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Doppelstart für Pflegernachwuchs

An der Freitaler Klinik werden jetzt neben dem Sommer auch im Frühjahr Auszubildende eingestellt. Das hat gleich mehrere Vorteile.

Von Annett Heyse
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Die leichte Lektion zuerst: Ausbilderin Ingrid Benabdellah übt mit den Azubis Johannes Richter und Elisabeth Schleinitz das Messen des Blutdrucks.
Die leichte Lektion zuerst: Ausbilderin Ingrid Benabdellah übt mit den Azubis Johannes Richter und Elisabeth Schleinitz das Messen des Blutdrucks. © Karl-Ludwig Oberthür

Die erste Lektion ist denkbar einfach. Ausbilderin Ingrid Benabdellah setzt sich das Doppel-Stethoskop auf, ihr Azubi Johannes Richter bekommt das zweite Ende auf die Ohren. Mitschülerin Elisabeth Schleinitz muss die Patientin mimen. Es geht ums Blutdruckmessen, für Pflegekräfte im Krankenhaus tägliche Routine. 

Die neuen Azubis müssen es erst noch lernen. Benabdellah macht mit routinierten Handgriffen vor, wo die Manschette sitzen und das empfindliche Ende des Stethoskops aufgelegt werden muss.

Grundlagentraining im Frühjahr? Tatsächlich haben mitten im Schuljahr fünf neue Auszubildende an den Helios Weißeritztalkliniken Freital-Dippoldiswalde angefangen. Zum zweiten Mal nach 2018 startete man ganz bewusst Anfang März mit einer neuen Klasse. „Es geht uns vor allem darum, die Nachwuchskräfte in drei Jahren im Frühjahr übernehmen zu können“, erklärt Pflegedirektor Jens Stoppok. Pro Kalenderjahr werden an den beiden Kliniken in Freital und Dippoldiswalde 15 Gesundheits- und Krankenpfleger ausgebildet, so die offizielle Berufsbezeichnung. Würden die alle im Sommer fertig werden, hätte man zwar immer in der Jahresmitte einen ganzen Schwung neuer Pfleger, aber eben auf einen Schlag. „Bilden wir auch ab März aus, kann man das entzerren. Das ist uns wichtig“, sagt Stoppok.

Doch die Klinik eröffnet die Märzklassen nicht nur aus organisatorischen Gründen. Es geht noch um etwas anderes. Man will die Leute am Lehrlingsmarkt abschöpfen, die aus unterschiedlichen Gründen im Sommer keine Ausbildung beginnen konnten oder wollten. Denn schließlich konkurrieren die verschiedenen Branchen um die Schulabgänger, Lehrstellenabbrecher und Quereinsteiger. Das Handwerk hätte sie gern, die Industrie, die Verwaltung – im kommenden Sommer mit dem nächsten turnusgemäßen Schuljahresbeginn. Um der Konkurrenz zuvorzukommen, starteten mehrere Krankenhäuser im Großraum Dresden schon vor Jahren das Projekt „Märzklasse“, zum Beispiel das Uniklinikum Dresden. Recht erfolgreich, wenn man die Zahlen hört: „In unserer Schulklasse sind wir 20 Leute“, berichtet Johannes Richter.

Richter ist ein gutes Beispiel dafür, welche Auszubildenden der Markt hergibt, wenn Arbeitgeber nur gezielt danach suchen und auch mitten im Schuljahr mit der Lehre beginnen. Richter stammt aus Mecklenburg und zog extra für die Ausbildung nach Sachsen. Er ist 29 Jahre alt und hat bereits ein Hochschulstudium in der Tasche. Als Historiker bekam er aber immer nur Praktikumsplätze angeboten, oft ohne Bezahlung. „Eine Festanstellung ergab sich nicht“, berichtet Richter.

Irgendwann musste er auch mal ans Geldverdienen denken. Weil er bereits seinen Zivildienst in einem Krankenhaus absolviert hatte, wagt er jetzt den Neustart als Pfleger. Einige Wochen Berufsschule hat er bereits hinter sich. „Es ist sehr interessant, man hat viel Verantwortung. Das gefällt mir. Außerdem sind wir eine tolle Klasse“, so sein erster Eindruck.

Auch Stoppoks Eindruck von den neuen Azubis ist gut. „Noch gibt es mehr Bewerber als Stellen. Insofern gelingt es uns immer, sehr gute Leute zu finden.“ Pro Jahrgang bleiben von 15 Auszubildenden zehn nach dem Abschluss und werden übernommen. Es könnte gerne eine höhere Quote sein, deutet Stoppok an, aber wie das eben sei mit jungen Leuten: Manche Lebenswege und auch Lebenssituationen würden sich eben anders entwickeln.

Deshalb setzt die Klinik auch auf ältere Berufsanfänger und Seiteneinsteiger. Johannes Richter, der Mann mit dem abgeschlossenen Hochschulstudium, ist mit seinen 29 Jahren bei Weitem nicht der älteste Azubi. Eine Mitschülerin ist 52.

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