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Bautzen fehlen die Waffenkontrolleure

Immer mehr Menschen im Kreis Bautzen besitzen Schusswaffen. Dem gegenüber stehen nur wenige Kontrolleure.

Von Theresa Hellwig
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Immer mehr Menschen im Landkreis Bautzen haben die Erlaubnis, eine Schusswaffe zu besitzen. Nur ein Landkreis, nämlich der Erzgebirgskreis, weist größere Zahlen an Schusswaffenbesitzern auf.
Immer mehr Menschen im Landkreis Bautzen haben die Erlaubnis, eine Schusswaffe zu besitzen. Nur ein Landkreis, nämlich der Erzgebirgskreis, weist größere Zahlen an Schusswaffenbesitzern auf. © Symbolfoto: dpa/ Wolfgang Kumm

Bautzen. Eine Schusswaffe darf in Deutschland nicht jeder haben. Wer hier jagen möchte oder das geräuschintensive Hobby in einem Schützenverein betreiben und deshalb eine Waffe besitzen möchte, der braucht dafür eine Erlaubnis vom Landratsamt. Und das wollen im Kreis Bautzen immer mehr Leute. Die Zahl steigt seit Jahren an: Während 2014 noch etwa 2 500 Menschen mindestens eine erlaubnispflichtige Schusswaffe besaßen, waren es 2016 fast 2 600, ein Jahr später bereits mehr als 2 700. Nun, zu Beginn des Jahres 2019 sind es schon mehr als 2 800 Menschen.

Der Kreis Bautzen sticht damit heraus: Nur ein Landkreis, nämlich der Erzgebirgskreis, weist größere Zahlen an Schusswaffenbesitzern auf, wie eine Antwort auf eine Kleine Anfrage im sächsischen Landtag ergab. Ein Blick in die Zahlen macht jedoch stutzig: Bautzen, der Kreis mit den zweitmeisten Waffenbesitzern, setzt am wenigsten Mitarbeiter in der Waffenbehörde ein. Nur 1,5 Stellen in Vollzeitäquivalenten, so geht es aus der Statistik hervor, arbeiten in der Behörde im Kreis Bautzen. Kann das Amt so überhaupt genug Kontrollen durchführen?

Nein, findet Valentin Lippmann. „Mit so wenig Personal ist keine ausführliche Kontrolle möglich“, sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete. Er fordert mehr Personal in den Waffenbehörden. „Den steigenden Zahlen von Waffen und waffenrechtlichen Erlaubnissen steht ein kaum wahrnehmbarer Kontrolldruck gegenüber“, findet er. 1,5 Stellen in der Behörde reichen seiner Meinung nach bei weitem nicht aus. „Viele Waffenbesitzer erleben nie in ihrem Leben eine unangemeldete Kontrolle“.

Nur wenige sind kontrolliert worden

108-mal klingelten die Mitarbeiter der Bautzener Behörde 2018 an der Tür von Menschen, die eine waffenrechtliche Erlaubnis haben und statteten den Jägern oder Sportschützen einen Überraschungsbesuch ab. 15-mal wurden die Mitarbeiter dabei fündig: Die kontrollierten Personen hatten in irgendeiner Form gegen die Vorschriften, wie sie ihre Waffen aufzubewahren haben, verstoßen, sie hatten Sicherheitsbestimmungen missachtet oder die Waffen auf eine nicht erlaubte Weise bearbeitet. 15-mal erwischten die Mitarbeiter also Waffenbesitzer auf frischer Tat – etwa 2 700 Schusswaffenbesitzer blieben aber gänzlich unkontrolliert. „Uns wäre es lieber, wenn wir 300 oder 400 Kontrollen im Jahr machen könnten“, gibt selbst René Burk zu, Leiter des Ordnungsamts, zu dem die Waffenbehörde gehört. Er sagt: „Wir sind zu wenig Mitarbeiter.“ Burk gibt zu Bedenken, dass die Waffenbehörde nicht nur die Kontrollen durchführen muss, sondern auch weitere Aufgaben hat, wie das Bearbeiten von neuen Anträgen zu Waffenerlaubnissen. Zudem führe nicht jede Kontrollfahrt zum Erfolg: Oft stünden die Mitarbeiter vor verschlossenen Türen. Er erinnert sich an einen extremen Fall: Neunmal habe die Behörde da klingeln müssen, bis die Kontrolleure die Person dann auch antrafen. Valentin Lippmann fordert deshalb, dass das Innenministerium aktiv eingreift und gegenüber den Kommunen eine ausreichende Personalausstattung durchsetzt. Im Kreis Bautzen tut sich jedenfalls schon etwas: Mit einer halben Stelle soll die Behörde demnächst aufgestockt werden.

Pro: „Scharfe Standards nur auf dem Papier“

Valentin Lippmann, Grünen-Landtagsabgeordneter 
Valentin Lippmann, Grünen-Landtagsabgeordneter  © David Brandt/PR

Waffenbesitzer müssen unbedingt häufiger kontrolliert werden. Schaut man sich die Zahlen an, wird deutlich: Die Wahrscheinlichkeit, dass die ordentliche Aufbewahrung der Waffen eines Jägers oder Sportschützen unangemeldet überprüft wird, scheint ähnlich unwahrscheinlich wie ein Lottogewinn.

Im Kreis Bautzen kamen 2018 nur 108 unangemeldete Kontrollen auf mehr als 4 000 Personen mit waffenrechtlicher Erlaubnis. Sachsenweit besitzen fast 30 000 Menschen eine Schusswaffe, aber es gibt nur um die 700 Kontrollen pro Jahr. Viele Personen werden also vermutlich nie oder nur nach vielen Jahren überhaupt einmal kontrolliert. Solche unangemeldeten Kontrollen sind aber wichtig, denn nur so können sich die Waffenbehörden ein echtes Bild machen.

Werden die Waffenbesitzer zuvor über eine Kontrolle informiert, wird man kaum Verstöße gegen das Waffengesetz aufdecken.

Ich finde, jeder Waffenbesitzer müsste eigentlich alle drei Jahre kontrolliert werden – schließlich sind Waffen nicht ungefährlich. So, wie es jetzt ist, bestehen die scharfen Kontrollstandards faktisch nur auf dem Papier. Ohne Waffenbesitzer unter Generalverdacht stellen zu wollen – ich sorge mich, dass sich einige nicht an Vorschriften halten werden, wenn sie wissen, dass sie faktisch ohnehin nicht kontrolliert werden.

Kontra: „Kein Effekt auf die Innere Sicherheit“

Benedikt Krainz, Schützengesellschaft Kamenz 
Benedikt Krainz, Schützengesellschaft Kamenz  © privat

Ich bin gegen anlasslose Hauskontrollen bei Personen, die legal registrierte Waffen besitzen. Insbesondere eine verpflichtende, regelmäßige Kontrolle sehe ich als problematisch an.

Rechtstreue Bürger werden hier unter einen Generalverdacht gestellt und gegenüber von Besitzern der deliktisch tatsächlich relevanten, illegalen Waffen, diskriminiert.

Das ist in etwa so sinnvoll, als wenn die Polizei nur zugelassene Autos mit Tüv kontrollieren würden, nicht aber jene ohne Tüv, Versicherung und Zulassung. Als Jäger oder Sportschütze muss man gegenüber der Erlaubnisbehörde doch ohnehin den Nachweis erbringen, dass man die vorgeschriebenen Waffenschränke besitzt, damit keine Nichtberechtigten Zugriff auf die Waffen haben. Nur, wenn dieser Nachweis nicht erbracht ist und damit die Behörde Anlass zur Annahme hätte, dass die Waffen nicht gesetzeskonform aufbewahrt werden, habe ich Verständnis für Vor-Ort-Kontrollen.

Außerdem ist der Missbrauch von legal besessenen Schusswaffen für kriminelle Zwecke so gering, dass auch eine wesentlich höhere Kontrolldichte überhaupt keinen Effekt auf die „Innere Sicherheit“ haben kann. Wenn die Missbrauchsquote fast null ist, was soll denn dann noch reduziert werden? Die Mitarbeiter der Ordnungsämter hätten bestimmt wichtigeres zu tun.