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Bricht der Gasthof bald zusammen?

Dafür spricht einiges bei Hartmanns Gasthof in Hauswalde. Ein Großröhrsdorfer Stadtrat sieht Gefahr in Verzug.

Von Reiner Hanke
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Für Hartmanns Gasthof im Rödertal bleibt wohl nur noch der Abbruch. In dieser Richtung bewegt sich jetzt etwas.
Für Hartmanns Gasthof im Rödertal bleibt wohl nur noch der Abbruch. In dieser Richtung bewegt sich jetzt etwas. © Matthias Schumann

Großröhrsdorf. Als jetzt in Bautzen ein Wohnhaus überraschend einstürzte, wirbelte das mächtig Staub auf. Im doppelten Sinne. Einmal beim Einsturz. Zum anderen, weil das Ereignis auch andere Bruchbuden in den Fokus rückt, die gefährlich werden könnten. An einer kommen viele Menschen auf der S 158 im Rödertal vorbei. Es ist Hartmanns Gasthof. 

Dass es mal ein repräsentativer Bau war, lässt sich kaum noch erahnen. Um das Schlimmste zu verhüten, musste vor ein paar Jahren das Landratsamt einschreiten. Seitdem verhüllt ein blaues Netz den maroden Bau. Damals hatten Anwohner auf den prekären Zustand aufmerksam gemacht. Zum Beispiel auf Dachziegel, die dort manchmal zu Boden donnerten und leicht Passanten verletzen konnten. Das ist nun schon wieder einige Zeit her.

Zugang ist ein Kinderspiel

Gefahren würden aber nach wie vor von dem Gebäude ausgehen, ist sich der Anwohner und Stadtrat Siegfried Mager sicher. Vorn ist der Bau verschlossen, die Fenster sind verschraubt. Aber auch im Rathaus ist bekannt, dass der Zugang von hinten durch ein paar Büsche ein Kinderspiel ist. Kinder oder Jugendliche sind offenbar auch im Gebäude unterwegs, ist sich Siegfried Mager sicher. Massenweise liegen leere Zigarettenschachteln herum. Ziegelsteine haben „Besucher“ zu einer Feuerstelle zusammengeschoben. Die scheint aber noch unbenutzt.

Ein gefährlicher Spielplatz. Wände sind herunter- und Decken eingebrochen. Dielenbretter fehlen. Wer unbedacht zwischen die Balken treten würde, könnte schnell eine Etage tiefer landen. Gerade im hinteren Bereich der früheren Fleischerei sieht der Stadtrat noch mehr Gefahr. Dort sind tragende Balken weggefault oder noch dabei. Wenn es die Wände nach außen drücke, „dann liegt alles auf der Krohnenbergstraße“, fürchtet der Stadtrat. Menschen könnten verletzt werden oder noch Schlimmeres geschehen. Nicht auszudenken, was passieren kann, wenn Schnee auf dem Dach lastet.

Durch zerbrochene Scheiben fällt der Blick auf die historisch wertvolle Ausmalung des Saales. 
Durch zerbrochene Scheiben fällt der Blick auf die historisch wertvolle Ausmalung des Saales.  © SZ/Reiner Hanke

Der Gasthof schloss schon vor der politischen Wende 1989/90. Siegfried Mager kann sich noch gut erinnern, als zum letzten Kirmestanz aufgespielt wurde. Im Saal oben zeugt noch die Malerei von besseren Zeiten. Im Artdeko-Stil gehalten, stellt die Wandmalerei eine Besonderheit dar. Darauf legt auch der Denkmalschutz wert. Ebenso wie auf die bau- und ortsgeschichtliche Bedeutung. 

Die Gemeinde hatte noch vor der Wende neue Fenster eingesetzt, wollte den Gasthof erhalten. Und im Gastraum mit der Holztäfelung hatte der Jugendklub mal sein Domizil. Seit der Wende verfalle das Gebäude. Die damalige Gemeinde Bretnig-Hauswalde habe Investoren gesucht, aber keine gefunden. Der Abriss war wegen des Denkmalschutzes nicht möglich. 

Schließlich hoffte die Gemeinde auf eine Versteigerung: „Wer dachte denn damals, dass ein Käufer sein Eigentum so verfallen lässt.“ Siegfried Mager räumt ein, dass der Rat damals zu blauäugig gewesen sei. Zwei andere ebenfalls versteigerte Gebäude kaufte die Gemeinde später zurück, die sind inzwischen abgerissen. Bei der Gasthofruine, war der Denkmalsschutz das Problem. Doch der sei nun aufgehoben, der Abriss jetzt möglich.

Einige Eigentümerwechsel

Er habe das Thema auch schon im Rathaus angesprochen, sagt Siegfried Mager. Bisher sei die Reaktion noch zurückhaltend gewesen – mit Verweis auf die Kassenlage. Doch inzwischen hat die Stadt ihre Position geändert. Das ist der Antwort auf eine SZ-Anfrage zu entnehmen.

Dort bestätigt Stadtsprecherin Anja Kurze, dass die damalige Gemeinde das Gebäude 2003 lastenfrei in einer Auktion verkauft habe. „Danach gab es einige Eigentümerwechsel. Seit 2011 ist das Grundstück mit dem Gebäude im Besitz des jetzigen Eigentümers.“ Der lebt auch nicht gerade in der Gegend, sondern ist dem Vernehmen nach aus Frankreich. Außerdem belasten mittlerweile Hypotheken das Grundstück. Die sind angefallen wegen der nötigen Zwangssicherung des Gebäudes durch den Landkreis. 

Um welche Summen es sich handelt, dazu schweigt sich der Kreis aus mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren. Auch behält sich der Kreis vor, eine Zwangsversteigerung anzuschieben, um an sein Geld zu kommen. Für die Stadt sei der Eigentümer selbst in den letzten Jahren gar nicht zu erreichen gewesen, sagt die Großröhrsdorfer Stadtsprecherin. „Die Kommunikation erfolgt über seinen Rechtsanwalt.“

Verhandlungen über Abriss

In diesem Monat habe jedoch der Denkmalschutz eingelenkt und in Aussicht gestellt, einem Abriss des Denkmals zuzustimmen. So habe die Stadt durchaus Interesse, das Gebäude zurück zukaufen: „Allerdings nur unter der Maßgabe, dass alle Gläubiger auf ihre offenen Forderungen, die im Grundbuch eingetragen sind, verzichten.“ Um dies zu prüfen, wurde die Stadt vom Anwalt des Eigentümers ermächtigt, mit den Gläubigern in Kontakt zu treten. Das ist immerhin ein Fortschritt.

Bis dahin müsse aber dringend die Sicherheit gewährleistet werden, so Siegfried Mager. Das Gebäude steht unter der Kontrolle der unteren Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Bautzen. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sei bei der letzten Begehung nicht erkennbar gewesen, heißt es.

Aber auch der Stadtverwaltung sei bewusst, dass trotz der straßenseitigen Sicherung durch die Bauaufsicht der unbefugte Zugang durchs Gestrüpp hinter dem Gebäude möglich ist. „Hier ist durch heruntergebrochene Bauteile und Decken ein Betreten nicht mehr gefahrlos möglich“, heißt es. Auch müsste der Kreis die Statik prüfen, wegen der möglichen Einsturzgefahr, rät Siegfried Mager.