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Erfolg mit Corona-Medikament in Dresden

Das Dresdner Uniklinikum setzt ein Medikament gegen Covid-19 erfolgreich ein. Es hilft einer Krankenschwester aus Niesky.

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Die Intensivschwester Marie Kucianova (l.) und Dr. Laura Heim, Ärztin in Weiterbildung (r.), gehörten zum Team der Intensivstation, die 20 Tage lang Covid-19-Patientin Jenny Fischer versorgt haben.
Die Intensivschwester Marie Kucianova (l.) und Dr. Laura Heim, Ärztin in Weiterbildung (r.), gehörten zum Team der Intensivstation, die 20 Tage lang Covid-19-Patientin Jenny Fischer versorgt haben. © Uniklinikum Dresden/Marc Eisele

Dresden. Den Namen hat man in den vergangenen Wochen immer wieder einmal im Zusammenhang mit dem Coronavirus und dessen Behandlung gehört: Remdesivir. Der Wirkstoff wurde ursprünglich gegen das Ebolavirus entwickelt, zuletzt aber immer wieder auch testweise bei schwer kranken Covid-19-Patienten eingesetzt. Nun auch am Dresdner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus - mit Erfolg, wie das Klinikum am Freitag mitteilte. 

Die erste am Klinikum mit dem antiviralen Wirkstoff Remdesivir behandelte Covid-19 Patientin konnte demnach am Donnerstag entlassen werden. Dabei handelt es sich um eine 53-jährige Krankenschwester aus Niesky. Die Frau wurde knapp drei Wochen auf der Intensivstation der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie behandelt und musste davon sieben Tage maschinell beatmet werden.

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Am Tag vor ihrer Entlassung konnte sie einen ersten kurzen Gang auf der Station unternehmen, teilt das Klinikum mit. Weil sich der Zustand der Patientin unmittelbar nach der Verlegung aus einem Görlitzer Krankenhaus drastisch verschlechtert hatte, hätten sich die Intensivmediziner des Uniklinikums für die Gabe von Remdesivir entschieden, das derzeit nur im Rahmen von Studien angewendet werden darf.  

Dieses Medikament habe bei Covid-19-Patienten positive Effekte gezeigt: So seien schwere Verläufe abgemildert worden und die Zeit, die Patienten intensivmedizinisch versorgt werden mussten, konnte verkürzt werden. 

Krankenschwester: "Hatte Todesangst"

"Ich habe mich in die Hände der Menschen hier am Uniklinikum begeben, weil ich wusste, dass ich nur so überleben kann", zitiert das Klinikum Jenny Fischer am Vorabend ihrer Entlassung aus der Corona-Intensivstation. "Ich war immer für andere da und bin wie meine Mutter ein Stehaufmännchen. Dass das Coronavirus jemanden wie mich, der vorher keine gesundheitlichen Probleme hatte, so schwer erkranken lässt, hätte ich nicht geglaubt." Vor der Verlegung nach Dresden habe sie durch ihre Atemprobleme Todesangst gehabt. 

Nach ihrer überstandenen SARS-CoV2-Infektion hat Jenny Fischer noch auf der Intensivstation damit begonnen, ihre durch die Erkrankung geschwächte Lunge zu trainieren.
Nach ihrer überstandenen SARS-CoV2-Infektion hat Jenny Fischer noch auf der Intensivstation damit begonnen, ihre durch die Erkrankung geschwächte Lunge zu trainieren. © Uniklinikum Dresden/Marc Eisele

"Die intensivmedizinische Versorgung von Patienten mit besonders schweren Krankheitsverläufen ist auch für die Intensivmedizin eines Universitätsklinikums eine große Herausforderung", sagt Professor Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Klinikums. Doch die über viele Jahre aufgebaute Expertise und die Vernetzung mit Fachkollegen aus aller Welt ermögliche dem Klinikum Therapien auf dem aktuellen Stand der Medizin. "Dass wir auf diese Weise Leben retten können, zeigt die Bedeutung der universitären Spitzenmedizin."

Die Gabe von Remdesivir sei eine von mehreren Optionen, Covid-19-Patienten mit spezifischen, aber noch nicht in der klinischen Routine etablierten Therapien zu versorgen, erklärt Professorin Thea Koch, Direktorin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie. "Mit der erstmaligen Gabe des antiviralen Wirkstoffs haben wir guten Gewissens Neuland betreten können. Denn die Versorgung schwerstkranker Menschen ist Alltag auf unserer Intensivstation, bei der wir regelmäßig nach neuen Wegen suchen und uns dazu eng mit Kollegen aus der ganzen Welt vernetzt haben. So gelang es uns, nach der Entscheidung für die Gabe von Remdesivir bei dieser Patientin das Medikament sehr kurzfristig zu bekommen", so Koch. 

Krankheit ist "nicht zu unterschätzen"

"Ich kann die Menschen nicht verstehen, die sich nicht vor dem Coronavirus schützen oder die Krankheit herunterspielen", zitiert das Klinikum die Patientin Jenny Fischer weiter. Man habe ihr vor ihrer Entlassung die CT-Bilder ihrer Lunge vom Tag der Verlegung ins Uniklinikum gezeigt. "Die Entzündungsreaktion auf das Virus SARS CoV2 hat mehr als die Hälfte ihrer Lunge befallen, was sie in Lebensgefahr brachte. Eine lebensgefährliche Diagnose", erklärt die Klinik.

Nun mache Jenny Fischer regelmäßig Atemübungen, die in den kommenden Wochen in einer Rehaklinik intensiv fortgesetzt werden sollen. Sie hoffe, bald wieder als Krankenschwester arbeiten zu können. 

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Nachdem Jenny Fischer aus einem ostsächsischen Krankenhaus nach Dresden gebracht worden war, wurde laut Uniklinikum sofort eine maschinelle Beatmung sowie eine Bauchlagerungstherapie notwendig. "Computertomographische Bilder der Lunge und spezielle Labortests zeigten den Intensivmedizinern, dass für Covid-19 typische periphere Lungenarterienembolien vorlagen, die entsprechend behandelt wurden", so die Klinik. Bei der Lungenarterienembolie kommt es zu einem plötzlichen Verschluss von Blutgefäßen in der Lunge. 

Zusammen mit der Remdesivir-Therapie habe sich der Gesundheitszustand der 53-Jährigen rasch gebessert, sodass die invasive maschinelle Beatmung nach gut einer Woche beendet werden konnte. Durch die Expertise in der Behandlung von schwersten Formen des akuten Lungenversagens sei das Krankenhaus "fachlich und technisch optimal auf die Versorgung von intensivpflichtigen Covid-19-Patienten vorbereitet", erklärt Albrecht. "Trotzdem ist diese Erkrankung aufgrund der teilweise sehr langen und medizinisch komplexen Verläufe nicht zu unterschätzen und unterstreicht die Notwendigkeit spezialisierter Intensivstationen." 

Hintergrund zum Wirkstoff Remdesivir:

"Das ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelte Medikament gilt als ein mögliches Therapeutikum, um schwere SARS-CoV2-Infektionen zu behandeln", erklärt das Uniklinikum. US-amerikanische Aufsichtsbehörden hätten den begrenzten Einsatz des Wirkstoffes in Krankenhäusern per Ausnahmegenehmigung freigegeben. "Basis dafür war eine klinische Studie, die nachweisen konnte, dass die Gabe von Remdesivir bei Covid-19-Patienten die Zeit bis zu einer Genesung um mehrere Tage verkürzen kann."

In Deutschland sei das Mittel innerhalb eines vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bestätigten Arzneimittel-Härtefallprogrammes zugänglich und werde in klinischen Studien getestet, an denen sich auch das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden beteilige. (SZ)

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