Riesen-Rettungsschirm für Sachsens Kommunen

Drei Wochen wurde am Stück verhandelt und oft genug die Beratungsrunden ergebnislos vertagt. Am Dienstag meldeten sich die Chefs der kommunalen Spitzenverbände und Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) aber gemeinsam zu Wort und verkündeten eine frohe Botschaft: Die Landesregierung wird nun auch Sachsens Kommunen mit einem teuren Corona-Hilfspaket unterstützen.
Warum das nötig ist, erklären Bert Wendsche, Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, sowie Landrat Frank Vogel als Präsident des Sächsischen Landkreistages unisono mit gewaltigen Steuerausfällen, die ihnen noch in diesem Jahr drohen. Bis Dezember könnte es eine Milliarde Euro sein, die in den Gemeindekassen fehlen, weil zum Beispiel krisengeplagte Unternehmen keine Gewerbesteuer mehr zahlen. Dazu kommen hohe Ausgaben, mit denen die Kommunen unmittelbare Hilfsmaßnahmen gegen die Pandemie-Folgen bestreiten müssen. Hier besonders im Sozial- und Gesundheitsbereich. Dass der Freistaat nun mit einem tiefen Griff in die Landeskasse aushelfen will, kommt da natürlich gut an. „ Es ist vollbracht. Der Rettungsschirm ist gespannt. Wir sind sehr froh“, freut sich Wendsche. Auch Landrat Vogel räumt ein: „Ein sehr gutes Ergebnis!“
Enorme Zuschüsse
Tatsächlich können die Kommunen noch in diesem Jahr auf zwei gewaltige Finanzspritzen hoffen. So sollen ihnen im Sommer 226 Millionen und im Herbst 181 Millionen überwiesen werden sowie Anfang nächsten Jahres weitere gut 45 Millionen – alles vorbehaltlich der noch ausstehenden Zustimmung durch den Landtag. Macht insgesamt 452 Millionen Euro, mit denen künftige Steuerausfälle kompensiert werden können. Dazu kommen weitere 147,5 Millionen Euro als Zuschüsse für pandemiebedingte Sonderausgaben. Zudem will der Freistaat auch einen Großteil der Kosten von rund 60 Millionen Euro übernehmen, die durch den Ausfall der Elternbeiträge in geschlossenen Kitas und Horten aufgelaufen sind. Zusammen mit der inzwischen vom Freistaat erteilten Erlaubnis, per Gesetz vorgeschriebene kommunale Rücklagen von 95 Millionen Euro wegen der Corona-Krise auflösen zu können, steht den Städten, Gemeinden und Landkreisen damit rund eine Dreiviertelmilliarde Euro an Hilfsgeldern zur Verfügung. Verteilt werden sollen diese anhand der Einwohnerzahl und der Steuerkraft der einzelnen Kommunen.
Ein kleines Hintertürchen hat sich Finanzminister Vorjohann, der betont, dass ihm die Kommunen „immer lieb und teuer sind“, allerdings noch eingebaut. Ob sämtliche zugesicherten Landeszuschüsse in der angekündigten Höhe ausgezahlt werden, hänge letztlich davon ab, ob es tatsächlich zu den befürchteten Einnahmeverlusten in den Rathauskassen kommt. Eventuell müsse nachverhandelt werden.
Einschnitte erwartbar - und trotzdem Beifall
Die Vertreter der beiden Spitzenverbände sind jedoch vom prognostizierten Ausmaß der Krise überzeugt – und warnen alle Bürger schon einmal vor, sich in den kommenden Jahren auf Einschnitte einzustellen. So müssten die Kommunen absehbar immer noch Corona-Verluste in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro aus eigener Kraft stemmen. Das gehe aber nur, wenn man sich künftig auf die eigenen Pflichtaufgaben konzentriere, also nur auf Leistungen, die den Kommunen per Gesetz vorgeschrieben sind. Im Klartext: Für zusätzliche Wohltaten wie neue Spielplätze oder einen Jugendtreff bleibt wohl für lange Zeit kein Geld übrig.
Beifall gab es trotzdem – vor allem von CDU, SPD und Grünen. Es sei richtig, das viele Geld an dieser Stelle einzusetzen, lobte die CDU. SPD und Grüne kündigten an, das Rettungspaket im Parlament so zügig wie möglich durchzuwinken. Grünen-Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert brachte zusätzlich eine neu zu schaffende „Kommunalkasse“ ins Gespräch. Diese soll finanziell angeschlagene Gemeinden künftig bei der Aufnahme von Kassenkrediten unterstützen. Die Linksfraktion sieht das Paket eher kritisch. Angesichts der chronischen Finanznot sächsischer Kommunen schon vor der Corona-Krise sei der neue Schutzschirm „allenfalls ein Knirps“, hieß es.