Dresden. In Erfurt, Chemnitz und Dresden ist die Droge Crystal stärker verbreitet als im Rest Deutschlands. Chemnitz hatte 2017 den höchsten Wert, nun aber in der aktuellen Analyse von 2018 ist es Erfurt. Kokain spielt in Sachsen eine vergleichsweise verschwindende Rolle. Das geht aus der europaweiten Score-Studie 2018 hervor.
Mehr als 70 Städte haben an dieser Untersuchung teilgenommen – freiwillig. In Deutschland sind es acht. Björn Helm, an der Technischen Universität Dresden Leiter der Siedlungshydrologie, ist für den deutschen Teil der Untersuchungen zuständig. Für die Sächsische Zeitung hat er speziell noch einmal diese deutschen Daten ausgewertet. Seit 2011 schauen die Wissenschaftler mit chemischen Methoden regelmäßig ins Abwasser. Eine Woche lang werden dafür täglich Proben genommen. „Hier in der Region hatten wir in den vergangenen Jahren einen starken Anstieg bei Metamphetamin“ - an allen drei gemessenen Standorten Dresden, Chemnitz und Erfurt. Gemeint ist damit Crystal Meth, eine synthetische Droge, billiger zu bekommen als andere, den Organismus noch aggressiver zerstörend. Speed, ein aufputschendes Amphetamin, wird indes häufiger im Norden Deutschlands geschluckt.

Anhand der regionalen Analyse wird auch deutlich, der Crystal-Konsum nimmt mit der Nähe zur Grenze zu. „Das ist aber kein speziell ostdeutsches Problem“, sagt Helm. Westdeutsche Orte in Grenznähe zeigten ähnliche Trends. Vorangegangene Studien hatten Tschechien und die Slowakei als Schwerpunkte gesehen. Inzwischen gelten Zypern, Ostdeutschland, Spanien, aber auch Nordeuropa als Crystal-Schwerpunkt. Insgesamt verglichen mit den Vorjahren werden in Deutschland nicht mehr, aber andere Drogen genommen. Ein Sonderfall ist Berlin. Hier habe sich der Drogenkonsum über alle Stoffe hinweg verstärkt. Berlin will nun in diesem Jahr nicht mehr an der Studie teilnehmen. Dabei biete die Abwasseranalytik ein wirksames Werkzeug, um zu verstehen, wo und wie das Drogenproblem anzugehen ist.
Die Studie gibt die Drogen-Daten bezogen auf 1.000 Personen und Tag an. Mit durchschnittlich 22 Drogen-Portionen liegt Dortmund in der aktuellen Score-Studie in Deutschland vorn. Für Berlin wurden 17 und für Chemnitz 13 gemessen. Dresden kommt auf 11 Drogen-Kicks je 1.000 Einwohner und Tag. Dabei wurden hier im Untersuchungszeitraum minimal 3, maximal aber 58 Drogen-Einheiten nachgewiesen.
Damit große Festivals oder Wochenend-Touristen die Daten nicht verfälschen, werden auch die anhand von Handy-Standortdaten in die Berechnungen einbezogen. Zur Überraschung der Wissenschaftler: Ein größeres Festival in Chemnitz hatte nur unwesentlich mehr Drogenkonsum je 1.000 Personen mit sich gebracht.
Anhand von sogenannten Markern können die Wissenschaftler erkennen, ob ein größeres Kokain-Päckchen in der Toilette entsorgt wurde oder diese Drogen durch den Körper gegangen sind. Die Forscher sehen sogar, aus welcher Region die Drogen stammen - anhand eines chemischen Fingerabdrucks.
Abwasseranalytik kann heute aufgrund sensiblerer Messtechniken noch deutlich mehr. Björn Helm: „Auch der Gesundheitszustand der Bevölkerung wäre daran erkennbar. Es gibt beispielsweise Marker für Diabetes, die man im Abwasser findet, für Alkoholkonsum, Tabak. Selbst Berechnungen dazu sind möglich, wie viel von dem konsumierten Tabak legal ist und wie viel davon illegal ins Land geschmuggelt wurde.“