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Ein Ladendieb muss ins Gefängnis

In einem Jahr wird ein Asylbewerber aus Georgien neunmal wegen Diebstahls verurteilt. Auch in Meißen und Radebeul war er aktiv.

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Von Jürgen Müller

Am Amtsgericht Meißen ist Märchenstunde. Doch was der Angeklagte Zurab Imerlishvili, ein Asylbewerber aus Georgien, Richter Andreas Poth erzählt, hört selbst dieser wohl eher selten. Dem 40 Jahre alten Angeklagten werden mehrere Ladendiebstähle vorgeworfen. Bagatellkriminalität auf den ersten Blick. Doch so harmlos, wie er sich gibt, ist der Mann, der sich als „politischen Flüchtling“ bezeichnet, sicher nicht. Wohl eher ein gewöhnlicher Krimineller.

In mehreren Supermärkten in Radebeul, Meißen und Dresden hat der Mann hochwertige Spirituosen, vor allem Whiskey, aber auch Wodka sowie zehn Packungen Merci gestohlen. Immer mit dabei ein Mann mit dem gleichen Nachnamen, der aber mit dem Angeklagten nicht verwandt sein soll. Kennengelernt habe er diesen im Asylbewerberheim in Chemnitz. Schon mit den Fahrten in die verschiedenen Städte verstieß er gegen das Aufenthaltsrecht. Als Asylbewerber darf er sich nur rund um Borna bei Leipzig bewegen. „Ich wollte mir die deutschen Städte angucken“, lässt der Mann die Dolmetscherin übersetzen, denn auch nach einem Jahr in Deutschland spricht er kein Wort Deutsch. Was es denn in der Weintraubenstraße in Radebeul so an Sehenswürdigkeiten gebe, will der Staatsanwalt wissen und gibt die Antwort gleich selbst: „Dort sind nur Gewächshäuser“. Ach ja, und das Kaufland. Bei seinen Touren habe ihn dann plötzlich der Durst überkommen, aber leider habe er kein Geld dabei gehabt, sagt der Georgier. Deshalb habe er Schnaps gestohlen, zumal er damals alkoholabhängig gewesen sei.

Alles spricht für eine Bande

Bei einer seiner Diebestouren wurde auch Heroin gefunden. Ja, er habe Alkohol und Drogen genommen, sagt Imerlishvili. Doch seit er vor fünf Monaten Vater wurde, sei es damit vorbei, auch mit den Diebestouren. Auch das ist glatt gelogen. Erst am 7. Oktober wurde der Mann in Leipzig beim Klauen erwischt. Diesmal war es teure Kosmetik. Seitdem saß er in Haft, denn die Polizei stellte fest, dass nach ihm gefahndet wurde. Der Mann war nicht zu einem Gerichtstermin in Meißen erschienen. „Das Schreiben war in Deutsch, das habe ich nicht verstanden“, sagt er. Seit September vorigen Jahres befindet sich der Georgier in Deutschland, seitdem wurde er neunmal wegen Diebstahls verurteilt, immer zu Geldstrafen. Die erste Tat beging er, nachdem er wenige Tage hier weilte. Den Alkohol habe er immer selbst getrunken. Genau das glaubt ihm der Richter nicht. „Das sieht alles nach organisierter Kriminalität aus. Es spricht vieles dafür, dass sie eine Bande sind. Die Sachen, die Sie gestohlen haben, werden üblicherweise an Hehler verkauft und das Geld zu Drogen gemacht“, so der Richter, der auch vermutet, dass der Mann noch Schulden bei seinem Schleuser hat. Auch das streitet der Angeklagte ab. „Ich habe nie etwas verkauft“, sagt er , der angibt, in Georgien ein Diplom als Wirtschaftsrechtler erworben zu haben. „In Georgien habe ich normal gelebt, dort ging es mir gut“, sagt er. Warum er dann nach Deutschland gekommen sei, will der Richter wissen. Der Angeklagte wiederholt, er sei ein politischer Flüchtling, ohne das näher zu erläutern. Auch das nimmt ihm der Richter nicht ab. „Sie haben an einer staatlichen Universität studiert, wollen Wirtschaftsrechtler sein, haben gut gelebt und sind jetzt politischer Flüchtling? Das passt nicht zusammen.“

Der Asylantrag des Georgiers wurde abgelehnt, er wird jedoch geduldet, weil er inzwischen geheiratet hat.

Staatsanwalt Dieter Kiecke geht mit dem Angeklagten hart ins Gericht. „Seit Sie in Deutschland sind, haben Sie nichts anderes getan, als zu stehlen. Nur deshalb sind sie hergekommen“, sagt er. Eine Geldstrafe hält der Staatsanwalt ob der zahlreichen Verurteilungen für nicht mehr ausreichend. Er spricht von gewerbsmäßigem Betrug und fordert eine Gesamtstrafe von fünf Monaten und zwei Wochen. Doch der Richter bleibt deutlich darüber, verurteilt den Mann zu einer Haftstrafe von acht Monaten. „Über Bewährung nachzudenken, ist bei Ihrem Vorleben, der Vielzahl der Taten und der schnellen Folge abwegig“, sagt er. Dennoch kommt Imerlishvili erst einmal wieder auf freien Fuß, denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Sitzungshaftbefehl musste aufgehoben werden. Doch für den Georgier kommt es möglicherweise noch dicker. Kann er nämlich seine bisher verhängten Geldstrafen der Amtsgerichte Dresden, Leipzig, Zeitz, Borna, Naumburg und Pirna nicht bezahlen, muss er die absitzen und für weitere 315 Tage, also für fast elf Monate, in Haft.