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Der letzte Versuch, Mühlrose zu retten

Das Sorbische Parlament und Sachsens Umweltverbände wollen eine Abbaggerung des Dorfes in der Lausitz verhindern.

Von Nora Miethke
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Mühlrose muss als eines der letzten Dörfer im Lausitzer Revier der Braunkohle weichen, die Anfang der 2030er-Jahre abgebaggert werden soll.
Mühlrose muss als eines der letzten Dörfer im Lausitzer Revier der Braunkohle weichen, die Anfang der 2030er-Jahre abgebaggert werden soll. © Foto: Oliver Killig / dpa

In der Öffentlichkeit herrscht der Eindruck vor, alle Einwohner von Mühlrose im Norden  des Landkreises Görlitz wollen ihr Heimatdorf verlassen und hätten der Umsiedlung zugunsten des Braunkohlebergbaus zugestimmt. Dem ist offenbar nicht so.

„Miloraz/Mühlrose wird nicht abgebaggert!“ lautet der Titel einer gemeinsamen Erklärung der Umweltverbände in Sachsen und dem Serbski Sejm, der ersten frei gewählten Volksvertretung der Sorben und Wenden, die am Donnerstag in Dresden vorgestellt wurde. 

Unterschrieben ist die Erklärung auch von zwölf Mühlrosern, die ihre Häuser nicht verlassen wollen. Das sei mutig, betont Edith Penk, Alterspräsidentin des Serbski Sejm. „Denn Einwohner, die öffentlich machen, dass sie nicht wegziehen wollen, sind großer Repression durch Nachbarn, in Vereinen oder Schulen ausgesetzt“, so Penk. Sie selbst rechnet auch damit, beschimpft zu werden, wenn sie nach ihrem Auftritt in Dresden das nächste Mal nach Mühlrose kommt.

Die Dorfeinwohner sind tief gespalten. 195 Menschen leben laut Bürgermeister Waldemar Locke (CDU) noch in Mühlrose, davon sind mehr als die Hälfte älter als 70 Jahre. Seiner Schätzung nach wollen rund 40 Prozent der Einwohner das Dorf nicht verlassen. „Die älteren Menschen wollen nicht entwurzelt werden und ein weiteres Mal am Grab von Mühlrose stehen“, so Locke. 

Vor Beginn des Braunkohleabbaus zählte der Ort 640 Einwohner. Zwei Ortsteile wurden in der Vergangenheit bereits umgesiedelt. Locke wollte nach eigenen Angaben die Einwohner erneut abstimmen lassen, ob sie bleiben oder gehen wollen. Diese Bürgerbefragung sei ihm durch „die Wirtschaft und Politik untersagt worden“. Doch die Situation habe sich durch den Abschied von Vattenfall, den Kompromiss zum Kohleausstieg und die Politikmaßnahmen zur Energiewende grundlegend verändert seit 2006. Damals hatten 87 Prozent der Mühlroser für eine vorzeitige Umsiedlung gestimmt.

Bewohner von Mühlrose, die umgesiedelt werden sollen.
Bewohner von Mühlrose, die umgesiedelt werden sollen. © Thomas Kretschel

„Dörfer abzubaggern für die Kohle, ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, betonte Penk. Das 24-köpfige Sorbische Parlament hat im vergangenen März den Beschluss gefasst, ein sofortiges Ende des Braunkohlebergbaus in der Lausitz zu verlangen. Wohlwissend, dass dies eine Maximalforderung ist, die so nicht umgesetzt werden kann. 

Man wolle aber nicht, dass die Zerstörung der Landschaft erst 2038 mit dem geplanten Kohleausstieg aufhört. „Mühlrose ist für uns das Symbol für den Erhalt der letzten typisch sorbischen Dörfer“, sagt Penk. Ihr zufolge sind schon 140 Dörfer zum Teil oder ganz dem Braunkohlebergbau zum Opfer gefallen.

Umweltverbände sowie Linke und Grüne im Landtag unterstützen den Serbski Sejm bei seiner Forderung, Mühlrose nicht abzubaggern. Sie verweisen auf die fehlende Rechtsgrundlage. Die Leag müsste zur Abbaggerung des Sonderfeldes Mühlrose einen neuen Antrag auf Zulassung eines Rahmenbetriebsplanes stellen. Dieser Antrag liege nicht vor und eine Genehmigung würde sich mindestens zwei Jahre hinziehen, heißt es. 

Nach Ansicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist auch kein weiterer Tagebau nötig, um das Kraftwerk Boxberg bis 2038 mit Kohle zu beliefern. Dafür reiche das genehmigte Abbaugebiet Nochten 1 aus, betonte Landesgeschäftsführer David Greve. Die Kraftwerke sollen schrittweise heruntergefahren werden. Das bedeutet geringere Kohlemengen müssten verbrannt werden.