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Corona: Wie das Ordnungsamt die Ausgangssperre prüft

Die SZ hat eine Streife zwei Stunden lang durch Görlitz begleitet. Und dabei Kulanz erlebt, aber auch Müll und Hundehalter.

Von Ingo Kramer
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Marek Eberhardt, Karolina Jakubiszak und Jan Tokarski (v.l.) gehen gemeinsam für das Ordnungsamt auf Streife. Hier haben sie gerade die Konditorei Kretschmer auf der Berliner Straße kontrolliert. Fazit: Alles in Ordnung, der Betrieb kann weitergehen.
Marek Eberhardt, Karolina Jakubiszak und Jan Tokarski (v.l.) gehen gemeinsam für das Ordnungsamt auf Streife. Hier haben sie gerade die Konditorei Kretschmer auf der Berliner Straße kontrolliert. Fazit: Alles in Ordnung, der Betrieb kann weitergehen. © Nikolai Schmidt

Dienstag, 16 Uhr. Kurze Dienstbesprechung im Hof der Jägerkaserne. Wo fangen wir heute an? „Wir sollten vielleicht gleich mal mit der Konditorei und dem Blumenladen beginnen“, schlägt Marek Eberhardt vor. Bürger hätten gemeldet, dass in beiden Kundenverkehr herrsche – trotz der Ausgangsbeschränkung aufgrund der Corona-Gefahr.

Also steigen Marek Eberhardt und seine Kollegen Karolina Jakubiszak und Jan Tokarski in den VW-Transporter und steuern als Erstes die Berliner Straße an, dann den Blumenladen gegenüber des Südausganges am Bahnhof.

Die drei sind „Sachbearbeiter kommunale Ordnung“ beim Ordnungsamt der Stadt Görlitz. Das heißt, auf ihren Touren überwachen sie die öffentlichen Plätze, die Spielplätze und andere markante Orte. Sie achten auf Jugendschutz, Lärm, Müll, Hundekot. Das tun sie auch jetzt noch, trotz Corona.

Aber aktuell achten sie zusätzlich auch darauf, dass die Leute sich an die Ausgangsbeschränkungen halten, also dass neben Familien nicht mehr als zwei Leute zusammen draußen unterwegs sind. Auf den Verkehr achtet das Trio weniger. „Kommunaler Ordnungsdienst und Verkehrsüberwachung sind zwei verschiedene Gruppen im Ordnungsamt“, erklärt Jan Tokarski.

Am Blockhaus ist der Zaun heruntergetreten. Jan Tokarski (Mitte) richtet ihn im Beisein seiner beiden Kollegen provisorisch auf.
Am Blockhaus ist der Zaun heruntergetreten. Jan Tokarski (Mitte) richtet ihn im Beisein seiner beiden Kollegen provisorisch auf. © Nikolai Schmidt

Die Konditorei Kretschmer betreten sie zu dritt. Und stellen schnell fest: Alles in Ordnung. Außer-Haus-Verkauf findet statt und darf auch stattfinden. Auf den Tischen stehen Schilder, dass niemand hier sitzen darf. Die Verkäuferin versichert, dass tatsächlich seit Donnerstag keiner mehr im Café Platz genommen hat. Die drei vom Ordnungsamt erklären ihr, dass sie in nächster Zeit noch öfter kontrollieren werden – aufgrund des Bürgerhinweises.

Im Blumenladen hinter dem Bahnhof stehen zwei Stühle in der geöffneten Eingangstür. Ein einzelner Kunde draußen, die Ladeninhaberin drinnen. Offiziell darf sie nur Lieferdienst und Abholungen anbieten. Tatsächlich können an der Tür auch Kunden einkaufen, die nicht vorbestellt haben.

Eine Grauzone. Das Trio vom Ordnungsamt entscheidet schnell: Der Blumenladen darf so weitermachen. Solange sich kein Kunde im Laden aufhält und draußen keine Menschentraube steht, sieht es die Behörde entspannt. Aber auch hier die Ansage: „Wir werden das weiter beobachten.“

Dann sind die Stellen dran, bei denen es öfter Bürgerbeschwerden gibt. Auf dem Spielplatz August-Bebel-Platz hält sich niemand auf. In der Arndtstraße, wo Probleme mit Hundekot gemeldet wurden, ist kein Hundehalter zu sehen. „Wir werden nach 20 Uhr noch mal wiederkommen“, sagt Tokarski. Im Kreuzkirchenpark spielen zwei Jungs Fußball. Als sie die drei Uniformierten erblicken, sind sie im ersten Moment verunsichert. Dann winkt Eberhardt ihnen freundlich zu. Einfach als Zeichen: „Alles okay, Ihr könnt weiterspielen.“ Da sie nur zu zweit sind, tun sie nichts Verbotenes.

Nichts los im Kreuzkirchenpark.  Jan Tokarski, Karolina Jakubiszak und Marek Eberhardt (v.l.) laufen die Stellen ab, wo sich manchmal Menschen sammeln.
Nichts los im Kreuzkirchenpark.  Jan Tokarski, Karolina Jakubiszak und Marek Eberhardt (v.l.) laufen die Stellen ab, wo sich manchmal Menschen sammeln. © Nikolai Schmidt

Dann kommt noch ein junges Paar mit Hund in den Park. Karolina Jakubiszak fragt nach Steuermarke, Leine und Kot-Tüten für den Hund, die Halterin kann alle drei Dinge vorweisen, nennt auf Nachfrage ihren Namen und ihre Adresse. Auch hier bleiben alle Beteiligten entspannt und freundlich. Ganz im Gegensatz zu dem Hundehalter, der zwei Minuten später oben an der Kreuzkirche auftaucht und überhaupt nicht einsieht, dass er eine Leine benötigt. Er droht gleich mit seinem Anwalt und einem Gerichtsprozess. Die Ordnungshüter lassen sich nicht darauf ein: So lange ihm kein Gericht recht gegeben hat, braucht er eine Leine.

Nächste Station Blockhaus. Eine Frau berichtet, dass hier vorige Nacht zwei Männer über den Viadukt nach Polen gelaufen seien. Einer habe zuvor noch in der Böschung gebuddelt. Tatsächlich ist der Zaun heruntergetreten. Jan Tokarski richtet ihn provisorisch wieder auf, dankt der Frau für den Hinweis – und will den Kollegen von der Bundespolizei Bescheid geben, denn sie sind hier zuständig.

Ringsum ist alles ruhig, auf der Friedenshöhe kaum Menschen und auch auf einer Plattform unter dem Viadukt, wo sich seit Herbst oft Jugendliche treffen und viel Müll hinterlassen, ist nichts los. „Die werfen leere Flaschen gegen den Brückenpfeiler, die Scherben liegen dann unten auf dem Radweg“, sagt Eberhardt. Heute aber ist alles in Ordnung.

Unter dem Viadukt sammelt sich seit Herbst immer wieder Müll, weil Jugendliche hier verstärkt herumhängen.
Unter dem Viadukt sammelt sich seit Herbst immer wieder Müll, weil Jugendliche hier verstärkt herumhängen. © Nikolai Schmidt

Das gilt auch für die nächsten Stationen: das Gelände der Parkeisenbahn, den Stadtpark, den Uferpark, den Spielplatz Uferstraße. Es ist zwar kalt, aber sonnig. „Normalerweise wären bei dem Wetter viel mehr Leute hier unterwegs“, sagt Tokarski. Auch sein Kollege lobt die Görlitzer: „Die Allermeisten halten sich sehr diszipliniert an die Ausgangsbeschränkungen“, so Eberhardt.

In den gesamten zwei Stunden müssen seine Kollegen und er keine einzige Menschenansammlung auflösen. Er lobt die Görlitzer für ihre Einsicht: „Bei manch einem Spielplatz wäre es ja ein Leichtes, über die Hecke zu steigen, aber die Leute tun es nicht.“ Eberhardt und seine Kollegen fahren jetzt wieder kurz zur Jägerkaserne. Pinkelpause. Dann sind die nächsten Stationen im gesamten Stadtgebiet dran. Bis zum Feierabend um 22 Uhr haben sie noch viele Plätze auf ihrer Liste stehen.

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