Wunsch nach einer Lohnangleichung geäußert worden. Die Industrie sei zu schwach in der hiesigen Region, meinten andere. Und viele, die sich durch das Wirken der Treuhand betrogen fühlten, wünschen sich dringend eine Aufarbeitung von deren Tätigkeit.

Mit ihrem Auftreten wolle die Initiative Aufbruch Ost die Politik wieder näher zu den Menschen bringen. „Wir wollen unser Wissen weitergeben, schreiben Artikel in Zeitschriften und natürlich auch in den sozialen Medien“, sagt Philipp Rubach. „Unser Ziel ist es, dass es eine ehrliche Aufarbeitung gibt.“ – Frieda Schiller, die zusammen mit Bruno Rössel die Aktion „Wann wenn nicht jetzt“ in Bautzen organisiert hat, findet auch, dass gerade das Anliegen der Initiative „Aufbruch Ost“ den Nerv der Bautzener getroffen hatte. Die zu dem Thema gehörende Podiumsdiskussion habe viele Zuhörer gefunden. Als langjährig in der Linksjugend Engagierte habe sie registriert, dass deren Standardthemen Klima, Rassismus und Feminismus nicht bei allen Bürgern so gut ankommen, wie die Probleme, die nach der Wende im Osten entstanden sind.

„Wir als junge Generation wollen verstehen, wie die Jugend in der DDR war und wie es zu den heutigen Problemen kommen konnte“, so Frieda Schiller. Deshalb sei es für sie sehr spannend gewesen, was die Bautzener Gleichstellungsbeauftragte Andrea Spee-Keller über ihre Jugendzeit zu berichten hatte. Das Ziel der Gespräche mit allen Interessierten sei es nicht gewesen, jemanden seine eigene Meinung aufzuzwingen, sondern auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, so die Organisatorin.