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Bad Muskauer werden zur Kasse gebeten

Die Grundsteuer B wird ab 2020 angehoben. So beschloss es der Stadtrat. Die Entscheidung fiel den Räten nicht leicht.

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© Symbolfoto: Uwe Schulz

Von Sabine Larbig

Bad Muskau. Über 18 Jahre lang war in Bad Muskau die Grundsteuer B stabil. Doch ab 1. Januar 2020 wird der Hebesatz für die Grundsteuer B auf 490 v. H., das sind 60 Prozentpunkte über dem sächsischen Landesdurchschnitt, angehoben. So beschloss es der Stadtrat am Mittwoch mehrheitlich.

Stadtverwaltung und Räte hätten diesen Schritt gerne vermieden, wie die emotionale Diskussion zeigte. Denn die Steuer für bebaute und unbebaute Grundstücke trifft alle Einwohner. Außerdem werden viele Bürger bereits steuerlich stark belastet, da die örtlichen Hebesätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Grundsteuer A) und die Gewerbesteuer seit Jahren im oberen Bereich des Landes liegen. Um aber weiterhin Eigenanteile für geplante Investitionen über Kredite aufbringen und andere Kredite weiter tilgen zu können, muss das hoch verschuldete Bad Muskau laut Forderung des Freistaates nun auch die Grundsteuer B anheben. „Nur so hat der Antrag der Stadt auf Bedarfszuweisung zur Unterstützung der Haushaltskonsolidierung eine Aussicht auf Erfolg. Das wurde uns kürzlich schriftlich mitgeteilt“, erläuterte Kämmerin Anita Handschack in der Ratssitzung. Wie sie weiter erklärte, erhalte die Stadt durch die um 8,9 Prozent zu erhöhende Steuer eine jährliche Mehreinnahme von rund 37.600 Euro.

„Diese Summe rettet uns auch nicht. Für die schlechte Finanzlage von Bad Muskau und vielen anderen Kommunen ist doch vorrangig das Land mit seiner Finanzausstattungspolitik verantwortlich“, kritisierte Stadträtin Heidi Knoop (Linke) in der Diskussion zum Beschluss. „Unsere Fraktion wird der Steuererhöhung nicht zustimmen“, so Knoop weiter. Auch Bürgermeister Thomas Krahl (CDU) bekannte, dass jährlich rund 20 Euro Mehrausgaben vielen Einwohnern wehtun werden. „Aber wir wollen uns als Stadt trotz der schlechten Finanzlage weiterentwickeln, was eine Steuererhöhung voraussetzt.“ Dass der Beschluss auch der CDU-Fraktion schwerfalle, sagte Erik Schobner. „Doch wir wollen alle viele Projekte umsetzen und haben zu ihrer Realisierung derzeit nur eine Möglichkeit: das Schrauben an den Steuern.“ Als „unschön für die Bürger“ bezeichnete Stadtrat Thomas Baum (SPD) die Gebührenerhöhung. Dennoch kennzeichnete er den Beschluss als alternativlos und forderte alle Räte auf, mit ihrer Zustimmung dem neuen Bürgermeister den Rücken zu stärken und die Beschlussfassung nicht zur Parteipolitik zu machen. Dafür votierte ebenfalls Stadtrat René Marko (CDU). „Außerdem entspricht der Beschluss dem Solidarprinzip, da die Steuererhöhung alle Bürger trifft. Gleichzeitig bringt die damit verbundene Aussicht auf Geld vom Freistaat für unseren Haushaltsausgleich die ganze Stadt voran“, begab er zu bedenken. Die Gebührenerhöhung zu beschließen, dafür appellierte selbst Kämmerin Anita Handschack. „Die Steuererhöhung bringt nur 37.000 Euro, rettet aber zwei bis drei Millionen für Bad Muskau. Außerdem wurden Gebührenerhöhungen schon mit der Haushaltssatzung 2019/20 beschlossen.“

Nachdem die Räte der Empfehlung der Kämmerin folgten, geht man in Bad Muskau davon aus, dass der Wille, den Stadthaushalt in den Griff zu bekommen, auch in Dresden anerkannt wird. Denn es bleibt ein Fakt, dass allein in diesem Jahr drei Millionen Euro Kredit aufgenommen werden müssen, um handlungsfähig zu bleiben und in die Gestaltung des Gehalms, ein Dorfgemeinschaftshaus in Köbeln oder die Anschaffung eines dringend benötigten Feuerlöschfahrzeuges investieren zu können. Für alles dies stehen Fördermittel bereit. Um sie nutzen zu können, muss Bad Muskau aber rund 830.000 Euro Eigenmittel aufbringen, was nur über die Kredite möglich ist. Dies gilt ebenfalls für die rund 374.000 Euro Eigenmittel im Rahmen der Vorhaben des Programms „Nationale Projekte des Städtebaus“, mit denen in der Neißestadt ein Parkhaus am Postplatz gebaut und alte Brauerei sowie Dominium saniert und neu belebt werden sollen. Damit alles, plus laufende Aufgaben wie Unterhalt von Straßen, Schule, Kita, Friedhöfen und mehr, gelingt, ist Bad Muskau in letzter Konsequenz vom Wohlwollen der Landesregierung und einer Bedarfszuweisung zum Schuldenausgleich abhängig. Denn bis 2022 wird der Schuldenberg durch Kredite rund 6 Millionen Euro betragen. Noch offen ist dagegen, ob und wie viel Geld es zum Ausgleich vom Freistaat gibt.

Als Grundlage, neben der Steuererhöhung, musste der Stadtrat am Mittwoch aber einen Grundsatzbeschluss fassen. Der besagt, dass die Stadt willens und in der Lage ist, in vier Jahren einen ausgeglichenen Haushalt zu haben. Um darzulegen, wie das möglich wird, muss im Rahmen der Haushaltsplanung 2020 das Haushaltsstrukturkonzept bis 2023 in den nächsten drei Monaten angepasst, mit konkreten Sparmaßnahmen untersetzt und bei der Genehmigungsbehörde vorgelegt werden. Eine erste Beratung dazu absolviert der Verwaltungsausschuss im Dezember. Im Januar 2020 diskutiert der Stadtrat die von Ausschuss und Verwaltung unterbreiteten Pläne, bevor Haushalt und Sparpaket im Februar durch den Rat beschlossen werden. Aus Sicht von Kämmerin Anita Handschack wird voraussichtlicht nicht viel Neues vorgelegt werden können. „Wir konsolidieren seit so vielen Jahren, dass wir nicht mehr wissen, was wir noch tun können.“ Auch für Stadträtin Heidi Knoop stellt sich die Frage, wo Einsparungen und Einnahmen herkommen sollen. „Noch dazu, wo der Gesetzgeber uns Fördermittel, wie für die Städtebauförderung, genehmigt, deren Eigenanteile bekanntlich nur durch neue Kredite möglich werden. Es ist hirnverbrannt, wie man mit uns umgeht.“