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OB-Wahl Pirna: Fünf Gründe für den Sieg des AfD-Kandidaten

Der Tischlermeister Tim Lochner zieht für sieben Jahre als Oberbürgermeister ins Pirnaer Rathaus ein. Seine Wahl wurde von mehreren Faktoren begünstigt. Das sind sie.

Von Domokos Szabó
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In der zweiten Wahlrunde reichte Tim Lochner eine einfache Mehrheit der Stimmen, um Oberbürgermeister zu werden.
In der zweiten Wahlrunde reichte Tim Lochner eine einfache Mehrheit der Stimmen, um Oberbürgermeister zu werden. © Die Mehrwertmacher GmbH

Ganz Deutschland schaut in diesen Tagen medial auf Pirna – zum ersten Mal ist ein Kandidat der AfD Oberbürgermeister geworden. Tim Lochner bekam 38,5 Prozent im zweiten Wahlgang und ist damit für sieben Jahre gewählt. Wie kam es zu diesem Wahlsieg?

Hier fünf Gründe zur Einordnung:

Erstens. Die Wahlbeteiligung war recht niedrig. Jeder zweite Wahlberechtigte blieb zu Hause oder hatte etwas anderes vor. Der dritte Advent schlug Pirnas Zukunft. Zwar sind gut 1.000 Menschen mehr wählen gegangen, aber bei fast 32.000 Wahlberechtigten macht das keine Masse. Allgemein schaffen es radikale Parteien besser, ihre Anhänger zu mobilisieren. Auch dürften nach dem Rückzieher von André Liebscher (Einzelbewerber) manche seiner Wähler zu Lochner gegangen sein. Der bekam beim zweiten Wahlgang 1.300 Stimmen mehr.

Zweitens. Der Zweitplatzierte vom ersten Wahlgang, Ralf Thiele (Freie Wähler), und die Drittplatzierte Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) hielten an ihrer Bewerbung fest – hätte es nur einen Konkurrenten für Lochner gegeben, wären dessen Chancen wohl erheblich gesunken. In Görlitz gelang es Octavian Ursu von der CDU 2019 so, Rathauschef zu werden.

Drittens. Thiele und Dollinger-Knuth verschätzten sich, was an Stimmenzuwächsen für sie nach der ersten Runde möglich ist. Das breite Bündnis der CDU-Frau war offenbar zu inhomogen, um überzeugen zu können. Zudem bleibt eine OB-Wahl eine Persönlichkeitswahl. Der Freie Wähler gab vielen das Gefühl, es sei wichtiger, gegen das Bündnis vorzugehen als die eigenen Vorteile zu betonen.

Viertens. Lochner schlug im Wahlkampf eher gemäßigte Töne an, trat nicht mit Sprüchen, die etwa von Scharfmachern wie Brandner, Höcke oder Krah kommen könnten, hervor. Das hat ihn für viele wählbar gemacht. Auch hält er daran fest, nicht in die Partei einzutreten. Eine praktische Bedeutung hat das erst mal nicht, es wird erst im täglichen Geschäft zu sehen sein, ob Lochner von der AfD gesteuert wird oder ob er eigene Akzente (auch gegen den Willen der Partei) setzt.

Fünftens. Es gibt viel Unzufriedenheit im Land - bei vielen hat sich der Eindruck verfestigt, die Ampel-Regierung in Berlin bekommt es nicht mehr in den Griff – egal, ob es um Inflation, Energiekrise oder Migration geht. Die Stimmen für den Kandidaten einer Partei, die einfache Lösungen – oder eher Losungen – bietet, sind auch Proteststimmen. Legt man aber die Wahlumfragen auf Bundesebene zugrunde, hätte die CDU stärker von der Unzufriedenheit profitieren müssen. Insofern spielen Bundestrends nicht die entscheidende Rolle.