Nach verlorenem Schmuck darf man auch die Suche gehen. Auf alle anderen Funde hält der Freistaat die Hand drauf und kommt schon mal zur Hausdurchsuchung.
Sich einen Metalldetektor kaufen, das darf man. Doch was darf man damit wo suchen? Den verlorenen Ehering, eine Kette oder ein Armband? Und was, wenn man dabei etwas ganz anderes findet? Dr. Ingo Kraft ist Referatsleiter im Landesamt für Archäologie und sagt, was unter welchen Voraussetzungen erlaubt ist und wann man sich Ärger einhandelt.
Haben Sie oder jemand aus Ihrer Familie schon mal ein Schmuckstück verloren, Herr Kraft?
Natürlich, das passiert ja häufiger, als man denkt.
Und haben Sie das gute Stück wiedergefunden?
Nein, wie wohl bei den meisten.
Jemanden mit einer Metallsonde zu engagieren, ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen?
Seit ich hier in Sachsen bin, weiß ich, dass das hier nicht so einfach ist. Auf jeden Fall würde ich mich absichern, was erlaubt ist und was nicht.
Das wissen Sie ja selbst am besten...
Das ist eigentlich ganz einfach: Wenn ich meinen Ehering zum Beispiel auf der Bobbahn in Altenberg verloren habe, ist es kein Problem, wenn da jemand mit der Sonde beim Suchen behilflich ist. Aber irgendwo in der freien Landschaft sieht das schon ganz anders aus.
Warum?
Weil Funde, die entdeckt werden, in Sachsen dem „Großen Schatzregal“ unterliegen und gemeldet und abgegeben werden müssen.
Das heißt?
Als Beispiel: Wenn ich am Ackerrand, wo sich ein bronzezeitliches Hügelgräberfeld befindet, mit der Metallsonde ein Ringlein finde und es ausgrabe, ist nicht nur das Ringlein weg, sondern die schützenswerte archäologische Gesamtsituation zerstört, der ich jetzt einen wichtigen Fund entnommen habe. Der Sondengänger kann ja nicht automatisch von dem Gräberfeld etwas wissen, das er mit seinem Ausgraben nun massiv zerstört hat.
Das kann ja aber auch passieren, wenn er eine Genehmigung hat...
Eben nicht. Die lizensierten Sondler, also die mit einer Genehmigung, teilen dem zuständigen Archäologen vorher mit, wo sie sondeln, und schicken einen Plan. Ich überprüfe als zuständiger Archäologe das angemeldete Suchgebiet und würde in diesem Fall der Person sagen, dass sie im Bereich des vom Pflug verschliffenen Gräberfeldes nicht sondeln gehen soll, in einem gewissen Abstand dazu könne sie suchen.
Stichwort Genehmigung. Wie kommt man dazu?
Das ist relativ einfach. Man schreibt uns, wer man ist und dass man Interesse hat. Daraufhin wird man zu einem Gespräch eingeladen. Es ist uns wichtig, die Person persönlich kennenzulernen. Außerdem wird das kleine polizeiliche Führungszeugnis gefordert, das ohne Eintragungen sein soll. Nach dem Gespräch folgt ein Termin für die Schulung im Freien. Die ist an einem Sonnabendnachmittag und kostenlos. Danach erhält man das Zertifikat, das für ein Jahr gültig ist.
Was ist nach einem Jahr?
Dann kann man es verlängern lassen. Das erfolgt auf Antrag vor Ablauf des Jahres. Man kann auch mal pausieren. Eine nochmalige Schulung ist dann nicht notwendig. Voriges Jahr gab es in Sachsen 153 lizensierte Sondengänger, davon 15 Männer und eine Frau im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. In ganz Sachsen sind es neun Frauen.
Wenn ich nun also mit amtlicher Genehmigung auf die Suche gehe, kann ich ja trotzdem nicht einfach was finden und es behalten.
Kronenkorken, Flaschendeckel und Münzen so ab dem Ersten Weltkrieg brauchen wir nicht. Dieser Zivilisationsmüll kann entsorgt oder behalten werden. Alles andere ist zu sammeln und in Formblätter mit Ort und Zeit des Fundes einzutragen.
Das schauen wir uns erst einmal an. Die meisten Sondengänger sammeln ihre Funde und kommen dann irgendwann zum Beispiel mit einem vollen Schuhkarton zu uns.
Wie viel davon behalten Sie bzw. der Freistaat?
Im Schnitt ein Drittel oder die Hälfte.
Was sind dabei besonders wertvolle Funde?
Ein Beispiel: Im Bereich des Kulmer Steiges hatte ein Sondengeher eine bronzezeitliche Lanzenspitze und den Teil einer Messerklinge gefunden sowie Fragmente von Armringen entdeckt. Das sind für uns natürlich hochspannende archäologische Dinge, die wissenschaftlich ausgewertet werden können. Sie erzählen uns etwas über die bronzezeitliche Besiedlung Sachsens, über Wander- und Händlerbewegungen.
Wusste der Sondler da, was er gefunden hatte?
Viele sind schon richtige Fachleute und machen das ja auch aus geschichtlichem, archäologischem Interesse. In dem Falle wusste der Finder, was die Spitze bedeutet. Für uns sind die legalen Sondengänger wichtig, weil sie ein viel größeres Gebiet ablaufen als wir es jemals könnten und wir uns mit den Funden beschäftigen können, die viel Aufschluss über historische Ereignisse und Zusammenhänge geben können.
Wichtig aber ist auch, selbst mit unserer Genehmigung kann man nicht überall sondeln. Voraussetzung ist immer die Absprache mit dem Grundstückseigentümer, wobei am Ende alles, was an Wichtigem und Wertvollem gefunden wird und sich nicht im Eigentum des Finders befindet, wie gesagt, dem Freistaat gehört. Neben dem Eigentümer können zum Beispiel Naturschutzbelange wichtig sein, wie Brutstellen des Schwarzstorches und dergleichen. Munitionsfunde, Bomben sind ohnehin sofort der Polizei zu melden.
Wenn ich ohne Erlaubnis suche und finde, mache ich mich strafbar. Auch wenn es Nachbars Ehering ist. Richtig?
Im Prinzip ja, bis auf das Beispiel auf der Bobbahn oder auch am Badesee. Wir zeigen jedes Vergehen, das uns bekannt wird, an. Das sind einige im Jahr, Tendenz steigend. Die Dunkelziffer wird leider recht groß sein. Wir sind aber nicht daran interessiert, wie ein Zerberus zu wüten, sondern versuchen immer erst ein Gespräch zu führen, es gütlich zu klären und ziehen dann, wenn Unkenntnis oder Einsicht vorliegt, auch Klagen zurück.
Welche Strafen drohen?
Ich kann nicht sagen, welche Strafen die Gerichte verhängen. Doch es kann sehr prekär und höchst unangenehm werden. Das Landeskriminalamt führt Hausdurchsuchungen durch. Wir waren als Sachverständige schon häufiger dabei. Das sind auch für mich keine schönen Erfahrungen, wenn man morgens um sechs bei Leuten in der Wohnung steht und dann vom Keller bis zum Dach alles durchsucht wird.