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Pirna: Gastwirte warten noch auf den großen Ansturm

Schlecht ist die Stimmung in der Gastroszene nicht. Aber dennoch hat die Branche Sorgen.

Von Mareike Huisinga
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Gerd Rothländer ist Inhaber der Weißen Taube in Pirna. Er traut sich nicht, derzeit mehr Personal einzustellen, sondern wartet zunächst den Herbst ab.
Gerd Rothländer ist Inhaber der Weißen Taube in Pirna. Er traut sich nicht, derzeit mehr Personal einzustellen, sondern wartet zunächst den Herbst ab. © Karl-Ludwig Oberthür

Stürmische Zeiten liegen hinter und offenbar noch vor der Gastroszene. Zwar ist Corona jetzt erstmal durch, die Einschränkungen wurden größtenteils aufgehoben, doch die Zahlen steigen bereits wieder. Was kommt als Nächstes, fragt man sich. Personalmangel ist bereits seit Langem ein Thema. Hart getroffen ist die Branche auch durch den Ukrainekrieg. Stichworte sind hier höhere Energie- und Lebensmittelpreise. Einige Gastwirte haben deshalb bereits die Preise auf der Speisekarte erhöht. Kommen trotzdem die Gäste? Wie ist die generelle Stimmung? Sächsische.de fragte in Pirna nach.

Landgang hofft auf Touristen

Klagen will Tino Wunderlich, Chef von dem Fischrestaurant Landgang gleich gegenüber dem Pirnaer Fähranleger, nicht. "Mit Blick auf die Gesamtumstände können wir zufrieden sein. Es fehlen allerdings, nach meinem Dafürhalten, Gäste in der Stadt, insbesondere von weiter her. Die starke Hitze ist leider auch keine Hilfe." Besonders die Touristen vermisst er.

Nach Euphorie klingt das nicht. Aber trotzdem seien die Wochenenden und Abende in dem Lokal regelmäßig gut ausgelastet, so Wunderlich. Zwar gebe es keine Einschränkungen aufgrund von Corona mehr, dennoch herrsche große Ungewissheit, weswegen spürbar viele Menschen den Aufenthalt in großen Runden mieden.

Das Lokal hat die Preise nicht pauschal erhöht. "Wir überarbeiten aber unsere Karte mindestens zweimal jährlich und haben einzelne Fischgerichte erhöht, auch, weil zum Beispiel der Preis von frischem Lachs durch die Decke gegangen ist. Ein Umstieg auf Tiefkühlware, nur um den Preis zu halten, kommt dabei nicht infrage", erklärt Wunderlich. Das Restaurant kämpfe derzeit mit einem starken Personalmangel. "Es darf eigentlich niemand ausfallen. Auch darum nehme ich Corona durchaus ernst. Es wäre auch eine Katastrophe, einen Koch wegen des Verlustes seines Geschmackssinns zu verlieren", meint Wunderlich. Generell empfinde er die Gastroszene in Pirna als sehr attraktiv. "Die angespannte Personalsituation zwingt uns nur, mit unseren Kräften maximal sorgsam umzugehen. Dadurch wird es leider schwer, spät abends noch irgendwas zum Einkehren zu finden", hat der Unternehmer bereits beobachtet.

Wirt der Weißen Taube muss selber mit ran

Nicht wegzudenken aus der Pirnaer Gastroszene ist Gerd Rothländer, der seit vielen Jahren das Restaurant Weiße Taube in Zatzschke führt. "Noch haben wir die Preise nicht angehoben", sagt der 77-Jährige. Man wolle erst mal die Erhöhung des Mindestlohnes im Herbst abwarten. Generell kämen mittags weniger Gäste, was vermutlich aber auch an der Hitze liegen würde. "Dafür ist dann unser Biergarten in den Abendstunden sehr gut besucht", meint Rothländer. Personalmäßig sei die Taube derzeit nicht so gut aufgestellt. Aber vor weiteren Einstellungen scheut sich Rothländer, auch aufgrund des schön angesprochenen Mindestlohns. Momentan hat er drei Festangestellte. "Wir behelfen uns mit Pauschalkräften und in den Ferien dann auch mit Schülern", sagt der Restaurantchef. Das heißt aber auch, er selber und seine Lebensgefährtin müssen mit ran. "Und wenn man dann einen halben Tag durch den Biergarten gerannt ist, ist man in unserem Alter auch fertig", meint Rothländer.

Marcus Galle von der Schloßschänke in Pirna lädt zum kühlen Bier ein. Außerdem betreibt er das Restaurant Canaletto in der Pirnaer Altstadt.
Marcus Galle von der Schloßschänke in Pirna lädt zum kühlen Bier ein. Außerdem betreibt er das Restaurant Canaletto in der Pirnaer Altstadt. © Daniel Schäfer

Trotz Preiserhöhung: Gäste besuchen Restaurant Canaletto

Marcus Galle ist der Chef des Restaurant Canaletto und der Schloßschänke in Pirna. "Die Gäste sind erleichtert und froh, dass es jetzt keine Einschränkungen mehr wegen Corona gibt. Das merkt man ganz deutlich", sagt er. Nur noch ganz wenige Besucher seiner Lokale tragen eine Maske. Viele genießen es, dass sie jetzt unbeschwert spontan einen Kaffee oder ein Bier trinken könnten. Dabei muss der Gast in seinen Betrieben allerdings etwas tiefer in die Tasche greifen. Galle und sein Team haben die Preise angehoben. "Alleine die Logistikbranche, also die Anlieferer, haben die Preise erhöht", begründet er diese Maßnahme. Die Summe für den Fettabscheider sei im Vergleich zum Vorjahr um 105 Prozent gestiegen. "Das können wir als Unternehmen nicht deckeln", betont Galle und hat deshalb die Preise für Speisen und Getränke um fünf bis zehn Prozent erhöht. Dennoch kämen die Gäste. Außerdem hofft der Pirnaer Unternehmer jetzt auf einen zusätzlichen Schub durch die Touristen, die in den Ferien die Sächsische Schweiz besuchen werden.

Dehoga-Chef: Preise müssen angepasst werden

Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat eine eindeutige Meinung zu dem Thema Preiserhöhung. "Die Preise müssen natürlich an die aktuelle Situation angepasst werden. Das heißt aber nicht nur Preise anpassen, sondern auch neu zu kalkulieren und eventuell das Angebot umstellen, um sich einmal mehr auf die Gäste oder eine bestimmte Zielgruppe einzustellen", sagt Axel Klein, Hauptgeschäftsführer von Dehoga Sachsen. Er ist sich sicher, dass jeder Unternehmer seine Kunden selbst am besten einschätzen könne. Natürlich müsse auch mit der Ressource Personal schärfer kalkuliert werden. "Zeiten ohne Umsatz, so zum Beispiel die berühmte letzte Stunde mit nur einem Bier und Einzelbetreuung wird nicht mehr umsetzbar sein", meint Klein. Er ist überzeugt davon, dass angepasste Preise auch eine Frage der Wertschätzung gegenüber der Leistung seien.