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Awo reaktiviert Produktionsschule

Ab Juli soll es in Hoyerswerda ein neues Angebot für arbeitslose Jugendliche geben.

Von Mirko Kolodziej
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Im Juli soll hier wieder Leben einziehen.
Im Juli soll hier wieder Leben einziehen. © Mirko Kolodziej

Mit der im vorigen Jahr durch Hoyerswerdas PSW Dienstleistungen GmbH getroffenen Entscheidung, sich aus dem Bildungssektor zurückzuziehen, war auch eine Immobilien-Aufgabe im WK VIII verbunden. 

Der einstige Kindergarten „Märchenland“ in der Schöpsdorfer Straße steht schon seit einigen Monaten leer. Das Gebäude gehört der Stadt – und diese hat nun einen neuen Mieter gefunden. Beziehungsweise hat sich ein neuer Mieter gemeldet.

„Der Mietvertrag liegt vor“, sagt Torsten Ruban-Zeh von der hiesigen Arbeiterwohlfahrt. Der SPD-nahe Verband hat an der Schöpsdorfer Straße vor, ein ganz ähnliches Angebot zu starten, wie es zuletzt auch PSW im Portfolio hatte. Das Projekt Produktionsschule oder „Werk-statt-Schule“ gab es an Ort und Stelle seit Ende März 2011. Es richtete sich an 16- bis 25-Jährige ohne Arbeits- oder Ausbildungsplatz, mit abgebrochener Lehre, ohne Motivation für Schule und Theorie, aber mit einem gewissen Faible für praktische Arbeit. Es ging darum, unter dem Motto „Werkstatt statt Schulbank“ unter Anleitung von Werkstattpädagogen diverse Erzeugnisse herzustellen, zum Beispiel Holzspielzeug oder Schablonen für Werbeaufdrucke.

Die Awo hat nun vor, das Ganze an der Schöpsdorfer Straße in Bälde wieder aufleben zu lassen. Torsten Ruban-Zeh sagt, der Plan sei, im Juli anzufangen. Das Vorhaben bekommt einen neuen Namen: „Take Your Chance“ ist Englisch für „Nutze Deine Chance“. Wie Ruban-Zeh erklärt, ist dafür bereits einer der früheren PSW-Mitarbeiter engagiert worden. „Der Arbeitsvertrag ist unterschrieben“, so der Awo-Chef. Zudem werde eine Sozialarbeiterin eingestellt. Das Angebot wird Ruban-Zehs Angaben zufolge vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Gedacht sei es für zwölf junge Leute.

„Es geht darum, sie aufs Arbeitsleben vorzubereiten und vielleicht noch einen Schritt früher anzufangen, nämlich den Jugendlichen eine feste Tagesstruktur zu geben“, erläutert der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt das Ansinnen. Bevor es losgehen kann, muss der frühere Kindergarten jedoch erst einmal wieder eingerichtet werden. Denn PSW hatte das Gebäude im vorigen Jahr vor der Rückgabe an die Stadt komplett beräumt. Es geht allerdings nur darum, das Objekt wieder einzuräumen, also zu möblieren und die nötige Technik zu installieren. Gebaut werden muss zuvor nicht. „Die Räume sind so, dass wir sie weiter nutzen können“, sagt Torsten Ruban-Zeh. Allerdings gilt das nicht für die gesamte Immobilie. Die Awo braucht für „Take Your Chance“ nur etwa die Hälfte des vorhandenen Platzes. Vorerst. Denn es gibt durchaus vage Ideen, was man mit der zweiten Hälfte anfangen könnte. Die Stadt ist nun zumindest aus der Verlegenheit, sich überlegen zu müssen, was aus dem einstigen Kindergarten-Komplex werden soll – jedenfalls auf absehbare Zeit.

Genau wie „Take Your Chance“ war auch schon „Werk-statt-Schule“ vom ESF unterstützt worden. Neben der Arbeit in Holzwerkstatt oder Näherei gab es auch Möglichkeiten, sich mit Hilfe des Job-Centers konkret auf ein späteres Arbeitsleben vorzubereiten. So bestand das Angebot, die Bedienberechtigung für einen Freischneider zu erwerben oder einen Ersthelferlehrgang zu absolvieren. Praktika in verschiedenen Betrieben führten im besten Fall dazu, jungen Leuten einen Ausbildungsvertrag oder gar eine feste Arbeitsstelle zu vermitteln. Andere bekamen zunächst Unterstützung bei der Bewältigung von Drogen- und/oder Schuldenproblemen.

In einer wissenschaftlichen Untersuchung zu den dazumal zehn sächsischen Produktionsschulen (die nächsten sind das Projekt „Lebenshof“ in Görlitz und die ebenfalls von der Awo betriebene „Stellwerkstatt“ in Wehlen) wurde 2014 ein positives Fazit gezogen. Es hieß, gemessen an den Lern- und Lebensgeschichten der jungen Menschen sowie den Ungleichheiten in der sozialen und kulturellen Ressourcenausstattung ihrer Familien seien die Ergebnisse nach Selbsteinschätzung der Betroffenen beeindruckend.