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Ein neues Polizei-Revier für Großenhain

Jahrelang munkelte man, das Revier wird geschlossen. Nun will der Freistaat sogar neu bauen.

Von Birgit Ulbricht
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Die Fläche des früheren Sachsenhofs  wurde seit 2011 zum Kauf angeboten.
Die Fläche des früheren Sachsenhofs wurde seit 2011 zum Kauf angeboten. ©  Anne Hübschmann

Großenhain.  Revierleiterin Sandra Geithner hat ihr Bagger-Diplom in der Tasche. Besser gesagt, die feierliche Urkunde – vom Landrat unterschrieben – hängt seit einer Spaßveranstaltung 2018 in ihrem Dienstzimmer. „Für den ersten Baggerhub reicht es“, sagt sie schmunzelnd. Jetzt könnte sie das schneller unter Beweis stellen als gedacht. Denn die Großenhainer Polizei bekommt ein neues Revier.

Im letzten Tagesordnungspunkt machte der Stadtrat dafür am Mittwochabend den Weg noch frei – und stimmte dem Verkauf des Eckgrundstücks Meißner Straße/Mozartallee zu. Hier will das Land Sachsen für gut zwei Millionen Euro einen kompletten Neubau hinsetzen. Doch das „Revier an der Ecke“ behagt nicht jedem. Beigeordneter Tilo Hönicke beschrieb es so: „Die Nähe von Polizei, Rathaus und Kirche ist goldwert.“ 

Man muss symbolisch nur das Fenster aufmachen, um miteinander zu sprechen. Und der Bürger hat die Polizei am Hauptmarkt immer vor Augen, selbst wenn mal keine Streife zu sehen ist. So sieht es auch Alt-Revierleiter Dieter Greß heute noch, der jahrelang für den Standort am Hauptmarkt gekämpft hat.

Er kann nicht verstehen, dass eine Sanierung am Hauptmarkt 3 – Brandschutz und Fluchtwege – teurer werden soll, als ein Neubau. Aber die Polizei Sachsen sieht das etwas anders. „Der Standort Sachsenhofgelände ist als das am besten geeignete und wirtschaftlichste ausgewählt worden“, teilt Alwin-Rainer Zipfl, Pressesprecher des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilienmanagement, auf SZ-Anfrage mit. Mit im Rennen waren auch der jetzige Standort am Hauptmarkt und der frühere VP-Standort am Rostiger Weg. Letzterer wäre noch weiter von der Innenstadt weg.

Wohlwissend, dass man das gleich gar nicht will, hat die Stadt das Grundstücksgeschäft am Musikerring eingefädelt und ist aus Sicht von Stadtrat Ramon Kuhbach mit dem Kaufpreis von 85 000 Euro gleich ins nächste Fettnäpfchen getreten. Denn dass das Grundstück laut Gutachterausschuss des Landkreises nur 80 500 Euro wert sein soll, bezweifelte Kuhbach lautstark. Bei seinem letzten Auftritt als Stadtrat und dann noch in Zabeltitz versuchte er, die Stadt zu drängen, neu mit dem Freistaat zu verhandeln, um mehr herauszuholen.

Der frühere Sachsenhof im Jahr 1991. In der Nacht zum 19. Januar 1999 war das Gebäude  von Jugendlichen angezündet worden. Ein damals 13-Jähriger und zwei 14-Jährige hatten seit Mitte 1998 insgesamt zehn Brände in Großenhain gelegt. 
Der frühere Sachsenhof im Jahr 1991. In der Nacht zum 19. Januar 1999 war das Gebäude  von Jugendlichen angezündet worden. Ein damals 13-Jähriger und zwei 14-Jährige hatten seit Mitte 1998 insgesamt zehn Brände in Großenhain gelegt.  © Klaus-Dieter Brühl

Da platzte Stadtrat Joachim Klar, früher selbst in der Polizeidirektion Dresden, endgültig der Kragen. Er hielt den Stadträten vor Augen, wie froh eigentlich alle sein müssten, dass es das Revier Großenhain überhaupt noch gibt. Das habe in den letzten Jahren aus Dresden schon ganz anders geklungen. Wenn man jetzt die Chance nicht annehme, sei das Revier am Ende noch fort.

Ein Argument, das Stadtrat Michael Preibisch ebenso ins Feld führte. „Wenn der Freistaat jetzt ein neues Revier baut, wird es kaum in ein paar Jahren wieder ausziehen“, sagte er. Das sahen auch die anderen Stadträte so. Mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung ging der Grundstücksverkauf über die Bühne. Die Stadt hat sich dabei durchaus ein Türchen offengehalten. Sollte es nicht zum Bau kommen, fällt es an die Stadt zurück. Sollte der Freistaat das Objekt innerhalb von zehn Jahren wieder veräußern, muss er die Hälfte des Kaufpreises an die Stadt abführen. Diese „Mehrerlösklausel“ schreibt die Stadt sonst bei privaten Investoren sonst nicht in die Verträge, wie Tilo Hönicke erklärte. Doch gegenüber der öffentlichen Hand wolle man ein deutliches Zeichen setzen.

Das 1873 Quadratmeter große Grundstück hat durchaus seine Tücken. Erst zur Landesgartenschau hatten die Archäologen alte Kellergewölbe freigelegt, die nur provisorisch verfüllt sind. Der Grund liegt am Musikerring, der nur das Ausfahren in eine Richtung erlaubt. Ob an der Kreuzung Meißner Straße/Mozartallee dann ein Kreisverkehr kommt, muss wie vieles anderes erst untersucht werden.

Ein Bau-Datum gibt es daher noch nicht. Auch was aus dem Hauptmarkt 3 wird, ist offen. Zumindest dürfte das Haus erstmals eine zivile Nutzung erleben – nach der Ära als NSDAP-Kreisleitung, Kommandantur und Polizei.