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"Die Bibliothek ist ein Ort der Begegnung"

Seit Juni leitet Simone Simpson die Pirnaer Stadtbücherei. Sie will nicht alles umkrempeln, hat aber interessante neue Formate im Kopf.

Von Mareike Huisinga
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Simone Simpson leitet seit Juni die Stadtbücherei in Pirna.
Simone Simpson leitet seit Juni die Stadtbücherei in Pirna. © privat

Ein neues Gesicht in Pirna: Seit Juni hat die Stadtbibliothek eine neue Leiterin, nämlich Simone Simpson. Ihre Vorgängerin, Frau Langmann, war ab 1997 Leiterin der Stadtbibliothek. 2018 verließ sie das Unternehmen und suchte neue Herausforderungen bei den städtischen Bibliotheken Dresden. Ab Februar 2019 wurde die Doppelspitze Frau Marzahn, Frau List aus den eigenen Reihen rekrutiert. "Nach dem Ausscheiden von Frau List im November 2020 wurde schließlich wieder eine externe Besetzung für den Leitungsposten gesucht", erklärt Christian Schmidt-Doll von der Kultur- und Tourismusgesellschaft Pirna (KTP).

Simone Simpson ist Jahrgang 1963, sie studierte Bibliothekswesen, Kunstgeschichte, Geschichte und Slavistik in Leipzig und Dresden. 2006 promovierte sie an der TU Dresden im Fach Geschichte und war als Bibliothekarin an der Sächsischen Landesbibliothek (SLB) und späteren Sächsischen Landes-, Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) in unterschiedlichen Aufgabenfeldern tätig. Später arbeitete sie als Bibliothekarin und wissenschaftliche Assistentin an der Kunstbibliothek der Staatlichen Kunstsammlungen. Ihre letzte Station vor dem Wechsel nach Pirna war seit 2014 die Leitung der Spezialbibliothek des Deutschen Historischen Instituts Warschau der Max Weber Stiftung - Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland.

Mit Sächsische.de sprach die neue Bibliotheksleiterin über ihre Aufgaben und darüber, welche neue Formate sie gerne einführen möchte. Dabei hat sie besonders eine Zielgruppe im Kopf.

Frau Simpson, warum haben Sie sich für die Stelle der Leiterin Stadtbibliothek in Pirna beworben?

Ich denke, die öffentlichen Bibliotheken stehen vor neuen Herausforderungen. Sie müssen einerseits im Zuge des digitalen Wandels neue Medien und Wege anbieten, andererseits sind sie aber auch ein Ort der Begegnung für Menschen, die hier zusammenkommen. Diese Aufgabe im Team zu meistern, hat mich ungemein gereizt.

Ist Pirna für Sie Neuland?

Nein, ich wurde in Dresden geboren und bin somit mit der Region gut vertraut. Früher haben wir oft mit der Familie Wanderungen in der Sächsischen Schweiz unternommen und waren Skilaufen in dem Osterzgebirge. Im Rahmen eines Malerweg-Tages hatte ich vor einigen Jahren eine Führung in Stadt Wehlen über die Künstler der Moderne angeboten. Und als junge Erwachsene nahm ich an einem Zeichenkurs des Künstlers Klaus Drechsler in Pirna teil.

Was mögen Sie an Pirna besonders?

Ich weiß um Pirnas kunsthistorische Bedeutung und freue mich, in dem historischen Altstadtensemble arbeiten zu dürfen. Ganz besonders fasziniert mich das Bürgerhaus, das die Bibliothek beherbergt. Hier entdecke ich jedes Mal ein neues architektonisches Detail: Schriftzüge, Wandmalereien, Deckenauszierungen, historische Giebel, die vom Leben in früheren Jahrhunderten zeugen. Meinen Lieblingsplatz habe ich auch schon gefunden: die barocke Tür mit der schönen Raumflucht im ersten Obergeschoss. Ich weiß aber auch, dass zu NS-Zeiten Menschen auf dem Sonnenstein getötet worden sind, wie zum Beispiel die Malerin Elfriede Lohse-Wächtler.

Zurück zur Bibliothek. Die Stadtbibliothek hat bereits mehrere sehr erfolgreiche Formate etabliert, wie zum Beispiel die Kriminacht. Haben Sie weitere Ideen?

Zunächst möchte ich auf das Altbewährte setzen. Aber ich würde gerne das Angebot, das bisher Kinder und Jugendliche fokussiert, erweitern und habe dabei besonders die älteren Menschen als Zielgruppe im Kopf. Ganz konkret würde ich gerne ein moderiertes Erzählcafé etablieren, wo ältere Menschen zusammenkommen und von ihrer Lebensgeschichte erzählen. Viele haben noch den Zweiten Weltkrieg erlebt, einige mussten fliehen. Auch die politische Wende war ein Umbruch in der Biografie der Senioren. Sie sind quasi Zeitzeugen und haben viel zu berichten. Außerdem kann ich mir vorstellen, Lesepatenschaften zwischen älteren und jüngeren Menschen ins Leben zu rufen. Entweder, dass die Älteren vorlesen, oder umgekehrt. Davon profitieren beide Gruppen. Bei den älteren Menschen kann diese Patenschaft einer Vereinsamung vorbeugen, und die Jüngeren greifen dadurch vielleicht mal wieder öfter zum Buch als zum Handy.

Und Ihre dritte neue Idee?

Ich würde gerne einen Literaturzirkel in der Stadtbücherei etablieren, bei dem Leser ein Buch vorstellen, über das dann diskutiert wird. Die Bibliothek eben als Ort der Begegnung!

Eine persönliche Frage: Was lesen Sie am liebsten?

Ich lese sehr vielfältig und mache immer wieder neue Entdeckungen in der Welt der Literatur. Sehr gefallen mir beispielsweise die Werke der Autoren Sándor Márai und Haruki Murakami. Aber auch der Roman von Dörte Hansen "Altes Land" hat mich fasziniert.

Wenn Sie nicht in der Bücherei arbeiten oder zum Buch greifen, welche weiteren Hobbys haben Sie?

Ich bin viel in der Natur unterwegs. Ich wandere gerne und fahre viel Rad. Aber ich bin auch kreativ und zwar von der Keramik bis zur Schmuckgestaltung.