Wie Essen und Treibstoff an die Waldbrand-Front in der Sächsischen Schweiz kommen

Ein ganzes Stück vor dem Ziel versagte das eigene Fahrzeug den Dienst. Das Gelände war einfach zu steil und unwegsam, mit dem Auto ging es keinesfalls weiter. Doch das sensible Transportgut duldete keine Pause, irgendwie musste es den Berg hinauf. Die Helfer besorgten sich vom Forst eine Waldraupe, so ein kleines Vehikel mit Ketten, daran befestigten sie den Anhänger. Man bewegte sich im gemächlichen Tempo, aber immerhin ging es vorwärts. Über eine Stunde brauchten sie bis zum Einsatzort, irgendwo hinter dem Zeughaus im Großen Zschand, mitten im Nationalpark Sächsische Schweiz.
Dort oben waren die Männer seit Tagen beschäftigt, den verheerenden Waldbrand, der in der Nacht zum 25. Juli zunächst in der Böhmischen Schweiz ausgebrochen war, zu löschen. Denn der Wind hatte die Flammen rasch über die Grenze getragen. Und die Feuerwehrleute brauchten in dem kräftezehrenden Kampf unbedingt etwas zu essen, Kohlenhydrate, Energie, Kraft. Der Nahrungs-Nachschub nahte in diesem Tag auf ungewöhnlichem Schlepper-Gespann. „Denn die Einsatzkräfte vor Ort“, sagt Susan Schmidt, „sollen mindestens eine warme Mahlzeit pro Tag haben.“
Susan Schmidt ist zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit beim Ortsverband Pirna des Technischen Hilfswerkes (THW), bei einigen Essen-Fahrten unterstützte sie selbst, weil Personal rar war. Zusammen mit anderen THW-Kameraden ist sie zurzeit am Feuerwehrdepot in Bad Schandau stationiert, da, wo alle Fäden für den großen Rettungseinsatz zusammenlaufen. Das THW ist mit mehreren Einheiten ehrenamtlicher Helfer vor Ort, es ist eines der vielen wichtigen Rädchen im Gesamtgetriebe, ohne die diese Löschaktion nicht so laufen würde, wie sie läuft.
Riesiger Bedarf an Benzin
Das Feuer war in der Nacht zu einem Montag ausgebrochen, in der darauffolgenden Nacht wurde das THW alarmiert, das Landratsamt brauchte dringend zusätzliche Helfer. Das THW Pirna übernahm mit Kollegen aus Dippoldiswalde die Tanklogistik, denn die Technik an den Einsatzorten forderte unablässig Nachschub. Pumpen fürs Löschwasser, Kettensägen und Fahrzeuge brauchten Treibstoff.
Den Sprit beziehen die Helfer von der Aral-Tankstelle in Rathmannsdorf, es ist die einzige Zapfstelle in der Nähe, abgerechnet wird alles über ein spezielles Katastrophenschutz-Konto. Die Einsatzkräfte vor Ort fordern den Nachschub an, es galt zunächst, rasch Unmengen an Kanistern zu beschaffen, die fortwährend im Einsatz sind. In der Nähe der jeweiligen Einsatzstellen sind zudem Interims-Tankstellen installiert, die das THW befüllt und von dort aus den Sprit zu den Helfern bringt. „Der Nachschub-Bedarf war so groß“, sagt Susan Schmidt, „dass das allein nach kurzer Zeit organisatorisch schon nicht mehr händelbar war.“
Man fragte das Dresdner THW um Hilfe, um den Treibstoff-Nachschub kümmern sich nun drei Fahrzeuge, je eines von den Ortsverbänden Pirna, Dippoldiswalde und Dresden, jeweils mit drei Mann Besatzung, im Zweischicht-System sind sie 24 Stunden im Einsatz.
Pumpen halten Druck nicht stand
Hinzu kommen Kräfte von der Fachgruppe „Wasserschaden/Pumpen“ (WP), die Spezialisten sind von den THW-Ortsverbänden Bautzen und Riesa nach Bad Schandau gekommen. Auf den Elbwiesen haben sie große Löschwasserbehälter aufgestellt, leuchtend orange, sie fassen jeweils 24 Kubikmeter Wasser. Experten vom Bautzner THW pumpen über Spezialpumpen Elbwasser in die Behälter, dabei wird es auch gleich gefiltert, damit kein Schmutz irgendwelche Leitungen zusetzt. Diese Kunststoff-Zisternen haben eine ganz besondere Funktion.
Einige der Löschhubschrauber haben Ballons angehängt, sie sind zu einem Drittel mit einem Spezialpulver gefüllt. Die Helikopter sinken im Standflug über ein solches Bassin und füllen den restlichen Ballon mit Wasser, drinnen bildet sich dann mit dem Pulver ein spezieller Löschschaum. Für die Piloten ist es einfacher, dass Wasser aus einem ruhigen Becken zu schöpfen als beispielsweise aus der Elbe.
Aus Dresden unterstützt die Fachgruppe „Logistik/Materialwirtschaft“ (LogM). Einige ihrer Experten sind im Pirnaer Berufsschulzentrum stationiert, sie kümmern sich um den gesamten Nachschub für den Löscheinsatz, bestellen, was fehlt, stellen es bereit und lassen es zum zentralen Einsatzort bringen. Andere Spezialisten von „LogM“ haben sich derweil in Rathmannsdorf niedergelassen, sie haben eine ganze Werkstatt mit dabei.
Ihre Aufgabe: Sie reparieren vordringlich die Pumpen, die das Löschwasser über endlose Schlauchstrecken nach oben zu den Brandherden drücken. Die Pumpen, sagt Susan Schmidt, fahren ständig auf Vollast, was die Technik nur bedingt mitmacht. Bei dem Überdruck gehen die Aggregate häufig kaputt, Schläuche platzen. Alles muss aber rasch wieder an die Einsatzorte. „Außer dem THW ist niemand greifbar, der die Pumpen so schnell repariert“, sagt Susan Schmidt.
Auf Urlaub verzichtet
Überdies sind auf dem Parkplatz an der Bad Schandauer Elbbrücke Feuerwehren stationiert, die gerade Pause machen vom erschöpfenden Löscheinsatz. Auf diesem sogenannten Bereitstellungsplatz haben die THW-Kollegen aus Kamenz einen großen Lichtmast samt Scheinwerfern aufgestellt, damit die Einsatzkräfte dort nicht im Dunkeln sitzen. Ein Mehrzweck-Kraftfahrzeug übernimmt zudem viele Logistikfahrten, auch der Kran des Pirnaer THW war schon draußen, er hat schwere Pumpen am Zeughaus abgeladen.
Die Einsatzleitung für das THW an der zentralen Einsatzkoordinierungsstelle in Bad Schandau läuft über den Pirnaer Ortsverband. „Aber insgesamt ist das alles eine Teamleistung von allen Ortsverbänden, die hier sind“, sagt Susan Schmidt. Einige Helfer sind schon tagelang da, auch sie selbst wird erst nächste Woche abgelöst, sollte der Einsatz so lange dauern. Ein großes Dankeschön geht von den THW-Helfern an ihre Familien und Arbeitsstellen, ohne deren Unterstützung und die Freistellung vom Dienst würde ein solcher Einsatz nicht funktionieren. Einige der THW-Helfer verzichteten angesichts der Brandkatastrophe sogar auf ihren Urlaub. „Doch für sie ist es selbstverständlich“, sagt Susan Schmidt, „vorrangig erst einmal hier zu helfen.“