"Der Wolf ist gut für die Dresdner Heide"

In der Dresdner Heide siedelt sich ein Wolfsrudel an. Die Nachricht wurde in den vergangenen Tagen intensiv unter den Dresdnern diskutiert. Im Sächsische.de-Interview spricht Tierärztin Tanja Schewe darüber, wie sich Schäfer schützen können und wie nah man den Tieren kommen kann.
Frau Schewe, der Wolf ist in die Heide gekommen, müssen sich die Dresdner nun Sorgen machen?
Wölfe sind per se im Normalfall sehr scheu. Daher meiden sie im Regelfall die Nähe des Menschen und die Wahrscheinlichkeit, einen Wolf in der Heide dann tatsächlich zu beobachten, ist sehr gering und selten möglich.
Vor allem die Schäfer und Landwirte fürchten um ihre Tiere, können Sie ihnen die Sorgen wirklich nehmen?
Der Wolf an sich als Regulationsmechanismus in der Natur hat seine Funktion und ihn so einfach nur als „Killer“ darzustellen, vor dem jeder Angst haben muss, ist sachlich falsch.

Aber es gab doch schon Schafsrisse in Dresden, die vermutlich vom Wolf ausgingen...
Wölfe ernähren sich hauptsächlich von Wildtieren wie Rehen und Wildschweinen. Sie brauchen zur täglichen Ernährung auch nur sehr kleine Mengen an Fleisch. Das kann man schön als Besucher während einer Fütterung im Wildgehege sehen. Mit so zwei 10-Liter-Eimern voll kleiner Fleischstücke oder Futtertiere werden alle derzeitigen Tiere insgesamt gefüttert.
Wie können sich Schäfer denn schützen?
Momentan sind sich die Fachleute einig, dass der beste Schutz einer Herde aus hohem Elektrozaun plus Herdenschutzhund besteht. Ein Elektrozaun alleine bringt manchmal noch nicht so viel. Ein guter Herdenschutzhund lebt dabei sogar ganzjährig mit seinen Schafen draußen und verteidigt die dann auch entsprechend.
Und wenn die Wölfe trotzdem ein Schaf reißen, wie bewerten Sie die Forderung nach dem Erschießen solcher Tiere?
Trotz Schutzmaßnahmen wie den Zaun gegen Wölfe kann es natürlich zu Übergriffen vereinzelter Tiere kommen. Und da sehe ich zumindest schon die Option, dann nur für diese einzelnen Tiere nach einer Prüfung eine Schusserlaubnis zu geben. Ein Wolf, der das gelernt hat, könnte das sonst den Jungtieren so beibringen. Einen wildernden freilaufenden Hund darf ein Jäger ja auch erschießen, wenn eine Wilderei durch dieses Tier nachweisbar ist. Tritt zum Glück selten auf, aber kann natürlich passieren.
Also wird es in Dresden mal eher weniger Rehe und Wildschweine geben?
Die Tiere vermehren sich ohnehin sehr stark und der Wolf ist seit jeher ein natürlicher Regulator. Und für die Bäume kann ein zu viel an Rehen und Wildschweinen auch schwierig werden.
Sie meinen, weil sie die Jungbäume annagen?
Genau. Viele Forstwirte haben Probleme, ihre Junganpflanzungen gesund und sicher groß zu bekommen. Durch „Verbiss“ durch Rehe, Hirsche, Kaninchen und Co. werden Jungtriebe an den Bäumen zerstört und der wachsende Baum kann nicht gerade wachsen oder stirbt sogar ab. Zäune im Wald um solche Jungpflanzungen könnten helfen, aber auch nur eingeschränkt, laut Aussage der Forstwirte. Es ist aber trotzdem ein beträchtlicher Schaden durch solchen Verbiss festzustellen. Wölfe halten die Menge an Hirschen und Rehen gut im Griff und die Bäume können sicher aufwachsen. Darum ist der Wolf auch gut für die Heide.
Aber übernehmen nicht eigentlich die Jäger die Funktion, die Population der Tiere in Maßen zu halten?
Da es viele Jäger gibt, die die Jagd nur als Hobby betreiben, erfolgt die Reduzierung der Zahl der Tiere oft nicht angepasst. An Wildschweine trauen sich auch manche Jäger nicht ran, weil es da durchaus auch schon Todesfälle bei der Jagd gibt.
Wie groß ist die Ansteckungsgefahr für Menschen?
Diese Gefahr halte ich für sehr gering. Der direkte Kontakt zum Wolf ist im Normalfall nicht gegeben und so ist die Übertragung von Krankheiten fast unmöglich. Jäger berichten immer vom „Horrorszenario“ tollwuterkranker Wölfe. Bei der Tollwuterkrankung kommt es zu Wesensveränderungen der Tiere und die natürliche Scheu vor dem Menschen verschwindet. Dann bestünde tatsächlich eine geringe Gefahr, durch menschlichen Kontakt das Tollwutvirus auf den Menschen zu übertragen. Doch die Gefahr ist, wie gesagt, beim Wolf gering, da ist sie bei importierten Hundewelpen viel größer.
Wie meinen Sie das?
Wir hatten tatsächlich zwei Tollwutfälle bei importierten Hunden aus Tierschutzprogrammen. 2008 trat die Tollwut bei einem Hund aus Bosnien auf, sowie ein Fall bei einem Hundewelpen, der als Tierschutzhund aus Marokko importiert wurde.
Wie lässt sich das verhindern?
Es ist nun gesetzlich in der EU vorgeschrieben, dass erst nach der Tollwut-Impfung und drei Wochen Wartezeit ein Hund in die EU eingeführt werden darf, oder eine deutsche Grenze überschreiten darf. Da ein Welpe frühestens mit der 12. Woche geimpft werden darf und dann die drei Wochen zusätzlich abgewartet werden müssen, kann ein Welpe bei der Einfuhr nach Deutschland aus dem Ausland so frühestens nach 15 Wochen hier sein.
Die Fragen stellten Julia Vollmer und Melanie Schröder.