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Wie Dynamos Aosman seinen Ausraster erklärt

Er wurde vor Weihnachten suspendiert. Jetzt spricht er über den Vorfall, seinen Verzicht auf den Asien-Cup und seine Zukunft.

Von Sven Geisler
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Abwarten und Tee trinken? So ähnlich ist das Motto von Aias Aosman, dessen Vertrag bei Dynamo zum Saisonende ausläuft.
Abwarten und Tee trinken? So ähnlich ist das Motto von Aias Aosman, dessen Vertrag bei Dynamo zum Saisonende ausläuft. © Lutz Hentschel

Die Aufregung war groß, und es passte mal wieder ins Bild. Schließlich ist Aias Aosman schon öfter ausgetickt etwa nach einer Auswechslung. Er ist ein emotionaler Typ, aber diesmal klang es schon nach einem schlimmeren Ausraster. Der Verein hatte den Mittelfeldspieler für die Partie in Duisburg vor dem Weihnachtsurlaub suspendiert. "Aias hat unsere Werte im Umgang miteinander mit Füßen getreten, das können wir so nicht akzeptieren“, erklärte Dynamos Sportgeschäftsführer Ralf Minge in der Pressemitteilung. 

Nun sitzt Aosman im Hotel „Regnum Carya Golf & Spa Resort“ in Belek, frisch geduscht und getrocknet nach der Trainingseinheit im Dauerregen am Samstagvormittag, und schildert das Geschehen aus seiner Sicht. "Das war ein kleines Missverständnis mit dem Beamten", sagt der 24 Jahre alte Kurde, der aus Syrien stammt. Er sei am Flughafen durch den Ausgang wieder rein gegangen, weil er seine Mitspieler aus den Augen verloren hatte. "Ich als Ausländer mit Mütze und Rucksack - das bedeutete für ihn Alarmstufe Rot." Der Mann habe ihn festgehalten und auf Englisch angeschrien. "Ich meinte, er könne deutsch mit mir sprechen. So gab es ein Wortgefecht."

Eine Rutschpartie war das Training von Dynamo am Samstagvormittag im Dauerregen von Belek wie hier für Jannik Müller (r.), Marius Hauptmann (l.) und Patrick Ebert. Foto: Lutz Hentschel
Eine Rutschpartie war das Training von Dynamo am Samstagvormittag im Dauerregen von Belek wie hier für Jannik Müller (r.), Marius Hauptmann (l.) und Patrick Ebert. Foto: Lutz Hentschel
Aias Aosman hat sich für das Trainingslager mit Dynamo und gegen eine mögliche Einladung zum Asien-Cup mit Syrien entschieden. Foto: Lutz Hentschel
Aias Aosman hat sich für das Trainingslager mit Dynamo und gegen eine mögliche Einladung zum Asien-Cup mit Syrien entschieden. Foto: Lutz Hentschel
Am Nachmittag stand eine Laufeinheit an: bei Starkregen, gelegentlich mit Blitz und Donner. Erstaunlich, wie gut der Platz die Belastung bisher wegsteckt. Dagegen wurde Patrick Ebert wegen Problemen am Sprunggelenk vorsichtshalber geschont. Foto: Lutz Hentschel
Am Nachmittag stand eine Laufeinheit an: bei Starkregen, gelegentlich mit Blitz und Donner. Erstaunlich, wie gut der Platz die Belastung bisher wegsteckt. Dagegen wurde Patrick Ebert wegen Problemen am Sprunggelenk vorsichtshalber geschont. Foto: Lutz Hentschel
Chefcoach Maik Walpurgis und sein Assistent Matthias Lust standen tatsächlich während auf dem Trainingsplatz unter dem Schirm, auch die sensible Technik, mit der die Daten der Spieler während der Läufe aufgezeichnet werden, musste geschützt werden. Foto: Lutz Hentschel
Chefcoach Maik Walpurgis und sein Assistent Matthias Lust standen tatsächlich während auf dem Trainingsplatz unter dem Schirm, auch die sensible Technik, mit der die Daten der Spieler während der Läufe aufgezeichnet werden, musste geschützt werden. Foto: Lutz Hentschel
Pitschnass, aber nicht unzufrieden nach der Einheit: "Das ist ein bisschen schade mit dem Regen, aber wir haben hier ein super Hotel und auch der Platz ist sehr gut", sagt Aias Aosman. Foto: Lutz Hentschel
Pitschnass, aber nicht unzufrieden nach der Einheit: "Das ist ein bisschen schade mit dem Regen, aber wir haben hier ein super Hotel und auch der Platz ist sehr gut", sagt Aias Aosman. Foto: Lutz Hentschel
Weihnachten wird in der Türkei eigentlich gar nicht so gefeiert, die Dekoration in Dynamos Mannschaftshotel „Regnum Carya Golf & Spa Resort“ soll eher die ausländischen Gäste erfreuen, heißt es. Foto: Lutz Hentschel
Weihnachten wird in der Türkei eigentlich gar nicht so gefeiert, die Dekoration in Dynamos Mannschaftshotel „Regnum Carya Golf & Spa Resort“ soll eher die ausländischen Gäste erfreuen, heißt es. Foto: Lutz Hentschel
Zum Schwimmen müssten die Schwarz-Gelben wohl nicht mal in den Pool, aber das Wetter soll besser werden. Foto: Lutz Hentschel
Zum Schwimmen müssten die Schwarz-Gelben wohl nicht mal in den Pool, aber das Wetter soll besser werden. Foto: Lutz Hentschel

Die Formulierung von Minge findet Aosman jedenfalls überzogen. Deshalb habe er mit ihm darüber heftig diskutiert. "Aber er ist der Chef, wenn er es so sieht, muss ich das akzeptieren und abhaken", meint er, gibt aber zu: "Es nervt mich brutal, dass es danach in die Öffentlichkeit gekommen ist." Weil es sein Image zu bestätigen scheint. Dabei hat sich Aosman in dieser Saison, genau genommen seit dem Trainerwechsel, in eine andere Richtung entwickelt. Bei Maik Walpurgis, den er im Gespräch beim Vornamen nennt, verspürt er das Vertrauen, das er bei Uwe Neuhaus zuletzt nicht mehr hatte. "Maik wollte unbedingt, dass ich von 78 Kilo auf 75 komme, weil ich dann schneller und besser werde. Einen solchen Tipp vom Trainer nimmst du natürlich an."

Also lässt er die Pizza, die Aosman sich nach einem harten Training schon mal "rein geschoben" hat, wie er sagt, jetzt weg, isst weniger Fettiges und mehr Gemüse. Die drei Kilo sind runter, sogar mehr Muskelmasse dazugekommen. Trotzdem - oder gerade deshalb - will er weiter an seiner Fitness arbeiten. Das war ein Grund, weshalb er sich für das Türkei-Camp mit Dynamo und gegen den Asien-Cup mit Syrien in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgesagt. Er habe Auswahlcoach Bernd Stange abgesagt, bevor der ihn einladen konnte, berichtet Aosman. Wenn man seine Worte interpretiert, kann man auch heraushören, dass er sich keine großen Hoffnungen auf Einsatzzeiten machen konnte. "Ich habe von ihm nicht so das Vertrauen gespürt."

Der Asien-Cup läuft noch, Stange ist aber schon weg. Nach den ersten beiden Gruppenspielen gegen Palästina (0:0) und Jordanien (0:2) wurde der Oberlausitzer während des Turniers gefeuert. "Selbst wenn Syrien Asien-Cup-Meister wird, habe ich für mich die richtige Entscheidung getroffen, bei Dynamo zu bleiben." Das gilt zunächst mal nur für die Vorbereitung auf die Restrückrunde, könnte aber auch ein Fingerzeig für die Zukunft sein. Sein Vertrag läuft nach der Saison aus, und eigentlich galt Aosman schon ein paar Mal als Kandidat, abgegeben zu werden.

"Ich würde nicht nach Aue wechseln"

Doch ausgerechnet jetzt hat er sich bei und somit auch für Dynamo wieder empfohlen mit guten bis starken Leistungen in der Hinrunde, nur mit seinen letzten beiden Spielen vor der Winterpause ist er nicht zufrieden. Andere Vereine hätten sich bereits bei seinem Berater gemeldet, sagt er, Dynamo aber auch Interesse signalisiert. Er mache setze sich nicht unter Zeitdruck, sagt Aosman. "Ich bin jetzt 24 geworden, würde zum Beispiel nicht nach Aue wechseln, nur weil der Trainer dort meint, ich bin ein guter Spieler. Der nächste Schritt muss einer nach vorne sein und nicht zurück oder auf der gleichen Stelle."

Das schließt für ihn nicht aus, in Dresden zu bleiben, zumal er sich hier mit seiner Freundin, einer Polizistin, und dem Hund wohlfühlt. "Jeder Fußballer will so hoch wie möglich spielen, aber das Gesamtpaket muss stimmen. Dabei geht es nicht nur um Geld oder Laufzeit, sondern auch um die Perspektive." Die kann sich Aosman, der 2015 aus Regensburg gekommen ist, auch bei Dynamo vorstellen. "Es ist ja nicht das Ziel von Dynamo, jedes Mal im Mittelfeld der zweiten Liga rum zu gurken und zu hoffen, dass wir die Klasse halten", meint er - und stellt für sich klar: "Wenn Dynamo sagt, sie wollen in den nächsten ein, zwei Jahren oben angreifen, wäre das die erste Option, über die ich nachdenken würde."

Minge kommt am Montag nach Belek, auch, um Vertragsgespräche zu führen.Es sieht so aus, als hätte Aosman nicht die schlechtesten Karten - trotz des Vorfalls vor Weihnachten. "Das war ja fast gar nichts", stellt Aosman seine Sicht noch mal klar.