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Historie: Das blutige Ende der Burggrafschaft Dohna

„Da schlug der Jeschke dem Körbitz aufs Maul“ - Was mit einer handfesten Prügelei begann, war der Anfang des Endes der Burggrafschaft Dohna.

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Der Burgberg bei Dohna zeugt mit seiner beachtlichen Fläche noch heute vom 			Ausmaß der einstigen Burg. Die Gebäude aus dem 19. Jahrhundert werden von 			einer freikirchlichen Gemeinde genutzt.
Der Burgberg bei Dohna zeugt mit seiner beachtlichen Fläche noch heute vom Ausmaß der einstigen Burg. Die Gebäude aus dem 19. Jahrhundert werden von einer freikirchlichen Gemeinde genutzt. © Matthias Schildbach

Von Matthias Schildbach

Es sollte ein anregender Abend werden, unten in Dresden, denn der Markgraf hatte zum Tanz geladen. Der regionale Adel traf sich, um zu feiern, zu tanzen und zu schlemmen – und ganz nebenbei Lokalpolitik zu betreiben. Doch alte Rivalitäten und Konflikte traten mit einem Mal wieder zutage, als der Burggraf Jeschke von Dohna mit der vom Ritter Hans von Körbitz Angebeteten zu arg flirtete. Ritter Körbitz „schlugk dem jungen her Jeschken ein beyn under uff dem tanzhawse zu Dresden, do slugk her Jeschko Korbs uffs mawl“, so berichtet es unverblümt ein chronischer Bericht aus dem 16. Jahrhundert.

Was scheinbar mit einer handfesten Prügelei begann, war der Anfang einer jahrzehntelangen Fehde, die für eine Seite der Streithähne sehr teuer wurde.

Seit dem 11. Jahrhundert hatte sich auf dem Burgberg über der Müglitz eine mächtige Burggrafschaft etabliert. Bereits 1040 wurde die Burg Dohna erstmal erwähnt. Das kleine Territorium war anfangs nicht etwa Vasall des Meißner Burggrafen oder des böhmischen Königs, nein, es war eine völlig eigenständige Herrschaft, die reichsunmittelbar dem Kaiser unterstand.

Erst später, 1117, gelangte Dohna unter die böhmische Oberhoheit. Aufgabe der Burg war die Überwachung der wichtigen Heeres- und Handelsstraße zwischen Meißen und Prag. Und zu missionieren, denn die Deutschen waren noch nicht lange im heidnischen Sorbengebiet ansässig und wollten das fremde Volk peu à peu assimilieren.

Unter den „Donins“, wie die Burggrafenfamilie seit alters her genannt wird, wuchs die Burg zu einer stattlichen Doppelburganlage heran. Leider existiert keine bildliche Darstellung der Burg, doch ein Wandgemälde, das einst im „Pfeiferschen Gute“ in Gorknitz existierte und ziemlich wahrheitsgetreu die Burg aufgrund damaliger noch vorhandener Burgreste rekonstruierte, diente immer wieder als Vorlage für neuerliche Zeichnungen der Burg Dohna. Das Wandbild verschwand im Jahre 1760, als das Gut restlos niederbrannte.

Der Burgberg mit dem Schießhaus 1828, nach dem Motiv einer Schießscheibe fürs Vogelschießen. Ein massiver ruinöser Turm ist neben dem Schießhaus zu erkennen, der später in seiner heutigen Form neu errichtet wurde.
Der Burgberg mit dem Schießhaus 1828, nach dem Motiv einer Schießscheibe fürs Vogelschießen. Ein massiver ruinöser Turm ist neben dem Schießhaus zu erkennen, der später in seiner heutigen Form neu errichtet wurde. © Stadtmuseum Dohna, Repro: Matthi

Das Gebiet der einstigen Burggrafschaft Dohna umfasste in etwa das Gebiet zwischen dem Lockwitzbach und der Gottleuba, langte im Süden bis zu den Gebietsschaften Glashütte und Liebschaft heran und hatte „Außenterritorien“ wie die Burgen Rabenau, Dippoldiswalde, Thrun bei Pesterwitz und Höckendorf. Die Donins waren treue Vasallen ihrer böhmischen Könige. Mit den Meißner Markgrafen, die sprichwörtlich vor ihrer Haustür residierten, hatten die Donins jedoch immer wieder kleinere Konflikte.

Körbitz glückt der Überfall auf die Burganlage

Was sich aber ab 1385 anbahnte, spottete jeder Beschreibung. Noch im selben Jahr überfiel der Ritter Hans von Körbitz die Burg Dohna, und es scheint einem Wunder gleich, dass er in die Doppelburg eindringen konnte. Was die Mauern jedoch nicht aufhalten konnten, waren List und Tücke.

Der Burggraf Jeschke von Dohna soll sich auf einen Turm gerettet haben, während sein Bruder und sein Vater, der Burggraf Senior, verschleppt wurden. Der Bruder kam alsbald wieder frei, doch der Vater verstarb in der Gefangenschaft. Die Fronten verhärteten sich und jede Partei der Streithähne scharte Helfer und Verbündete um sich. Auch in der großen Politik „kriselte“ es, der Markgraf von Meißen und der Böhmenkönig hatten sich wegen Grenzstreitigkeiten fortlaufend in den Haaren. 1391 wurde dann mal ein Waffenstillstandsvertrag geschlossen. Doch wenige Jahre später war es schon wieder vorbei mit den freundlichen Worten, ab 1399 rechnete der Meißner Markgraf sich wieder offiziell zu den Feinden des Böhmenkönigs.

Und so begann der Markgraf auch, den unliebsamen Burggraf von Dohna zu bedrängen: 1399 besetzte er die Dohnaer Außenterritorien Rabenau und Dippoldiswalde. Im März 1401 schlossen Jeschke von Dohna und der Markgraf Wilhelm I. Von Meißen einen befristeten Waffenstillstand. Es muss also tüchtig gekracht haben im Vorfeld. Mit der Begründung, dass die Burggrafen von Dohna den Landfrieden bedrohten und die Straßen verunsichert hätten, holte die markgräfliche Streitmacht zum finalen Schlag aus.

Die Chroniken berichten: Der Markgraf ließ „dy brugke an der Molta by dem Luge uben den tieggen grund nyderwerffen, das dy wagen dy strosse vor Donyn nicht mehr mochtn gefaren, und legette dy strose uff Pirna und besatzte Heydenaw kegen Donen umb der strasin wille … Dornach besatzte er auch Maxen und tryben rewterspyll. Do ward her Mawl von Donyn in der Fichte erschossin, das ist ewer gnaden hamer eyne, und der ander von Donyn zu Bergkhartswalde, dovon dy power noch ein ly syngen umb Donen“.

Was sich etwas gestelzt lesen lässt, erhellt doch ganz klar, wie den Donins der Garaus gemacht wurde. Die wichtige Fahrbrücke über den damals viel mehr Wasser führenden Maltegraben zwischen Luga und Lockwitz wurde niedergerissen. Das hatte gravierende Folgen, mussten der Handelsverkehr nun über Heidenau auf das böhmische Pirna ausweichen. In Heidenau jedoch lagerte das markgräfliche Heer, das den Handel damit völlig zum Erliegen brachte. Die High Society des Markgrafen ließ sich derweil in der Burg Maxen nieder, feierte, prasste und amüsierte sich mit Reiterspielen. Der Bruder des Jeschke von Dohna, Otto Mul wurde beim Hammergut Fichte bei Gottleuba getötet.

Wahrscheinlich begann im Spätsommer 1401 die Belagerung der Burg Dohna. Wahrscheinlich fällt in diese Zeit der Tod des nächsten Bruders Jeschke von Dohna, Jan von Donin, bei Burkhardswalde. War es ihm gelungen, aus der belagerten Burg zu entkommen – und dann stellten ihn seine Häscher doch? Mit seinem Tod wird ein 1988 bei Pflügearbeiten wiedergefundenes Steinkreuz in Verbindung gebracht, das jahrhundertelang an der Wegkreuzung der ehemaligen Wege Meusegast/Weesenstein und Burkhardswalde/Dohna gestanden haben muss. Heute befindet es sich in der Dauerausstellung des Schlosses Weesenstein. Steinkreuze sollten den Reisenden zu einer Seelenandacht für den Getöteten anhalten.

Der Burgberg mit dem Schießhaus 1868 und dem neu errichteten Turm, der vierzig Jahre zuvor noch eine Ruine aus dem 15. Jahrhundert war.
Der Burgberg mit dem Schießhaus 1868 und dem neu errichteten Turm, der vierzig Jahre zuvor noch eine Ruine aus dem 15. Jahrhundert war. © Stadtmuseum Dohna, Repro: Matthi

Ein weiteres Steinkreuz existiert, das unmittelbar mit dem Ende der Burg Dohna zu tun hat: das sogenannte Jonas-Kreuz in Dresden-Klotzsche. In alten Zeiten war noch ein kleiner Dolch oder ein Kreuz zu erkennen. Die Inschrift „FIN MILIT IONAS DAN 1402“ bedeutet, dass 1402 hier ein Krieger namens Jonas Daniel getötet wurde. Und der ist kein Unbekannter.

Während Jeschke von Dohna von der belagerten Stammburg erst nach Weesenstein, dann auf den Königstein auswich, hatte sein getreuer Jonas Daniel den Auftrag, die Kinder des Burggrafen, Wenzel und Margaretha, nach Königsbrück zu Verwandten zu evakuieren. Der Trupp kam bis über Dresden hinaus und geriet dann in den Wäldern der Dresdner Heide in einen Hinterhalt. Jonas Daniel soll sich mit anderen Begleitern gegen die Angreifer gestürzt haben, während einer der Reiter den Auftrag erhielt, die Kinder sicher an ihr Ziel zu bringen. Es soll auch gelungen sein, während ein Suchtrupp am nächsten Tag Jonas Daniel tot am Ort des Kampfes vorfand.

Wenige Überreste der Burg Dohna noch erhalten

Im Juni 1402 wurde die Burg Dohna gestürmt. Ein Leipziger Bürger namens Durckschuh, der seinen Kriegsdienst im Heer des Markgrafen versah, soll der Erste gewesen sein, der die Burganlage betrat. In den folgenden Jahren wurde sie geschliffen, die Gebäude kontrolliert zerstört und die Burg als solche nachhaltig unbrauchbar gemacht. Das Territorium der Burggrafschaft ging gänzlich im Markgraftum Meißen auf. Immerhin hatten die Dohnaer Burggrafen es geschafft, sich über dreieinhalb Jahrhunderte gegen die mächtigen Nachbarmächte zu behaupten.

Jeschke von Dohna wurde vom Böhmenkönig Wenzel zum Hauptmann des Königsteins ernannt. Doch sein neues Amt schien ihm keinen Halt gegeben zu haben. Ein Jahr später findet er sich in den Diensten des ungarischen Königs Sigismund in Ofen, dem heutigen Budapest, wieder. Als Landfriedensbrecher verurteilt, wird er im Dezember 1403 enthauptet. Die näheren Umstände sind verwirrend und lückenhaft, wahrscheinlich hatte Jeschke von Dohna bei den höchsten Intrigen der Königshöfe seine Hände mit im Spiel. Sein Bruder Otto Heyde III., der letzte Überlebende der Burggrafenbrüder, starb 1415 in Prag.

Das Adelsgeschlecht derer von Dohna hat sich jedoch gehalten. Im Laufe der Jahrhunderte ließen sie sich an neuen Orten nieder und bildeten weitverzweigte Linien. Einige berühmte Nachfahren des Jeschke sind beispielsweise Christoph Delficus Burggraf und Graf von Dohna-Calwinden (1628-1668), General und Diplomat in Schwedens Diensten sowie Begründer des schwedischen Familienzweiges, Alexander Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten (1771-1831), preußischer Staatsmann und Innenminister, oder Heinrich Graf zu Dohna-Schlobitten (1892-1944), deutscher Generalmajor und Mitverschwörer des 20. Juli 1944.

Der Burgberg von Dohna indes zeigt nur noch wenige Mauerreste der Burganlage. Die heute existierenden Gebäude auf dem ehemaligen Burgberg sind Bauten nachfolgender Jahrhunderte.