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Bonsai-Diebe schlagen wieder zu

Einem Züchter wurden gezielt die wertvollsten Bäumchen gestohlen. Er hofft, dass die SZ wieder helfen kann.

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© hübschmann

Von Christoph Scharf

Die Täter kamen nachts. Und sie ließen sich auch nicht vom taghellen Licht eines 500-Watt-Strahlers abhalten. „Die müssen genau gewusst haben, was sie wollen“, sagt der Meißner S., der nach dem Diebstahl lieber nicht mit Namen genannt werden will – um keine Nachahmer anzulocken. Gezielt überwanden die Unbekannten in der Nacht zu Montag das Eingangstor, durchquerten die von einem Bewegungsmelder erleuchtete Einfahrt und begaben sich zu zwei Steinpodesten, die S. extra für seine wertvollsten Bonsai-Bäumchen angefertigt hatte.

Idylle mit Makel: Aus diesem japanischen Garten stahlen zwei Täter die beiden wertvollsten Bonsai-Bäume. Fotos: Claudia Hübschmann
Idylle mit Makel: Aus diesem japanischen Garten stahlen zwei Täter die beiden wertvollsten Bonsai-Bäume. Fotos: Claudia Hübschmann © hübschmann

Ein anonymer Brief

Auf den Platten sind noch die Umrisse der Pflanzkübel zu erkennen, mit denen der oder die Täter die Bonsai weggeschleppt haben. Der Japan-Liebhaber vermutet, dass es zwei Täter waren. „Einer allein hätte beide Bäume jedenfalls nicht tragen können.“ Oder jemand hat gleich in der Nähe mit einem Kombi oder Transporter gewartet. Aber sowohl Fußgänger mit Blumenkübeln unter dem Arm als auch Verlade-Arbeiten an der Jahnastraße könnten mitten in der Nacht jemandem aufgefallen sein, denkt der 53-Jährige. Immerhin ist die frühere B 101 relativ stark befahren.

Doch auch wenn es für die eigentliche Tat keine Zeugen gibt, hofft der Meißner darauf, die 65 Zentimeter hohe Wildolive und die 55 Zentimeter hohe Hainbuche zurück zu erhalten. Denn die Tat in der Nacht zu Montag war nicht der erste Diebstahl von seinem Grundstück: Schon 2001 hatte jemand drei Bäumchen im Wert von rund 1 000 Euro gestohlen. Nach einem Beitrag dazu in der Sächsischen Zeitung erhielt S. allerdings einen anonymen Brief mit der genauen Beschreibung, wo die Bäumchen wiederzufinden seien: im Gras versteckt hinter einem Granitstein oberhalb der Karpfenschänke.

„Damals hatten Jugendliche die Bonsai gestohlen und jemandem zum Geburtstag geschenkt. Den packte das schlechte Gewissen, als er bemerkte, woher die Bäumchen waren“, sagt der Eigentümer, der schon als junger Mann zu DDR-Zeiten durch die Wälder streifte, um aus abgebrochenen Baumresten Miniatur-Bäumchen zu ziehen. – Doch dieses Mal werden es wohl keine dummdreisten Jugendlichen gewesen sein, vermutet der Bestohlene. Schließlich verschwanden gezielt die wertvollsten Exemplare. „Die mehr als 50 Jahre alte Wildolive war schon als Rohware 1 000 Euro wert – und da war sie noch nicht zu einem Bonsai veredelt.“

Fast zehn Jahre kümmert sich S. um die beiden Bäumchen. Das bedeutet tägliche Behandlung: verschneiden, umtopfen, per Hand Austriebe entfernen. „Wenn man sie ständig pflegt, hängt das Herz dran“, sagt seine Frau. Zumal die Bonsai absolute Einzelstücke waren, die so nicht wieder zu beschaffen sind. „So war vererbt man eigentlich an seine Kinder“, sagt die Frau. Die Hainbuche kann 200 Jahre alt werden, die Olive gar Jahrhunderte.

500 Euro Belohnung

Das gilt aber nur bei entsprechender Pflege. Wenn sich Laien die wertvollen Stücke auf den Balkon stellen, könne man sie wohl schon nach 14 Tagen nur noch wegschmeißen. Das Verkaufen allerdings dürfte auch schwerfallen. „Ich erkenne die beiden Bonsai unter Tausenden wieder, gar kein Thema“, sagt der Besitzer. Und jeder, der deutschlandweit mit Bonsai zu tun habe, sei längst informiert. „Die bekommt man nicht verkauft!“

Die Hoffnung des Ehepaars: Wo auch immer die Bäumchen jetzt auftauchen – ein SZ-Leser könnte sie sehen und sich die Frage stellen, wo die beiden Exemplare eigentlich herkommen. Für Hinweise, die zur Wiederbeschaffung der Bonsai führen, setzen die Meißner 500 Euro Belohnung aus. Und auch die Polizei ist nicht tatenlos. Sie hat am Tatort im Meisatal bereits Spuren gesichert – unter anderem einen auffälligen Schuhabdruck auf dem frisch geharkten Sand der Einfahrt.

Beschreibung der Bäume: Die Wildolive ist ohne Schale 65 Zentimeter hoch. Besondere Merkmale: hohler Stamm mit rechts sitzender Krone. Die Schale stammt aus China und ist unglasiert. Die Hainbuche ist ohne Schale 55 Zentimeter hoch und hat unten einen Stammdurchmesser von sieben Zentimetern. Bei etwa zehn Zentimeter Stammhöhe gibt es einen aufrecht wachsenden Seitenast.

Hinweise an den Besitzer, 0171 3709830.