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"E-Auto fahren ist unkompliziert"

Michael Papke aus Radebeul fährt 30.000 Kilometer pro Jahr elektrisch. Über heiße Akkus, fehlende Ladesäulen und fast fünfstellige Rabatte.

Von Andreas Rentsch
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Michael Papke beim Laden eines Tesla Model X: Der 34-jährige Radebeuler arbeitet für den E-Auto-Verleiher Nextmove und das Start-up eClever. Seit 2012 fährt er selber Elektroauto, mittlerweile etwa 30.000 Kilometer pro Jahr.
Michael Papke beim Laden eines Tesla Model X: Der 34-jährige Radebeuler arbeitet für den E-Auto-Verleiher Nextmove und das Start-up eClever. Seit 2012 fährt er selber Elektroauto, mittlerweile etwa 30.000 Kilometer pro Jahr. © Sebastian Kahnert/dpa

Wenn es um Elektromobilität geht, gilt Sachsen nicht als Vorreiter. Knapp 1.100 öffentliche Ladesäulen listet die Bundesnetzagentur im Freistaat auf. In Bayern sind es fast sechsmal so viele. Doch der erste Eindruck täuscht, sagt Michael Papke vom E-Auto-Verleiher Nextmove, der seit acht Jahren selbst elektrisch fährt.

Herr Papke, in Sachsen waren am Jahresanfang 3.438 reine Elektrofahrzeuge zugelassen. Viele Autofahrer wollen bisher nicht umsteigen – auch aus Sorge um fehlende Lademöglichkeiten. Wie berechtigt ist diese Skepsis?

Wenn es darum geht, das Laden als Teil des Alltags zu verstehen, sind die Bedenken durchaus nachvollziehbar. Nicht immer lässt sich das komfortabel erledigen. Die Angst, irgendwo in Sachsen stromlos liegen zu bleiben, halte ich dagegen für unbegründet. Schließlich wird das Netz der Ladestationen immer dichter.

Laut einer Analyse der Firma Compleo, die auf Daten der Bundesnetzagentur basiert, hat Sachsen den höchsten Anteil von Schnellladestationen im Vergleich aller Bundesländer. Überrascht Sie das?

Ein bisschen schon. Bis 2018 ist es in Sachsen bei dem Thema recht ruhig gewesen. Da waren Länder wie Baden-Württemberg deutlich weiter. Irgendwann ist aber der Schalter auch bei uns umgelegt worden.

Welche Firmen treiben den Ausbau des Ladenetzes in Sachsen voran?

In Dresden vor allem die Drewag, in Ostsachsen die Enso und im mittelsächsischen Raum die Envia-M. Sachsenweit ist auch die Telekom zu nennen. Aktuell betreibt das Unternehmen bundesweit 140 Ladestationen, allein 40 davon stehen in Sachsen.

Warum ist der Anteil der Schnellladesäulen im Freistaat so hoch?

Im Detail müsste man dazu die Betreiber fragen. Natürlich spielen Förderbedingungen eine Rolle. Dresden etwa hat mal Geld bekommen über das „Sofortprogramm Saubere Luft“. Man könnte die Sache aber auch andersherum sehen und sagen: Der hohe Anteil von Schnellladestationen deckt einen Missstand auf.

Welchen denn?

Dass wir in Sachsen zu wenig Normalladepunkte haben. Beispiel Dresden: Ich arbeite an der Prager Straße. Will ich mein Auto dort abstellen und es acht Stunden laden, bis ich wieder heimfahre, kann ich das nur an zwei Stellen tun – in der Centrum-Galerie und am Hauptbahnhof. Das ist die gesamte Normallade-Infrastruktur in der City, die man zeitlich unbegrenzt nutzen kann. Leipzig und Chemnitz sind da um Welten besser. Vor allem Chemnitz hing beim Ausbau jahrelang hinterher. Inzwischen ist die Stadt bei der Infrastruktur fürs Normalladen führend in Sachsen.

Wie sieht es auf dem Land aus?

Viel Nachholbedarf sehe ich in der Lausitz. Die dort ansässigen Versorger haben zwar schon einiges getan, trotzdem können es bis zur nächsten Säule auch mal 20, 30 Kilometer sein. Selbst Bautzen ist nicht gut versorgt. Dort gibt es eine Schnellladestation nahe der A4-Anschlussstelle Bautzen-West, dazu noch eine Haushaltssteckdose in einem Parkhaus – das war’s. Im Erzgebirge hat die Bürgerenergie Drebach eG, in der ich mich auch selbst engagiere, vier Ladestationen errichtet. Ein Freund von mir, der im Aufsichtsrat der Genossenschaft sitzt, hat eine Firma gegründet und Förderanträge für den Bau weiterer Ladepunkte eingereicht. Erfahrungsgemäß dauert es aber noch ein bis zwei Jahre, bis tatsächlich etwas umgesetzt wird. Hilfreich sind noch die Schnellladestationen der Telekom in Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg.

Wie ist die Ausstattung entlang der Autobahnen?

Mittelmäßig. Man kommt voran. Aber wo es an einer Raststätte in Baden-Württemberg fünf oder sechs Ladesäulen gibt, ist es in Sachsen häufig nur eine Einzige.

Wie definieren Sie Schnellladen?

Normalladen ist gemäß Ladesäulenverordnung definiert bis 22 Kilowatt (kW). Je nach Auto kann man hier binnen einer Stunde etwa 100 bis 150 Kilometer nachladen. Alles darüber ist Schnellladen. Das geht mittlerweile bis 350 kW. Solche Säulen betreiben zum Beispiel Ionity an den A4-Raststätten am Dresdner Tor oder die Firma Heos Object an der A72 in Chemnitz. Dort kann man 200 Kilometer locker in zehn Minuten nachladen – wenn das Auto das hergibt.