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Zwei 100. Geburtstage in einer Familie

Siegfried Matthäus aus Großdubrau ist gerade 100 Jahre alt geworden – wie seine Frau. Er hat eine Idee, wie die beiden das geschafft haben.

Von Carmen Schumann
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Siegfried Matthäus feierte seinen 100. Geburtstag unter anderem mit seinen Urenkelinnen Hanna (l.) und Ellen.
Siegfried Matthäus feierte seinen 100. Geburtstag unter anderem mit seinen Urenkelinnen Hanna (l.) und Ellen. © Carmen Schumann

Bautzen/Großdubrau. Nach mehreren Wochen Corona-Zwangspause durfte Siegfried Matthäus seine Frau Johanna am vergangenen Dienstag erstmals wieder im Pflegeheim besuchen. Doch an der Feier zu seinem 100. Geburtstag konnte sie leider nicht teilnehmen, denn ihr Gesundheitszustand lässt es nicht zu. Und eine Feier in größerem Rahmen gab es auch nicht. Aber immerhin ließen am vergangenen Sonnabend der Sohn und die Schwiegertochter, der Enkelsohn und dessen Ehefrau sowie die beiden Urenkelinnen Hanna und Ellen den Jubilar hochleben. Die kleine Feier fand in Luppa statt.

Siegfried Matthäus bedauerte es sehr, seine Liebste an seinem Ehrentag nicht dabei zu haben. Immerhin war sie es, die den gebürtigen Dresdener vor nunmehr über 70 Jahren nach Großdubrau „entführte“. In der schweren Nachkriegszeit lernten die beiden sich kennen. Johannas Schwester lebte im gleichen Haus wie Siegfried Matthäus. Irgendwann begleitete er seine Nachbarin in ihr Heimatdorf, wo er sich Hals über Kopf in deren Schwester verliebte. Als die beiden 1949 heirateten, musste das Hochzeitsessen aus Lebensmittelmarken zusammengespart werden.

Seine Frau wohnt seit einem Jahr nicht mehr bei ihm

Inzwischen lebt Siegfried Matthäus schon über 70 Jahre in Großdubrau, wo er heimisch geworden ist. Nachdem seine Johanna vor einem Jahr ins Pflegeheim nach Bautzen umziehen musste, lebt er nun allein in seiner Genossenschaftswohnung. „Mein Sohn und meine Schwiegertochter unterstützen mich sehr“, lobt er. Denn die Kraft lasse nun doch etwas nach.

Wie sein Namensvetter Lothar Matthäus – mit dem er nicht verwandt ist – liebte Siegfried Matthäus den Fußball und verfolgte viele Jahre die Spiele seines Heimatvereins. Auch seinem Betrieb, dem Presswerkzeugbau Großdubrau, hielt er 40 Jahre als Schlosser die Treue. Bevor der Dresdner aufs Land zog, hatte er zunächst als Kraftfahrer gearbeitet, und unter anderem die Sächsische Zeitung ausgefahren.

Wenn er an die Jahre des Krieges zurückdenkt, sagt Siegfried Matthäus dankbar: „Ich habe mächtiges Schwein gehabt, dass ich davongekommen bin!“ Nach dreimaliger Verwundung in Russland musste er noch an der Westfront kämpfen, wo er zum Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft geriet. Zurück in seiner geliebten Heimatstadt wurde er von der sowjetischen Besatzungsmacht einbestellt. Er vermutet, dass er einem Abtransport nach Sibirien nur dadurch entging, weil er nur einfacher Soldat war.

Sein Geheimtipp: Gemüse und Honig

Trotz der schweren Zeiten, die er durchleben musste, bereut es Siegfried Matthäus nicht, in den Ostteil Deutschlands zurückgekehrt zu sein. Allerdings konnte er dadurch Jahre lang seinen Bruder nicht besuchen, der am Bodensee geblieben war. Das holte er in den 80-er Jahren und nach der Wende nach. „Wir waren schon zu DDR-Zeiten viel im Ostblock mit dem Wartburg unterwegs. Nach der Wende dann auch in den Gegenden, die uns bis dahin verschlossen waren“, erzählt er. Da seine Frau während des Krieges im medizinischen Einsatz in Finnland war, wagten die beiden nach der Wende sogar eine Reise in dieses Land.

Und Auto gefahren ist er mit Leidenschaft. Erst vor zwei Jahren hat er schweren Herzens den Autoschlüssel an seinen Enkel weitergegeben. „Meine Augen machen eben doch nicht mehr so mit. Da wäre es zu gefährlich gewesen, noch weiter selbst zu fahren“, zeigt er sich einsichtig.

Dass er gemeinsam mit seiner Frau, die ihren runden Geburtstag bereits im November feiern konnte, so alt geworden ist, führt Siegfried Matthäus auf seine gesunde Lebensweise zurück. „Wir haben im Garten unser eigenes Obst und Gemüse angebaut“, sagt er. Außerdem war er ein halbes Jahrhundert lang leidenschaftlicher Imker. „Der Honig ist für vieles gut“, sagt er. In den schweren Nachkriegsjahren diente die süße Speise übrigens auch als Tauschobjekt.

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