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Wie wächst der Doppelkurort zusammen?

Bad Gottleuba-Berggießhübel steht vor der Bürgermeisterwahl und einem über 20 Jahre alten Problem - die Ideen der Kandidaten für dessen Lösung.

Von Heike Sabel
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Die drei Kandidaten, ihre Wahlplakate - und ihre Ideen für mehr Zusammenhalt zwischen Stadt und Ortsteilen.
Die drei Kandidaten, ihre Wahlplakate - und ihre Ideen für mehr Zusammenhalt zwischen Stadt und Ortsteilen. © Montage: SZ

Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Seit 22 Jahren gehören Bad Gottleuba und Berggießhübel zusammen. Auf dem Papier. Durch die Herzen geht immer noch ein Riss. Die Zwangsvereinigung 1999 haben die Einwohner nicht verwunden. Und so gibt es ein Muster Bad Gottleuba und der Rest. Der Rest sind Berggießhübel und die Ortsteile.

Eine Ursache für die Spaltung ist, dass es bisher nicht gelang, die Ortsteile wirklich einzubeziehen. Sie waren diejenigen, die in den besonders knappen finanziellen Jahren als Erste hintenanstehen mussten. Inzwischen haben einige Ortsteile Feuerwehren bekommen. Feuerwehren sind für den Zusammenhalt wichtig, vor allem den in den Dörfern. Auf das große Ganze hat sich das kaum ausgewirkt.

Alle Ortsteile zusammenzubringen, ist damit eine Aufgabe für die Bürgermeister-Kandidaten. Welche Ideen haben Thomas Peters (CDU), Michael Ullmann (AfD) und Madlen Rätze (parteilos, unabhängig) dafür?

Prinzipiell gehen die Gedanken der drei Kandidaten dabei gar nicht so weit auseinander, wenngleich es verschiedene konkrete Vorschläge gibt. Doch wie sind sie umsetzbar?

Thomas Peters: Ortsteil-Verantwortliche, Feiern und ein Sportlerball

Ein Ausdruck einer Einheit ist das Gemeinsame, es sind die Dinge die einen verbinden, ohne die eigenen Besonderheiten zu verlieren. "Es gibt viele Felder, auf denen wir alle zusammenwachsen müssen. Vorrangig sehe ich da natürlich den Willen und die Einsicht, dass alle Ortsteile gleichermaßen bedacht werden müssen. Dies betrifft Investitionen, Mitsprache, gemeinsame Festlichkeiten, die Feuerwehr und natürlich auch die Förderung des Vereinswesens."

Thomas Peters will in den Ortsteilen Verantwortliche gewinnen, die eine kurze Verbindung zur Stadtverwaltung haben, damit die von Problemen schneller und besser erfährt. Das ist gewissermaßen eine neue Kategorie, die es in dieser Form offiziell nicht gibt. Die Gemeindeordnung sieht als Alternative Ortschaftsräte vor. Ob sich jemand für den von Peters vorgeschlagenen "Ehrenjob" findet, ist offen. Ortschaftsräte werden wie Stadträte bei Kommunalwahlen gewählt. Wie aber sollte so ein Verantwortlicher gefunden werden? Meldet sich jemand freiwillig, müsste er das Vertrauen der Mehrheit besitzen und im Dorf bekannt und anerkannt sein. Erfahrungsgemäß haben die, auf die das zutrifft, schon oft mehr als ein Ehrenamt.

Weil das Feiern immer auch Zusammenhalt bringt und bedeutet, will Peters, dass jedes Fest in jedem Ortsteil ein Fest für alle Bürger des Stadtgebiets sein soll. Das ist eine Frage, die vielerorts steht, ist es doch meist so, dass ein Dorffest eben zuallererst das Fest des Dorfes ist. Die Frage wird künftig sein, wer organisiert diese Feste und können bzw. müssen sie noch jedes Jahr stattfinden, Stichwort Geld. Peter erwägt auch ein neues, verbindendes Fest und denkt dabei an einen Sportlerball.

Michael Ullmann: Ortschaftsräte einführen

Michael Ullmann will auf ein altbekanntes Instrument zurückgreifen, die Ortschaftsräte. Dass es in Bad Gottleuba-Berggießhübel keine gibt, war vor der Vereinigung 1999 die Entscheidung der beiden Räte. In Dohna gibt es zwei, deren Ortsvorsteher zum Beispiel regelmäßig im Stadtrat informieren. In der Gemeinde Müglitztal gibt es im Gegensatz dazu wie auch in Bad Gottleuba-Berggießhübel keine.

Grundlage für die Existenz von Ortschaftsräten ist ein entsprechender Paragraf in der Hauptsatzung der Kommune. Diese Entscheidung liegt also bei den Stadträten. Die Entscheidungs- und Machtbefugnisse der Ortschaftsräte wären zwar begrenzt, aber sie werden bei wichtigen Entscheidungen gehört. In ihrer beratenden Funktion aber können sie nach Meinung von Ullmann viel bewirken.

Er sieht in seiner Stellung als "Bürgermeisterkandidat von außen" - Ullmann wohnt in der Gemeinde Müglitztal - die Möglichkeit, die schon länger bestehenden Zerwürfnisse objektiver zu bewerten. Genau das wird die Frage sein. Lassen sich die Gottleubaer, Berggießhübler und anderen darauf ein, dass jemand "von außen" ihre Angelegenheiten regelt? Dass die Zerwürfnisse ganz und gar ausgeräumt werden, das sieht Ullmann als illusorisch, was wie eine Kapitulation vor der Aufgabe klingt.

Madlen Rätze: Einwohnversammlungen, Unternehmerstammtische und Vor-Ort-Termine

In allen Ortsteilen soll kontinuierlich investiert und das langfristig geplant werden, sagt Madlen Rätze. So lange Kommunen, und da macht weder Bad Gottleuba-Berggießhübel eine Ausnahme noch ist eine schnelle Änderung in Sicht, nicht aus dem Vollen schöpfen können, gilt: Pflichtaufgaben vor allen anderen. Und die meisten Projekte in den Ortsteilen sind eben aus der Kategorie "alle anderen".

Eines dieser Projekte ist für Madlen Rätze der touristische Ausbau im gesamten Gemeindegebiet. Für sie zählen dazu unter anderem das Labyrinth, der Langhennersdorfer Wasserfall, Wanderwege und die Zehistaer Wände - und: die Suche nach geeigneten Orten für Wohnmobilstellplätze. Als weitere Ideen für mehr Zusammenhalt sieht Rätze Veranstaltungen für die Senioren sowie Berichte über die Ortsteile im Lokalanzeiger zum Beispiel aus Anlass von Jubiläen oder Veranstaltungen.

Bei regelmäßigen Vor-Ort-Terminen in den Ortsteilen will Rätze aktuelle Probleme direkt von den Anwohnern erfahren. Das könnte vor allem symbolische Wirkung haben, weil die Leute mit ihren Problemen nicht auf diesen Termin warten, sondern ins Rathaus oder zur Sitzung des Stadtrates gehen bzw. einen Stadtrat direkt ansprechen.

Und es soll jährliche Einwohnerversammlungen geben. Damit tat sich Bad Gottleuba-Berggießhübel unter Thomas Mutze schwer. Christian Walter hatte mit Informationsveranstaltungen begonnen. Laut Gemeindeordnung soll jährlich eine Einwohnerversammlung stattfinden. Heidenau zieht das durch, Dohna hat schon einige Zeit keine mehr durchgeführt. In Müglitztal fand die letzte im Zusammenhang mit den Steuererhöhungen statt.

Schließlich will Rätze zu Unternehmerstammtischen einladen. Das hatte ihr Vorvorgänger Mutze auch gemacht. Die Frage ist, ob man diese Stammtische als Plattform innerhalb der Kommune oder als Verbindung nach außerhalb sieht. Um die Kontakte nach außen kümmern sich die Firmen aus eigenem Interesse selbst. Vielmehr wollen sie bei Entscheidungen in der Kommune mitgenommen werden. In Dohna gibt es Unternehmerstammtische als Form der gegenseitigen Information. Heidenau hat ähnliche Treffen. Hier besucht der Bürgermeister außerdem regelmäßig Firmen.

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