Der Mäzen von Glashütte

Zeit ist kostbar. Auch für Uwe Ahrendt. Als Geschäftsführer des Uhrenherstellers Nomos Glashütte hat er einiges um die Ohren. Gerade baut seine Firma das Geschäft in Asien aus, gründet dort zwei Unternehmen, die den Markt erschließen sollen. Trotzdem nimmt er sich Zeit für seine Heimatstadt. „Ich bin eben ein Glashütter Original. Und das mit Leib und Seele“, sagt Ahrendt, noch 49 Jahre alt, mit einem schelmischen Lächeln. Diesen Namen führt ein Konkurrent seiner Firma.
Ahrendts Unternehmen beschäftigt 300 Leute, hauptsächlich in Glashütte. Hier engagiert sich Ahrendt gern, mal als Privatmann, mal als Unternehmer. „Rumjammern ist einfach.“ Und sein Ding ist das nicht. Er gestaltet lieber. „Jeder sollte sich mit den Möglichkeiten einbringen, die einem zur Verfügung stehen“, sagt er.
Uhrenfirma kauft ehemalige Kirche
Für Schlagzeilen sorgte der Glashütter zuletzt mit dem Kauf der früheren katholischen Kirche. Dieses Gotteshaus gehört seit den 1950er-Jahren zum Stadtbild. Und das soll so bleiben. Schon das war für Ahrendt der Grund, es zu kaufen, wenngleich er es anders nutzen wird. Wie, das möchte der Unternehmer noch nicht verraten. Noch werde geplant, sagt er. Trotzdem soll die Ex-Kirche nicht ungenutzt bleiben. Es gibt eine Übergangslösung. Anfang März findet hier ein Konzertabend mit Dietmar Löhnert statt, den Ahrendt mit einigen Kumpels organisiert. Darauf haben offenbar viele gewartet. „Wir haben fast alle Karten verkauft“, sagt Ahrendt. Das motiviert. Deshalb wird es nicht lange bis zur nächsten Veranstaltung dauern.
„Ich engagiere mich gern“, sagt der Glashütter. Und das ist nicht nur ein Spruch. Nach dem verheerenden Augusthochwasser im August 2002 gründete Ahrendt einen Verein. Dieser sollte den Mitbürgern helfen, ihre Schäden an Gebäuden und Grundstücken zu beseitigen. „Damals gab es eine 80-prozentige Förderung“, erinnert sich Ahrendt. Einige schafften es aber nicht, die 20 Prozent Eigenkapital aufzubringen. Hier sprang sein Verein ein. „Wir hofften, dass wir 100 000 Euro einsammeln können“, sagt Ahrendt. Am Ende waren es 1,2 Millionen Euro. Bei ihm gingen Spenden von 8,50 bis 150 000 Euro ein. Mit ihrer finanziellen Hilfe gelang es dem Verein, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen.
Die ist inzwischen zwar verflogen. Dafür hat sich Glashütte zu einer hübschen Kleinstadt gemausert, in der nur wenige nichtsanierte Häuser stehen. Für Ahrendt kein Grund, die Hände in den Schoss zu legen. Seine Firma und er unterstützen jetzt Vereine und Initiativen. So gab und gibt es immer mal eine Finanzspritze für die Feuerwehr, für die Veranstalter von Dorf- und Stadtfesten.
Seit mehreren Jahren schenkt Nomos der Stadt hochwertige Uhren, die damit verdienstvolle Bürger ehren kann. Und im Sommer ermöglichte es die Firma den Fußballbegeisterten der Uhrenstadt, sich die WM-Spiele auf einer Großleinwand anzuschauen. Dass das dann wenig Spaß machte, lag aber nicht an Nomos, sondern am Team von Jogi Löw. Ahrendt macht es Spaß, solche Initiativen zu unterstützen. Auch wenn er nicht immer ein Danke zu hören bekommt. „Irgendwann kommt etwas zurück.“ Oder es wächst etwas Neues, wie der Glashütter Freizeit- und Kulturverein, dem er seit zwei Jahren angehört und der aus seiner Sicht eine gute Entwicklung genommen hat.
Uwe Ahrendt bedauert, dass die Debatte um den Neubau eines Stadtbades nicht sehr glücklich verlief. Sechs Jahre wurde ausführlich diskutiert, geplant und verglichen. Am Ende blies der Stadtrat das Projekt mit knapper Mehrheit ab. Das war nicht gut, findet Ahrendt. „Die Debatte hat den sozialen Frieden in Glashütte gestört. Und auch das Verhältnis zwischen der Kernstadt und den Ortsteilen hat darunter gelitten.“ Obwohl er in der mitunter sehr leidenschaftlich geführten Debatte nur selten das Wort ergriff, möchte er jetzt mithelfen, die Wogen zu glätten.
Unternehmer kauft Gasthaus im Prießnitztal
Selbst zum Bauherrn eines solches Bades möchte er nicht werden. Dafür fehlt ihm die Zeit, sagt Ahrendt. Er möchte aber, dass die Glashütter wieder zu ihrem Bad kommen. Deshalb unterstützt er die Initiative zum Bau eines Schwimmteiches im Prießnitztal. „Das Bad würde dort gut hinpassen.“ Deshalb sei er auch bereit, das dafür notwendige Bauland kostenlos zur Verfügung zu stellen. Schließlich gehört ein Großteil der Fläche, auf dem das Bad gebaut werden könnte, zur Ausflugsgaststätte Bretthäus’l und damit ihm.
Denn es war Uwe Ahrendt, der diese beliebte Ausflugsgaststätte vor dem Aus bewahrte, als der langjährige Gastwirt Klaus-Dieter Klaproth 2016 bekanntgab, dass er sich zurückziehen wolle. Es gab einige Bewerber, die das Gasthaus kaufen und zu einem Wohnhaus umbauen wollten. Das wollten weder Klaproth noch Ahrendt. Der Nomos-Chef erklärte sich bereit, das Anwesen zu kaufen und zu verpachten. Klaproth gelang es, einen Gastwirt als Pächter zu gewinnen.
Ob es nun den Badbefürwortern gelingt, ein Bad gebaut zu bekommen, bleibt abzuwarten. Ahrendt ist zuversichtlich. Er glaubt, dass der Freistaat bereit ist, so ein Projekt im ländlichen Raum zu fördern. Und auch mit der Naturschutzbehörde ließe sich ein Kompromiss finden, um dieses Bad ins Landschaftsschutzgebiet einzufügen. Der Teich könnte mit dem Gasthaus, einem Spielplatz und einem Beachvolleyballplatz zu einem Naherholungszentrum werden. „Das ist eine schöne Vision.“
Von der CDU zu den Grünen
Ahrendt will bei diesem Prozess weiter als Stadtrat mitwirken. Seit 1999 ist der Parteilose Abgeordneter – bisher mit dem Mandat der CDU. Nun hat er sich für die Grünen aufstellen lassen. „Die haben mich zuerst gefragt“, sagt er. Und weil er die Grundausrichtung der Partei teilt, willigte er ein. Doch damit nicht genug. Ahrendt ließ sich als Kandidat auch für den Kreistag und den Glashütter Ortschaftsrat aufstellen. Kurz danach informierte er Bürgermeister Markus Dreßler von dem bevorstehenden Wechsel. Dreßler, viele Jahre Chef des CDU-Stadtverbandes, soll nicht begeistert gewesen sein. „Er hat mir aber alles Gute gewünscht.“
Für den Fall, dass er erneut zum Stadtrat gewählt werde, wolle er sich gegenüber Dreßler und den anderen Stadträten mit CDU-Mandat aber nicht anders verhalten. „Bei uns in Glashütte ging es immer um Sachthemen.“ Er hofft, dass es nach der Wahl nicht zu ideologischen Auseinandersetzungen kommt. Die sind auf Landes- und Bundesebene zuweilen wichtig, aber nicht in einer Kleinstadt, findet er. Es wäre schade um die Zeit, die bekanntlich auch in Glashütte kostbar ist.
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