Wohnen statt Mathe pauken

Jahrelang standen die zwei ehemaligen Schulgebäude an der Stichstraße zum Friedhof in Cotta leer und verfielen. Diese traurigen Zeiten sind nun vorbei, was viele Bewohner in dem Ort begrüßen. Bauarbeiter und Bagger rücken an, um die Häuser aus ihrem Dornröschenschlaf zu erlösen.
Die ehemalige obere und untere Schule werden zu modernen Mietwohnungen ausgebaut. Bauträger ist ein Unternehmer aus der Region; die Investoren kommen aus ganz Deutschland, unter anderem aus Berlin, Chemnitz und Dresden.
In der unteren, der sogenannten Alten Schule, direkt an der Hauptstraße, entstehen fünf Mietwohnungen in einer Größe von 65 bis 155 Quadratmeter. Die Neue Schule etwas weiter oberhalb wurde 1899 errichtet, hier sollen sieben Quartiere mit einer Größe von 82 bis 174 Quadratmeter eingebaut werden.

Jede Wohnung erhält einen Balkon beziehungsweise eine Terrasse. Für die Pkws werden ausreichend Stellplätze gebaut. Die Zufahrt zu den Wohnungen erfolgt auch von der Straße, die zum Friedhof führt. In Zuge der Baumaßnahme wurde die Straße öffentlich gewidmet. Die voraussichtliche Kaltmiete beläuft sich auf knapp 6,50 Euro pro Quadratmeter.
Das Projekt stößt ganz offensichtlich auf Interesse. "Es gibt bereits Nachfragen für die Wohnungen, was vermutlich auch an der guten Anbindung nach Dresden liegt", sagt René Wülfing von der Dresdner Firma MSH, die die Vermarktung übernommen hat.
Aber nicht nur die alten Schulgebäude werden aufgepeppt. Auch der ehemalige Kindergarten, der zwischen den Schulhäusern steht, bekommt neuen Schliff. Dieses Haus soll zu einem großzügigen Einfamilienhaus umgebaut werden. Die Jungen und Mädchen des Naturkindergartens "Am Spitzberg" sind Mitte 2015 in ihr neues Domizil gezogen, das an das alte Grundstück grenzt. Auch für dieses Einzelhaus haben schon Interessenten angefragt, sagt Wülfing. Wenn alles rund läuft, sollen die ersten Besichtigungen im Herbst stattfinden. Der MSH-Mitarbeiter hofft, dass die neuen Mieter schließlich im April 2021 einziehen können.
Möhren für den Eintopf aus dem Schulgarten
Der Verkauf und der Plan, die markanten Gebäude für Wohnzwecke zu sanieren, ist ein Glücksfall für das Dorf Cotta. Dem stimmt Helfried Scholz aus Cotta zu. "Es ist ein großer Schritt nach vorne, dass die Gebäude nicht weiter verfallen", sagt der 60-Jährige, der hier von der ersten bis zur sechsten Klasse die Schulbank gedrückt hat.
Er erinnert sich gerne an die Zeit. "Wir hatten Unterricht im oberen Gebäude. Es gab vier Klassenzimmer, und darüber war der Hort", blickt der Cottaer zurück. Besonders die damals herrschende familiäre Atmosphäre schätzte er. "Wir waren eine kleine Schule, unsere Klasse hatte nur 17 Schüler", weiß er noch genau. Unvergessen ist für ihn der Lehrer Herr Eichenberg, ein offenbar gutmütiger Pädagoge. "Wenn wir ihn lange genug genervt hatten, dann erzählte er uns Geschichten und Legenden über den Spitzberg und von den Cottaer Zwergen", berichtet Helfried Scholz. Liebloses Essen in Assietten von einem Caterer, das habe es zu seiner Zeit nicht gegeben. "In der Schulküche, die sich in dem unteren Gebäude befand, wurde alles frisch gekocht". Auch habe man viel auf Disziplin gehalten. Scholz erinnert sich, dass die Schüler immer den Teller leer essen mussten, es kam nichts weg. "Das fiel mir bei Eintopf und Suppe immer etwas schwer", sagt er und muss schmunzeln. Möhren, Bohnen und Kartoffeln für die Zubereitung des Schulessens kamen übrigens aus dem eigenen Schulgarten.