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Dynamo holt einen 0:3-Rückstand auf

Die Dresdner beginnen gegen St. Pauli völlig konfus und erzielen kurz vor Schluss in Unterzahl doch noch das 3:3. Für Moussa Koné war es womöglich das letzte Tor.

Von Daniel Klein
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Moussa Koné bejubelt sein Tor zum 3:3. Womöglich war es sein Abschiedsgeschenk.
Moussa Koné bejubelt sein Tor zum 3:3. Womöglich war es sein Abschiedsgeschenk. © Robert Michael/dpa

Es war ein Kraftakt bei brütender Hitze. Nach einer desolaten ersten halben Stunde und drei Gegentreffern steigerte sich Dynamo beim Heimspiel gegen St. Pauli und erzielte noch drei Tore. Außerdem gab es einen Platzverweis nach Videostudium und einen Torschützen mit einer ganz besonderen Geschichte. Das 3:3 war ein Spektakel. 

Warum lief es für Dynamo nicht so wie zuletzt?

St. Pauli störte deutlich früher als etwa Darmstadt, erkämpfte sich viele Bälle im Mittelfeld und nutzte dabei die Ungenauigkeiten und Fehler der Dresdner. Die bremsten, obwohl zum dritten Mal mit der identischen Startelf, so sich und ihre Ballstafetten aus. Es wirkte alles gehemmt, nicht entschlossen genug, der Laufaufwand war  zu gering. Die Hamburger hatten so immer mehr Spielanteile, ließen den Ball und den Gegner laufen, was bei den schwül-heißen Temperaturen sicher kein Nachteil war. Neben dem Kopfballtreffer von Jannis Nikolaou sprangen vor der Pause nur Fernschüsse von Dzenis Burnic und Baris Atik heraus. Die Zuschauer wurden zunehmend unruhiger, pfiffen. Erst nach der Pause wurden die Dresdner dominanter, fanden zur gewohnten Passsicherheit zurück. St. Pauli blieb aber bei Kontern gefährlich.

Wie fielen die Tore?

Die ersten drei erzielten alle die Gäste – und das noch vor der Pause. Dass Dynamo im Harbig-Stadion nach 29 Minuten mit 0:3 hinten lag, dürfte Seltenheitswert haben. Der Kiezklub profitierte dabei von unerklärlichen Aussetzern in der Dresdner Defensive. Nach einer Ecke von Mats Möller Daehli kommt der Ball zu Dimitrios Diamantakos, der bei seiner Direktabnahme mit der Innenseite von Chris Löwe nicht gestört wird. Das Tor des Tages fiel nur drei Minuten später. Marvin Knoll, der 2011/12 für Dynamo kickte, leitete eine wunderschöne Kombination ein, die Waldemar Sobota zum 2:0 abschloss. 

Dynamos Hintermannschaft leistete dabei keinen nennenswerten Widerstand – wie auch beim dritten Gegentor. Kevin Ehlers und Linus Wahlqvist schauten zu, wie Diamantakos  den fast schon vertändelten Ball noch ins Tor bugsiert. Für Möller Daehlie war es der dritte Assist. Nach einer Ecke von Löwe fiel fünf Minuten vor dem Pausenpfiff noch der wichtige Anschlusstreffer, als Nikolaou von einem Fehler des St.Pauli-Keepers Robin Himmelmann profitierte.

Nach der Pause gelang der erhoffte frühe Anschlusstreffer. Neun Minuten nach Wiederanpfiff bewies Atik Übersicht, legte quer auf Nikolaou, der zum 2:3 traf. Die Videoassistenten überprüfen noch, ob Alexander Jeremejeff vorher im Abseits stand, aber der Treffer zählte. Und als die Niederlage der dezimierten Dresdner bereits besiegelt schien, traf der eingewechselte Moussa Koné (85.) zum umjubelten Ausgleich. Wieder patzte Himmelmann, der völlig überstürzt herauslief und von Koné umkurvt wurde.

Dynamos Torwart Kevin Broll (r) und Chris Löwe können das Tor zum 0:2 nicht verhindern. 
Dynamos Torwart Kevin Broll (r) und Chris Löwe können das Tor zum 0:2 nicht verhindern.  © Robert Michael/dpa
Waldemar Sobota jubelt nach seinem Treffer.
Waldemar Sobota jubelt nach seinem Treffer. © Robert Michael/dpa
Dynamos Kevin Ehlers (l) gegen St. Paulis Dimitrios Diamantakos.
Dynamos Kevin Ehlers (l) gegen St. Paulis Dimitrios Diamantakos. © Robert Michael/dpa
Kevin Ehlers kühlt sich mit einem nassen Handtuch ab. Spielern und Zuschauern machte die Hitze zu schaffen.
Kevin Ehlers kühlt sich mit einem nassen Handtuch ab. Spielern und Zuschauern machte die Hitze zu schaffen. © Robert Michael/dpa
Dynamos Trainer Cristian Fiel nachdenklich mit seinen Spielern in einer Trinkpause. 
Dynamos Trainer Cristian Fiel nachdenklich mit seinen Spielern in einer Trinkpause.  © Robert Michael/dpa
Dynamos Jannis Nikolaou nach seinem Tor zum 2:3. 
Dynamos Jannis Nikolaou nach seinem Tor zum 2:3.  © Robert Michael/dpa
Dynamos Baris Atik (r) gegen St. Paulis Niklas Hoffmann. 
Dynamos Baris Atik (r) gegen St. Paulis Niklas Hoffmann.  © Robert Michael/dpa
Dresdner Fans halten Deutschland-Fahnen in die Höhe, wollen damit wohl die Pauli-Fans provozieren.
Dresdner Fans halten Deutschland-Fahnen in die Höhe, wollen damit wohl die Pauli-Fans provozieren. © Robert Michael/dpa

Wie reagierte Fiel auf den Pausenrückstand?

Er tauschte, brachte Luka Stor für Sascha Horvath, stellte aber nicht auf eine Doppelspitze um. Eine Viertelstunde vor Schluss ging Dynamos Trainer dann volles Risiko, wechselte mit dem zuletzt auf der Tribüne schmorenden Koné einen dritten Angreifer ein, der für Verteidiger Jannik Müller kam. Das Risiko wurde belohnt. 

Warum war es für Koné womöglich ein besonderes Tor?

Zweimal musste er zuletzt auf die Tribüne, die sportliche Leitung führte mehrere Gespräche mit dem Senegalesen, wartete bisher aber vergeblich auf ein "belastbares Angebot" für ihn, wie es Sportvorstand Ralf Minge gegenüber der SZ erklärte hatte. Das liegt nun offenbar vor.  Wie ein Reporter von France Football via Twitter meldete, steht der Angreifer vor einem Wechsel zu Istanbul Basaksehir in die Süper Lig. Demnach ist der  zweimalige türkische Vize-Meister bereit, an Dynamo eine Ablösesumme von 3,5 Millionen Euro zu zahlen. Für die Dresdner wäre er damit der teuerste Abgang der Klub-Geschichte. Diese Marke hält bisher Niklas Hauptmann, der für 3,4 Millionen Euro zum 1.FC Köln gegangen war. Dynamo hatte für Koné  Anfang 2018 an den FC Zürich 2,16 Millionen überwiesen. 

Warum sah Jannis Nikolaou Rot?

Dynamos Doppeltorschütze stoppte den eingewechselten und pfeilschnellen Christian Conteh, foulte ihn, ohne eine Chance zu haben, an den Ball zu kommen. Schiedsrichter Benjamin Cortus zeigte zunächst Gelb, schaute sich die Szene dann aber noch einmal am Bildschirm an und entschied auf Platzverweis. Kurz danach fiel das 3:3. Bei einem Zweikampf in der Nachspielzeit im Pauli-Strafraum, als Stor fiel, verzichtete Cortus auf den Ganz zum Monitor. Eine zumindest strittige Regelauslegung. 

Gab es Vorfälle auf den Rängen?

Zwei eingesetzte Ordner haben mit ihren auf den T-Shirts gedruckten nationalsozialistischen Botschaften für einen Eklat gesorgt. Nach Darstellung des Vereins hatten die beiden eine Anweisung nicht konsequent umgesetzt und wurden daraufhin vom Dienst freigestellt. Danach hätten sie die unter ihrer Dienstkleidung getragenen T-Shirts zur Schau gestellt. Die beiden Personen würden nie wieder bei Veranstaltungen von Dynamo eingesetzt, kündigte Geschäftsführer Michael Born an. Zudem wurden im Dresdner Fanblock frauenfeindliche und menschenverachtende Spruchbänder gezeigt. Auch diese verurteilte der Verein und entschuldigte sich.

Was sagten die Trainer zum Spiel?

Jos Luhukay (St. Pauli): "Respekt für beide Mannschaften. Allerdings war auf beiden Seiten auch viel Naivität im Spiel, wurde nicht mit letzter Konsequenz verteidigt. Dadurch wurde es in beiden Strafräumen immer wieder gefährlich. Wir haben vor der Pause drei Chancen und nutzen diese. Das war absolut effektiv. Nach der Halbzeit sind wir nahe dran, das vierte Tor zu erzielen. Aber dann verteidigen wir wieder naiv. Unser Torhüter Robin Himmelmann hat uns am Montag gegen Kiel den Sieg gerettet, diesmal sah er beim ersten und dritten Gegentor nicht gut aus."

Cristian Fiel (Dresden): "Ich hatte am Anfang den Eindruck, die Mannschaft passt sich der Hitze an und versucht es mal ohne Laufen. Als sie dann aufgewacht ist, stand es 0:3. Wir sind nicht in die Zweikämpfe gekommen. Aber letztlich war es für mich ein bisschen der Ausgleich zu den Niederlagen gegen Nürnberg und Karlsruhe: Diesmal hat uns der liebe Gott für unseren Einsatz und unsere Moral belohnt. St. Pauli muss sich richtig ärgern, dieses Spiel nicht gewonnen zu haben."

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