Gravierende Änderungen an der Berufsschule

Region Döbeln. Landwirte, Kaufmänner und Frauen im Groß- und Einzelhandel, Fahrzeugtechniker – wer zukünftig einen dieser Berufe lernen will, der kann dies perspektivisch wahrscheinlich nicht mehr am Beruflichen Schulzentrum (BSZ) Döbeln-Mittweida. Das zumindest geht aus dem ersten Entwurf des Teilschulnetzplanes für die berufsbildenden Schulen hervor.
Darin heißt es unter anderem: Die Ausbildung zum Landwirt soll künftig am BSZ für Agrarwirtschaft, Ernährung und Hauswirtschaft mit Fachschulzentrum Freiberg-Zug konzentriert werden. Der Berufsbereich Fahrzeugtechnik soll aufgegeben werden. Dasselbe gilt für die Grundstufe Metalltechnik. Die Ausbildung zum Kaufmann/frau im Groß- und Einzelhandel soll, aufgrund zu geringer Schülerzahlen, am BSZ Wirtschaft in Chemnitz stattfinden. Ausbildungsberufe aus dem Bereich Wirtschaft und Verwaltung sollen teilweise nach Limbach-Oberfrohna abgegeben werden. Dort betreibt das BSZ Zwickau eine Außenstelle. Ein Teil der Schüler aus diesem Bereich soll zudem von der Burgstädter Außenstelle des BSZ Döbeln-Mittweida ins Stammhaus wechseln.
Bald mehr Lagerlogistiker am BSZ
Gute Nachrichten gibt lediglich für die angehenden Lagerlogistiker in der Region. „Für die Berufe ist eine Stärkung beziehungsweise Neueinrichtung durch eine Erweiterung des bisherigen Einzugsbereiches vorgesehen“, informierte Dirk Reelfs, Sprecher des Sächsischen Kultusministeriums.
Katrin Neumann, die Leiterin des BSZ, bestätigte die Ideen, die derzeit für die Schule diskutiert werden. Sie betont jedoch auch, dass es sich um einen ersten Entwurf handelt. Die Schulleitung sei dazu angehört worden und habe ihre Rückmeldung dem Landkreis als Schulträger mitgeteilt. „Der hat sicherlich das, was in seinem Sinn war, weitergegeben“, sagt Neumann. „Die Ausdünnung des Angebotes am BSZ Döbeln-Mittweida ist vom Landkreis nicht gewollt“, kommentierte Cornelia Kluge, Pressereferentin am Landratsamt in Mittelsachsen, die Pläne. Der Landkreis ist Träger von drei Beruflichen Schulzentren mit vier Außenstellen sowie des Fachschulzentrums Zug.
Entwurf sieht Erhalt aller BSZ vor
Ein beschlossener Teilschulnetzplan für die berufsbildenden Schulen werde voraussichtlich erst Ende des Jahres beziehungsweise Anfang des kommenden Jahres vorliegen, so der Ministeriumssprecher. Demnach werde der Plan voraussichtlich auch erst zum Schuljahr 2021/22 in Kraft treten. Anfang März wurde vom Kultusministerium ein erster Arbeitsentwurf des Plans vorgelegt. „Der Plan sieht den Erhalt aller Beruflichen Schulzentren und die Weiterentwicklung zu beruflichen Kompetenzzentren vor“, so Reelfs. Lediglich in Nordsachsen sollen in Abstimmung mit dem Kreis zwei BSZ zu einem Schulzentrum mit Außenstelle fusionieren.
Aktuell würden auf der Basis des Entwurfs noch Gespräche mit den beteiligten Partner geführt. Dies sind vor allem die Träger der Berufsschulen. Im Fall der vier berufsbildenden Schulen von Mittelsachsen ist das der Landkreis. „Mit zahlreichen Schulträgern wurden bereits Gespräche geführt, einige wenige stehen noch aus“, informierte Reelfs zum aktuellen Stand. Er rechnet frühestens im Herbst mit einem ersten Entwurf, der dann in das reguläre Anhörungsverfahren gehen werde.Ziel des Plans sei es, die BSZ fit für die Berufsausbildung von morgen zu machen und für die Wirtschaft bis 2030 ein Mehr an Planungssicherheit zu schaffen. Dies ist zumindest der Wunsch, den die Unternehmen sowie Schulträger bei einer im Vorfeld durchgeführten Online-Umfrage deutlich gemacht haben. „Jährliche Anpassungen im Ausbildungsangebot sollen damit der Vergangenheit angehören“, sagt Reelfs.
Angebote sollen gebündelt werden
In den vergangenen Jahren wurde die Beschulung an den Berufsschulen immer mittels Fachklassenlisten festgelegt. Diese wird es voraussichtlich auch im neuen Schuljahr noch geben. Mit dem neuen Plan sollen nun Ausbildungsangebote stärker gebündelt werden. Dies wiederum sorge für eine Stabilisierung der Standorte. Und für eine bessere Qualität der Ausbildung. Inwiefern für diese Vorhaben genügend Lehrer zur Verfügung stehen, spiele, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle.
Angebote zu bündeln ist auch der Hauptgrund für die Entwicklungen am BSZ Döbeln-Mittweida, meint Katrin Neumann. „Die Angebote sollen zentralisiert, Doppelangebote vermieden werden. Das Geld soll nicht mehr teilweise verteilt, sondern an einer Stelle konzentriert werden.“ Die Existenz ihrer Schule sieht sie aufgrund der ersten Entwürfe nicht gefährdet, wohl aber die des Standortes Burgstädt. Dort werden derzeit noch Schüler in kaufmännischen Berufen unterrichtet. Laut Entwurf ist vorgesehen, dass die Schüler zukünftig zum einen am Stammhaus lernen, zum anderen in Limbach-Oberfrohna.
Erzieherausbildung für Freiberg
Obwohl der neue Plan für die Berufsschulen erst 2021/22 spruchreif wird, beschäftigt sich schon am kommenden Mittwoch der Kreistag mit diesem Thema. Die Räte werden um ihre Zustimmung zum Aufbau einer Erzieherausbildung am BSZ für Agrarwirtschaft, Ernährung und Hauswirtschaft an der Turnerstraße gebeten.
Dort soll zunächst ab dem Schuljahr 2021/22 eine Berufsfachschule für Sozialwesen errichtet werden, um Sozialassistenten auszubilden. Nach der zweijährigen Ausbildung können die Absolventen ab 2023/24 schließlich an der Schule die dreijährige Erzieherausbildung beginnen. Dafür ist in Freiberg der Aufbau einer Fachschule für Sozialwesen mit der Fachrichtung Sozialpädagogik notwendig. Weil auch in der Region Freiberg der Bedarf an Fachkräften vorhanden sei, werde nun die zusätzliche Ausbildung am dortigen BSZ Turnerstraße beabsichtigt, erklärte Reelfs.
Mindestens 16 Schüler seien nötig, um eine Klasse zu eröffnen. Doch Fachleiterin Jessika Tschentscher vom BSZ an der Turnerstraße geht davon aus, dass sich mehr als 20 Interessenten finden werden. Schließlich sei die Nachfrage nach Erziehern derzeit groß. Darüber, dass diese Option am BSZ in Freiberg eröffnet wird, habe sie sich sehr gefreut. Zugleich sei Tschentscher aber auch überrascht gewesen. Einige Lehrer des BSZ hätten die Kompetenz, in dem Bereich zu unterrichten. Doch es müssten auch neue hinzukommen, um das neue Angebot abzudecken. Räumlichkeiten für die angehenden Erzieher gebe es auf jeden Fall in der Schule.
Zwei Klassen in Döbeln und Rochlitz
Als Konkurrenz sieht Katrin Neumann das Angebot in Freiberg nicht. „Wir haben keine Angst, dass uns Klassen wegbrechen. Es wird sich anders verteilen.“ Vielleicht werde es durch die zusätzliche Ausbildungsmöglichkeit gelingen, mehr angehende Erzieher zu gewinnen.Seit dem Schuljahr 2011/12 können am BSZ in Döbeln Schüler den Beruf des Erziehers lernen.
„Aufgrund der hohen Nachfrage wurde nach dem Zusammenschluss der BSZ an den Standorten Döbeln und Mittweida ab Schuljahr 2014/15 auch am Schulteil Rochlitz eine Klasse eingerichtet“, sagt Dirk Reelfs. Aktuell gebe es an jedem Standort in dem Bereich eine Klasse. Eine weitere könne, in Abstimmung mit dem Landesamt für Schule und Bildung sowie unter Beachtung der Mindestschülerzahl hinzukommen.
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