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Sind Dorfläden jetzt die Rettung?

Isoliert auf dem Land, das kann zu Problemen führen. Dorfläden in der Sächsischen Schweiz geben nicht nur Halt, sondern sind erfinderisch.

Von Anja Weber
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Neuer Lieferservice im Dorfladen Lichtenhain: Nadine Müller zeigt eine Liefertasche und eine Rolle WC-Papier. Das gibt es jetzt dazu.
Neuer Lieferservice im Dorfladen Lichtenhain: Nadine Müller zeigt eine Liefertasche und eine Rolle WC-Papier. Das gibt es jetzt dazu. © Steffen Unger

Das Team des Dorfladens in Lichtenhain ist gut drauf, obwohl in den nächsten Tagen durchaus auch mehr Arbeit auf sie zukommen könnte. Ihre Chefs Ilka und Bert Schäfer vom Berghof Lichtenhain nebenan, bieten ab sofort auch Lieferservice an. "Es gab schon ein paar Nachfragen, deshalb hat sich das Team jetzt darauf geeinigt, Kunden die in dieser Zeit nicht zum Einkaufen vor die Tür gehen möchten, kostenlos zu beliefern", sagt Bert Schäfer. Bestellt wird per Telefon. Die Lieferung kann dann in bar oder auch mit vorab erworbenen Gutscheinen bezahlt werden. Und das Dorfladen-Team hatte noch die witzige Idee: Für jeden Einkauf im Lieferdienst gibt es eine Rolle WC-Papier gratis dazu.

Gerade in Zeiten der Isolation ans Wohnumfeld müssten doch die Dorfläden Hochkonjunktur haben.  Das Einkaufen in den Supermärkten wurde weiter reglementiert. Das schreckt manche ab. Alternative sind eben die "Tante-Emma-Läden". Bei Jens Petters  vom Dorfladen in Hinterhermsdorf ist von einem Ansturm noch nichts zu spüren. Ein paar mehr einheimische Kunden würden kommen. Auch seinen Lieferdienst halte er am Laufen. "Hier gibt es aber noch so die richtige dörfliche Gemeinschaft, wo die Kindern für ihre Eltern und Großeltern das Nötigste mitbringen", sagt er. Dennoch gebe es auch Rentner, die nun regelmäßiger zu ihm kommen.

Noch stellt man auch in Lichtenhain nur kleine Veränderungen fest. "Wir haben einen festen Kundenstamm, der kommt bewusst zu uns. Und dafür sind wir auch dankbar. Dann kommen jetzt auch noch ein paar neue hinzu", sagt Bert Schäfer. Es sei aber nicht so, dass sein Dorfladen praktisch überrannt werde. Allerdings habe man sich schon auf die Situation eingestellt und das Sortiment auch etwas erweitert, zum Beispiel um Konserven. "Wenn Kunden darüber hinaus Produkte brauchen, können wir die auch bestellen. Ist also auch etwas mehr Service", sagt er. Außerdem wird verstärkt der online-Handel genutzt. Eine Möglichkeit, die eigenen Hausprodukte auch weiter zu vermarkten. Während sein Dorfladen in Lichtenhain läuft, sieht es bei seinem zweiten Geschäft im Kurort Rathen weniger rosig aus. Hier machen sich die Ausgangsbeschränkungen bemerkbar. "Die Touristen und Wanderer bleiben aus. Das wirkt sich natürlich auf das Geschäft aus.  Einige Einheimische kommen aber schon", sagt er. Einen Lieferservice bietet er für Rathen derzeit noch nicht an. Sollte die Nachfrage da sein, dann werde er das auch dort einrichten.

Rettungsanker trotz Sicherheitszone

Die Dorfläden selbst könnten jetzt für manche der Rettungsanker werden. Auch wenn hier der Sicherheitsabstand ebenso eingehalten werden muss, sieht man doch mal jemand anderen außer die eigenen vier Wände. Und Einkaufen ist ja nicht verboten. Würden die Dorfläden nun die Krise nicht überstehen, wäre das auf lange Sicht ein herber Verlust für die Orte, in denen es noch solche kleinen Geschäfte gibt. Schon vorher  war es für die Betreiber solcher Läden nicht leicht, schwarze Zahlen zu schreiben.  In den Orten sei man aber häufig froh, dass es solche Läden gebe, weiß Lars Fiehler von der Industrie- und Handelskammer Dresden. Der Vorteil liege auf der Hand. Man müsse nicht in den Supermarkt, bekomme Klatsch und Tratsch und könne sich gemeinsam an früherer Zeiten erinnern, als es noch den Konsum, den Bäcker und den Fleischer im Dorf gegeben hat.  Und deshalb wäre es auch wichtig, dass solche Geschäfte in Krisenzeiten Zulauf haben. Denn mit Blick in die Zukunft wären sie dann wieder der Treff im Ort schlechthin. 

Ein Brot, einmal Eier, drei Doppelte und die Zeitung, so lautet eine der ersten Bestellungen am Freitagmorgen bei Tilo Hamann, der in Waltersdorf im ehemaligen Erbgericht einen Imbiss und einen Einkaufsmarkt betreibt und das seit 2014.  Vorher war er 20 Jahre bei Kaufland, eine Erfahrung die ihm in Krisensituationen zugute kommt. "Wir haben zwei Hochwasser mitgemacht, jetzt die Corona-Krise. Da weiß ich schon, was die Leute jetzt dringend brauchen und wo Engpässe auftreten", sagt er. Damit habe er sich als Verkäufer auch mehr eingedeckt, mit Milch, Konserven und anderen. Und der Vorteil. Auf dem Dorf wurde auch nicht gehamstert. Man kennt sich schließlich.

Tilo Hamann spürt bereits einen deutlich höheren Ansturm auf seinen Einkaufsladen. Es kommen zum einen mehr Kunden und zum anderen nehmen die auch mehr mit. "Die meisten sagen, dass ihnen der Einkauf im Supermarkt mittlerweile zu stressig ist", sagt er. Als Ladenbesitzer muss er jedenfalls selbst nun täglich einkaufen und für Nachschub sorgen. Einen Lieferservice bietet er als Ein-Mann-Betrieb nicht an. Dafür gibt es aber auch noch einen Imbiss. Der ist zum Mitnehmen von Speisen ebenfalls geöffnet.

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